Der kurze Sommer der Anarchie
Kampf. Wir haben ihn uns nicht ausgesucht.
Ich habe vor, sobald wie möglich nach Spanien zurückzugehen. Nein, nicht der Familie wegen, sondern weil ich weitermachen will. Es ist der gleiche Kampf wie damals, als wir jung waren. So wie damals, so auch heute, mit meinen fünfundsiebzig Jahren. Es ist meine fixe Idee, meinetwegen, aber ich gehe nach Leon zurück.
Der Faschismus ist nur ein Zwischenfall, eine Unterbrechung. Ich mache mir keine Illusionen. Wenn Franco stirbt, kommt der nächste dran, der wird auch nicht besser sein. Vielleicht schlimmer. Wißt ihr, warum ich das sage? Weil es in der Geschichte immer so war. Ganz gleich, ob es eine Regierung der Rechten oder der Linken oder der Mitte ist, ihr schmeißt sie um, weil es eine schlechte Regierung ist, und was kriegt ihr? Eine noch schlechtere. Wenn es anders wäre, ja, dann wäre die Welt ein Paradies. Aber ich sage, es ist umgekehrt. Nur merken es die Leute nicht, obgleich ein Blinder es sehen kann. Sie wählen und wählen und wählen. Es ist immer dasselbe. Aber wenn Franco weg ist, den ich für schuldig halte am Tod von einer Million Menschen, wenn er weg ist, kann ich nach Leon zurück, und dann werden wir sehen, was zu tun ist, und was ich noch ausrichten kann.
Florentino Monroy
Ja, natürlich, sie sind sehr gut organisiert, die spanischen Emigranten. Sie zahlen jeden Monat ihren Mitgliedsbeitrag. Auch die Zeitung kommt immer noch heraus, das Blatt der Anarchisten. Ich möchte ja gern alles glauben, was darin steht, aber manches davon kommt mir so einfältig, so naiv vor. Das ist vielleicht ein hartes Wort, aber ich sage, was ich denke: ich kann ihnen nicht folgen. Die meisten bilden sich ein, sie brauchten nur nach Spanien zurückzukehren, wenn es soweit ist, und da wieder anzufangen, wo sie 1936 aufgehört haben. Aber was vorbei ist, ist vorbei. Man macht nicht zweimal dieselbe Revolution.
Emilienne Morin
Quellen
Einen wichtigen Teil des Quellenmaterials zu diesem Buch verdanke ich den Interview-Partnern, die in dem folgenden Verzeichnis aufgeführt sind. Zu danken habe ich ferner der CNT in Toulouse, Herrn Angel Montoto und Herrn Luis Romero in Barcelona. Was die schriftliche Überlieferung angeht, so haben mir die Mitarbeiter des Internationalen Instituts für Sozialgeschichte in Amsterdam mit der größten Geduld geholfen. Die materielle Möglichkeil, derart langwierige Recherchen anzustellen, hat mir der Westdeutsche Rundfunk in Köln verschafft, für dessen Drittes Programm ich im Frühjahr 1972 einen Film über Durruti drehen konnte; allen seinen Mitarbeitern mochte ich auch an dieser Stelle danken. Ein Teil der hier verwendeten Interviews stammt aus dem Material des Fernsehfilms; die Tonaufnahmen hat Christoph Busse, die Tonband-Abschriften Ruben Jaramillo besorgt.
Der Biograph Durrutis, Abel Paz in Paris, hat mir mit zahllosen Hinweisen weitergeholfen; sein Buch über Durruti, das im Gegensatz zu meiner Arbeit wissenschaftliche Ansprüche stellt und erfüllt, soll demnächst in Frankreich erscheinen; es wird für jeden, der sich mit Durruti weiter beschäftigen will, unentbehrlich sein.
Soweit im folgenden Quellenverzeichnis kein Übersetzer genannt ist, stammen alle deutschen Fassungen von mir.
Die Behandlung der Vorlagen reicht vom wortlichen Zitat über die Paraphrase bis zur freien Nacherzählung. Die Seitenangaben erlauben jedem, der es genau wissen will, die Nachprüfung; sie fehlen bei Broschüren und Texten geringen Umfangs.
Luz D. Alba , 19 de Julio. Antologia de la Revolucion espanola. Montevideo 1937. S. 94. (Anarchistische Propaganda-Sammlung.)
Anonymus 1 , La persecution religieuse en Espagne. Poeme-preface de Paul Claudel. Paris 1937. S. 78. (Der Verfasser, ein früherer Cortes-Abgeordneter, gehört dem extremen rechten Flügel der Katholiken an.)
Anonymus 2 , Anarchism. The Idea and the Deed. In: The Times Literary Supplement. London 24. Dezember 1964. (Auszug aus einer Rezension. Der Kritiker, vermutlich Claude Cockburn, ist offenbar ein früherer Kommunist.)
Anonymus 3 , in: Campo! (s. d.).
Ariel , Como murio Durruti? O. O. o. J. (wahrscheinlich Toulouse, etwa 1945; Broschüre eines regionalen Komitees der CNT im Exil, die den damaligen »offiziellen« Standpunkt der Organisation wiedergibt. »Ariel« ist naturlich ein Pseudonym.)
Jesus Arnal Pena 1 , Interview, gefuhrt von Angel Montoto Ferrer und publiziert im Heraldo de Aragon. Zaragoza 4. und 11 Dezember 1969. (Arnal Pena ist heute Dorfpfarrer in Ballobar,
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