Der Kuss der Göttin (German Edition)
nett.
Leider ist es auch die Art Wohngegend, wo ein Taxi auffällt.
»Hey.« Ich beuge mich vor. »Können Sie mich so ungefähr einen Block vor der Adresse rauslassen?«
»Natürlich«, sagt er und fügt brummelnd hinzu: »Sie sind der Boss.«
Ungefähr zehn Sekunden später hält er vor einem zweistöckigen stuckverzierten Ziegelhaus, und als er das Taxi umrundet, um mir die Tür zu öffnen, bin ich schreckerstarrt. Schrecken? Nein, das ist es nicht ganz. Es sind Angst und Nervosität und ein Hochgefühl, alles zusammen, und es klebt meine Füße am Boden fest. Dann ist die Tür offen und warmes Sonnenlicht strömt herein, taut meine Haut auf und bringt irgendwie meine Lähmung zum Schmelzen. Ich bewege mich langsam, aber immerhin bewege ich mich.
Der Taxifahrer schaut mich jetzt mit echter Sorge im Blick an. »Das macht neunundzwanzigachtzig«, sagt er. Offensichtlich nimmt er an, ich kann nicht zahlen. Ich kann ihm keinen Vorwurf machen – ich sehe schließlich auch aus, als könnte ich nicht zahlen. Aber ich schäle zwei Zwanziger von dem kleinen Bündel Scheine in meiner Tasche und halte sie dem Fahrer hin. Mein Blick wandert bereits weiter die Straße entlang zu meinem endgültigen Ziel. Er sagt etwas, aber ich höre es nicht. Ich gebe ein unbestimmtes Grunzen von mir und trete vom Auto zurück.
Der Fahrer läuft beinahe auf seine Seite zurück – wahrscheinlich hat er Angst, ich könnte das Wechselgeld wollen –, aber ich habe nicht die Energie, auf ihn zu achten. Ich schaffe es kaum zu atmen. Ich fühle, wie meine Brust sich zu verkrampfen beginnt, und muss mich zwingen, tief einzuatmen und den Atem drei Sekunden anzuhalten, um nicht zu hyperventilieren.
Und noch einmal.
Und noch einmal.
Mein Herz rast immer noch – mein Puls hämmert ohrenbetäubend laut in meinen Ohren –, aber wenigstens ist mir nicht schwindlig. Meine Füße bewegen sich und tragen mich die Straße entlang.
Ich habe keinen Plan. Vier Tage Nachdenken über Logan und ich habe immer noch keinen Plan.
Es ist Samstag. Er müsste in der Nähe sein. Es ist immer noch früher Nachmittag – zu früh für Verabredungen und Partys.
Was, wenn er eine Freundin hat? Mein Mund wird trocken. Darüber habe ich bisher nicht nachgedacht.
Ein Lächeln schwebt in meinen Mundwinkeln. Nur eine Hürde mehr . Wenn mich die letzte Woche etwas gelehrt hat, dann, dass ich über Hürden springen kann.
Ich bin hier.
Und jetzt?
An der Tür klingeln? Das erscheint mir ein bisschen peinlich. Herumhängen wie eine Stalkerin? Wahrscheinlich nicht die beste Idee, aber ich kann sonst nirgends hin.
Ich zögere vor seinem Haus – wahrscheinlich sehe ich aus wie eine Idiotin –, und als könne er mich spüren, geht die Tür auf, und ein großer Typ kommt aus dem Haus und knallt die Tür hinter sich zu. Mir stockt der Atem, während meine Augen seinen Anblick gierig in sich aufnehmen, doch er hat den Kopf gesenkt und schaut auf ein Handy. Alles, was ich sehen kann, sind seine goldenen Haare.
Quinns Haare.
Er muss es sein.
Mein Hals ist zu trocken, um einen Laut herauszubringen, als mir klar wird, dass er mich nicht sieht und mich gleich überrennen wird.
Er hat mich fast erwischt, als er den Kopf hebt und zur Seite springt. »Wah!«, sagt eine tiefe, ruhige Stimme. »Tut mir leid. SMS – ich bin ein Vollidiot. Alles klar?«
Sein Blick trifft meinen und meine restlichen Zweifel verflüchtigen sich.
Es ist Quinn. Mein Quinn, mit kürzeren Haaren, mehr Muskeln an Armen und Schultern und einem mühelosen Lächeln.
Und in diesem Moment wird mir klar, dass ich es nicht erwarten kann, diese Person zu entdecken: Wer er jetzt ist – wozu ihn die vergangenen zweihundert Jahre gemacht haben. Wärme stiehlt sich durch meinen Körper, und die Erkenntnis, dass ich ihn gefunden habe, erfüllt mich und fließt über. Meine Lippen lächeln und ich kann sie nicht stoppen.
»Wohnst … wohnst du hier?«, frage ich, als ich endlich meine Stimme wiederfinde.
»Hier?«, fragt Logan und deutet mit dem Daumen auf das blaue Haus. »Ja.«
»Ich … ich …« Ich ringe nach Worten, doch dann formt sich der Plan. Ich schiebe meine Hand in die Seitentasche meines Rucksacks. »Ich habe das hier draußen auf dem Gehweg gefunden«, sage ich und zwinge meine Finger, sich zu öffnen. »Es sieht aus, als könnte es wertvoll sein. Gehört es … vielleicht deiner Mutter?«, ende ich lahm.
Meine Handfläche ist schweißnass, und ich weiß, Rebeccas Anhänger wird leicht klamm
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