Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)
Tabak.
›Dahomey erkunden?‹, dachte er, in Gedanken noch immer bei der Frage, was er jetzt tun sollte, nun da die Nilfrage nicht mehr in seinem Hoheitsgebiet lag. Denn auch wenn eine weitere Expedition nötig war, um die Angelegenheit ein für alle Mal zu klären, so wusste er, dass Murchison nicht ihn mit der Leitung betrauen würde. Bereits jetzt hatten sich in Bezug auf die Debatte, die Speke und er geführt hatten, in der Royal Geographical Society zwei Lager gebildet; zweifellos würde der Präsident die Expedition einem neutralen Geografen überantworten.
Also Dahomey? Bereits seit einiger Zeit plante er, eine Expedition in jene dunkle und gefährliche Region Westafrikas anzuführen, doch jetzt würde es schwierig werden, die Gelder dafür zusammenzubekommen.
Vielleicht ein privater Sponsor? Vielleicht ein Verlagshaus?
Ah, ja, da waren auch noch die Bücher. Schon lange wollte er eine maßgebende Übersetzung von Tausend und eine Nacht anfertigen, vielleicht war jetzt der Zeitpunkt gekommen, dieses ehrgeizige Projekt in Angriff zu nehmen. Zumindest sollte er Vikram u nd der Vampir fertigstellen, die gesammelten Erzählungen hinduistischer Teufelei, die sich derzeit, gespickt mit einigen halb garen Anmerkungen, auf einem seiner drei Schreibtische stapelten.
Bücher schreiben, sich bedeckt halten, warten, bis es seinen Gegnern zu langweilig wurde.
Isabel heiraten?
Er betrachtete sein leeres Glas, blies Zigarrenrauch hinein, hielt den Stumpen zwischen den Zähnen fest und griff nach der Karaffe, um sich Brandy nachzuschenken.
Über ein Jahr lang hatte er sich berufen gefühlt, Isabel Arundell zu heiraten, jetzt plötzlich war er sich nicht mehr so sicher. Er liebte sie, das war gewiss, doch er ärgerte sich auch über sie. Er liebte ihre Stärke und ihren Pragmatismus, doch ihn störten ihre anmaßende Persönlichkeit und die Tendenz, in seinem Namen zu handeln, ohne zuvor mit ihm zu sprechen; er liebte die Tatsache, dass sie sein Interesse an allem Exotischen und Erotischen tolerierte, aber hasste ihren engstirnigen Katholizismus. Charles Darwin hatte Gott getötet, doch sie und ihre Familie hingen, wie so viele andere, diesem religiösem Irrglauben noch immer an.
Er machte sich daran, seiner wachsenden Frustration mit einem weiteren Glas Hochprozentigem Herr zu werden. Und noch einem. Und noch etwas mehr.
Um acht Uhr klopfte es an der Tür, Mrs Angell erschien und bedachte den betrunkenen Entdecker mit einem missbilligenden Blick.
»Haben Sie den Kaffee überhaupt angerührt?«, fragte sie.
»Nein, und ich habe es auch nicht vor«, erwiderte er. »Was wollen Sie?«
»Der Junge ist zurück.«
»Quips? Schicken Sie ihn hoch.«
»Besser nicht, Sir. Sie sind nicht in dem Zustand, ein Kind zu empfangen.«
»Schicken Sie ihn hoch, verdammt!«
»Nein.«
Burton hievte sich aus dem Sessel und stand schwankend im Raum, in seinen Augen loderte der Zorn.
»Sie tun jetzt verdammt noch mal, was man Ihnen befiehlt, Frau!«
»Nein, Sir, das tue ich nicht. Nicht, wenn der Befehl von einem unflätigen Trunkenbold kommt. Und denken Sie daran, auch wenn ich Ihre Angestellte bin, sind Sie immer noch mein Mieter, und es steht mir frei, unser Arrangement zu beenden, wann immer ich es für angebracht halte. Der Junge wird mir Bericht erstatten, und ich werde Ihnen die Nachricht unverzüglich übermitteln.«
Sie trat zurück in den Flur und schloss die Tür hinter sich.
Burton lief ein paar Schritte auf die Tür zu, überlegte es sich anders und bleib auf wackligen Beinen mitten im Raum stehen. Er sah sich um und betrachtete die Bücherregale voller Werke über Geografie, Religion, Sprachen, erotische Kunst, Esoterik und Ethnologie, sah die Schwerter, die über dem Kamin angebracht waren, die Boxhandschuhe, die an einer Ecke der Kamineinfassung hingen, die Pistolen und Speere, welche die Nischen zu beiden Seiten des Kaminsimses zierten, ließ seinen Blick über die Bilder an den Wänden schweifen, einschließlich jenes von Edward, seines geistig behinderten jüngeren Bruders, der seit drei Jahren im Irrenhaus von Surrey County lebte – das Ergebnis eines Vorfalles vor fünf Jahren, bei dem er in Ceylon halb zu Tode geprügelt worden war, als buddhistische Dorfeinwohner Anstoß an seiner Elefantenjagd genommen hatten. Er starrte auf die drei großen Schreibtische voller Papierstapel, seine halb geschriebenen Bücher, Karten und Schaubilder, die vielen Souvenirs seiner Reisen, die Götzenbilder und
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