Der Kugelfaenger
seinen Sohn an. „Natürlich ist das einer.“
Evelyn mischt sich ein. „Dir wäre es vermutlich scheißegal gewesen, ob Tom oder ich auch draufgegangen wären.“
„Es tut mir leid, aber so sieht es aus. Ich konnte nicht wissen, dass ihr beide auch mitfahren würdet. Aber ehrlich gesagt, wäre dein Tod kein großer Verlust für mich gewesen. Du bist ein nettes Mädchen, Evelyn, aber nachdem du für mein Label nicht mehr Werbung machen willst, hast du keinen Nutzen mehr für mich. Hört sich grausam an, ist aber so.“ Er lächelt entschuldigend.
Evelyn wird kalkweiß vor lauter unterdrückter Wut. „Warum Mr. Miller?“, fragt sie dann.
Jean lacht. „Milly war ein Idiot. Ein unfähiger Möchtegern-Krimineller, der zu viele Fragen gestellt hat und nichts auf die Beine bekommen hat. Eigentlich sollte man mir einen Orden verleihen. England hat einen Verbrecher weniger, um den man sich kümmern muss.“
„Ich schätze, du hast ihn durch dein soziales Engagement für jugendliche Straftäter kennen gelernt“, sagt Evelyn. „Und die Anleitung für eine Bombe kann sich jeder Schwachkopf aus dem Internet ziehen.“
Jack sieht seinen Vater an. „Was hast du jetzt vor?“ Dieselbe Frage wie vor zwanzig Jahren.
„Ich weiß ja nicht, was ihr vorhabt, aber ich werde noch einmal von vorne beginnen.“ Und dieselbe Antwort wie vor zwanzig Jahren.
„Darf ich fragen, wie Sie das fertig bringen wollen?“, fragt Tom.
„Ganz einfach“, sagt er. „Mir ist aufgefallen, dass es hier nirgends einen Rauchmelder gibt. Es würde also einige Zeit dauern, bis irgendjemand auf einen Brand in dieser Wohnung aufmerksam wird. Und eine unachtsam weggeworfene Zigarette kann großes Unheil
anrichten. Ihr raucht doch alle, oder?“ Er sieht sie der Reihe nach an. „Und außerdem hat mich niemand gesehen, als ich das Gebäude betreten habe. Ich kann also jederzeit wieder ungesehen verschwinden.“
„Damit werden Sie nicht durchkommen“, sagt Tom.
Dupont lächelt amüsiert. „Warum denn nicht?“
„Weil ein Brand früher oder später bemerkt wird.“
Jean lächelt noch immer. „Ja, irgendwann wird er bemerkt, da haben Sie wohl Recht, Tom. Aber bis dahin seid ihr entweder schon im Rauch erstickt oder im Feuer verbrannt. Je nachdem.“
Wie will er das anstellen?, fragt sich Tom. Er kann uns drei nicht in dieser Wohnung verbrennen lassen. Damit kommt er doch nie durch. Warum kapiert er das nicht? Tom weiß, dass sie nicht vergessen dürfen, dass sie es hier mit einem psychopathischen Idioten zu tun haben, der jeglichen Bezug zur Realität verloren hat. Ein Irrer, der fest davon überzeugt ist, drei Menschen aus dem Weg räumen zu können und dann auch noch ungeschoren aus dieser ganzen Sache davonzukommen, selbst wenn er schon knöcheltief in der Scheiße steckt.
„Aber zuerst möchte ich noch wissen, welches Beweismaterial Henry alles hat. Ihr habt das Zeug doch gesehen, oder?“ Er blickt zwischen Tom und Evelyn hin und her. „Sind die Fotos das einzige?“
„Ja“, sagt Tom.
„Das glaube ich Ihnen nicht. Es gibt noch mehr, habe ich recht?“
„Nein“, sagt Tom. „Das ist alles.“ Er deutet auf die Fotos.
„Sie sind ein schlechter Lügner, Tom“, sagt er. „Habt ihr die Sachen dabei?“
Tom sieht Evelyn an. „Nein“, sagt er dann. „Außerdem gibt es nicht mehr als einen Obduktionsbericht und Zeitungsausschnitte.“
„Das ich nicht lache.“ Plötzlich hat der alte Dupont die Pistole in der Hand, die Tom auf dem Tischchen liegen gelassen hat und richtet sie auf die drei.
Tom könnte sich selbst in den Hintern treten. Verdammt, du wirst wirklich alt, schießt es ihm durch den Kopf. Ein alter, unvorsichtiger Blödmann.
„Ich will jetzt
auf der Stelle
wissen, wo Henrys Material ist.“
„Wir haben es nicht. Da waren nur die Fotos. Es gibt nichts, das Sie direkt mit den Morden in Verbindung bringen würde.“ Tom erkennt, dass Dupont zwar weiß, wie man mit einer Waffe umgeht, aber mit Sicherheit noch nie selbst eine in der Hand gehabt hat. Er geht langsam auf ihn zu.
„Bleiben Sie stehen, Hunt“, sagt Dupont und richtet die Waffe auf Tom. „Und ich sage es nur noch einmal, Evelyn: Ich will wissen, wo sich das Zeug befindet.“
Für die Tatsache, dass er gestern sechzig Jahre alt geworden ist, ist er noch fitter, als mancher vierzigjähriger. Als Tom Jean seine Waffe aus den Händen reißt und ihn zu Boden stößt, hat der Alte auf einmal ein Klappmesser mit einer ziemlich langen Klinge in der
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