Der Kruzifix-Killer
Wohnhaus erreichten. Selbst nach den abgehobenen Standards von Hollywood war dieses Haus eindrucksvoll. Es lag am Ende einer schmalen, von Eichenbäumen gesäumten Straße und stach mit seinen stuckumrahmten Fenstern und der makellos weißen Fassade selbst in dieser gediegenen Wohnstraße heraus. An der Ostseite gab es eine separate Doppelgarage, dahinter öffnete sich ein prachtvoller Garten.
»Anwalt zu sein hat wohl seine Vorteile«, merkte Hunter an, während er den Wagen in der Einfahrt abstellte. Sie folgten dem gepflasterten Weg zum Haus, stiegen die paar Stufen bis zur Eingangstür hinauf und drückten auf den Klingelknopf der Gegensprechanlage. Eine an der Wand angebrachte Videokamera überwachte den Eingang.
»Ja?«, meldete sich kurz darauf eine Stimme durch die Sprechanlage.
Die beiden Detectives hielten ihre Dienstmarken in die Kamera und stellten sich vor.
»Könnten Sie sich einen kleinen Augenblick gedulden? Nur eine Minute?« Die Stimme klang zart und feminin, doch Hunter hörte ein leichtes Zittern heraus, ein untrüglicher Hinweis auf stundenlanges Weinen.
»Selbstverständlich, Ma’am.«
Sie warteten geduldig fast eine Minute lang, dann hörten sie Schritte näher kommen. Die Tür ging auf, und eine sehr attraktive Frau mit goldblonden Haaren, die zu einem Knoten glatt nach hinten gezogen waren, stand vor ihnen. Sie trug hellroten Lippenstift und ein dezentes Make-up, das jedoch nicht stark genug war, um die dunklen Ringe unter ihren traurigen, haselnussbraunen Augen zu verbergen. Hunter schätzte sie auf Anfang dreißig. Sie trug ein leichtes schwarzes Chiffonkleid, das ihr glänzend stand. Ihre Trauer war ihr deutlich anzusehen: Sie wirkte erschöpft und mitgenommen.
»Guten Tag.« Sie besaß eine eindrucksvolle Präsenz, gepaart mit einem Hauch Reserviertheit. Ihre Haltung war perfekt.
»Danke, dass Sie uns empfangen, Mrs Slater. Ich hoffe, wir kommen nicht ungelegen.«
Catherine Slater brachte ein scheues Lächeln zustande und trat zur Seite. »Bitte, treten Sie ein.«
Eine Ahnung von Duftkerzen, Jasmin vielleicht, hing in der Luft, ansonsten wirkte die Atmosphäre im Haus eher kalt und unpersönlich. Die Wände waren weiß, wobei an manchen Stellen viereckige helle Flächen zu sehen waren, an denen offensichtlich irgendwann Bilder gehangen hatten.
Mrs Slater führte die beiden Detectives in einen Raum, der einmal ein Büro gewesen zu sein schien. Die Bücherregale waren leergeräumt, Couch und Sessel zum Schutz gegen Staub mit großen weißen Tüchern abgedeckt. Der Raum war hell erleuchtet, der Vorhang, der bis vor kurzem das Sonnenlicht abgeschirmt hatte, war abgenommen worden. Herumstehende Umzugskartons vervollständigten das Bild.
»Entschuldigen Sie bitte das Chaos hier«, sagte sie, während sie die weißen Laken von Sofa und Sessel zog und hinter dem großen Holzschreibtisch ablegte, der dicht beim Fenster stand. »Bitte nehmen Sie Platz.«
Hunter und Garcia setzten sich auf die Couch, während Mrs. Slater sich auf dem Sessel ihnen gegenüber niederließ. Sie bemerkte Hunters erstaunten Blick und beantwortete seine Frage, noch bevor sie gestellt wurde.
»Ich ziehe zurück nach Alabama. Ich werde eine Weile bei meinen Eltern wohnen, bis ich mir überlegt habe, wie es weitergehen soll. Hier hält mich nichts mehr. Ich bin nur deshalb nach Los Angeles gekommen, damit George diese Stelle bei Tale & Josh antreten konnte«, sagte sie mit trauriger, brüchiger Stimme. »Kann ich Ihnen irgendetwas anbieten? Kaffee oder Tee?«
»Danke, nein.«
Mrs Slater versuchte erneut ein Lächeln, doch ihre Lippen machten nicht richtig mit. »George trank nachmittags immer so gern eine Tasse Tee«, sagte sie flüsternd.
»Seit wann wohnen Sie in Los Angeles, Mrs Slater?«
»Wir sind vor zweieinhalb Jahren hierhergezogen. Und, bitte, nennen Sie mich doch Catherine.«
»Und Ihr Mann hatte von Anfang an eine Stelle bei Tale & Josh?«
»Ja«, bestätigte sie mit einem Nicken.
»Hatte er feste Gewohnheiten? Ich meine, außerhalb der Arbeit – ging er zum Beispiel regelmäßig zum Sport oder in Bars oder Nachtclubs?«
»George hatte nie viel Zeit übrig, er hat ja ständig gearbeitet. Mindestens dreimal die Woche blieb er bis spät in die Nacht im Büro. Einen Sportverein oder ein Fitnessstudio hatte er nicht. Er war nie besonders sportlich.« Mrs Slaters Blick wanderte zum Fenster und starrte eine Weile ins Leere. »Der einzige gesellschaftliche Termin, den er regelmäßig wahrnahm, war
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