Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
Vom Netzwerk:
Pony erfüllt seinen Zweck eindeutig nicht. »Ähm.« Ich suche nach einer Erklärung. »Ich bin gegen eine Mauer gelaufen.«
    »Lass mal sehen«, sagt er, als wir an einer roten Ampel halten. Er streckt den Arm nach mir aus. Ich versuche, nicht zu zucken, aber als seine Hand mitten in der Luft innehält, weiß ich, dass ich versagt habe. Ich mag es nicht, wenn Leute mich anfassen – nicht mehr. Zu viele Monate lang waren da Ärzte und Krankenschwestern, die meine Augen kontrollierten, meine Nähte, meine Ohren, meine Temperatur, meine Narbe und – natürlich – ungefähr eine Million Nadeln, die alle auf mich zeigten.
    Er besteht nicht darauf. Jay ist immer ziemlich gut in solchen Sachen.
    »Bitte, Jay«, sage ich und reibe mir die Augen mit den Fingerknöcheln, während ich die ersten Anzeichen von Kopfschmerzen spüre. »Ich fühle mich sowieso schon wie ein Trottel – ich war nur ein dämlicher Tollpatsch. Ehrlich.«
    Er zögert länger, als ich es für nötig halte. Es ist schließlich nur ein Kratzer.
    »Ich weiß, dass du mit Elizabeth gesprochen hast«, platze ich nach einer kurzen Pause heraus. Mein Ärger macht mich mutig. Im Zweifel immer ein Themenwechsel. Oder noch besser: eine Anklage.
    Er lächelt schuldbewusst, neigt den Kopf wie ein Welpe, der dabei erwischt wurde, wie er auf einem Schuh herumkaut. »Ich habe ihr eigentlich gar nichts gesagt«, protestiert er. »Nicht einmal, worum es in dem Traum ging.«
    »Hast du es Reese erzählt?«, frage ich. »Worum es ging?«, verdeutliche ich.
    »Du weißt, dass ich Reese alles erzähle.«
    Darüber kann ich nicht sauer sein. Sie sind verheiratet. Und Familie oder nicht – ich bin ein Eindringling in ihrem Leben. »Es ist grün«, murmle ich.
    »Es war wirklich ganz beiläufig«, versucht Jay, mich zu besänftigen. »Dr. Stanley ruft ab und zu an, um sicherzugehen, dass daheim alles gut läuft, und zufällig hat sie heute Morgen angerufen.« Er hält inne und wirft einen Blick zu mir herüber. »Ich wusste nicht, dass es vertraulich ist; ich meine, war es das?«
    »Eigentlich nicht«, gebe ich zu und spüre, wie mein Frust abebbt. So schlimm war es wirklich nicht. »Ich habe nur das Gefühl, keine Privatsphäre mehr zu haben. Null.«
    »Nächstes Mal warne ich dich vor«, sagt er ernsthaft. »Übrigens – Friedensangebot –, wenn wir nach Hause kommen, gehst du nach oben und tupfst vor dem Abendessen ein bisschen Make-up auf den Kratzer, und ich mache eine Teenie-Ausnahme von meiner Ich-erzähle-Reese-alles-Regel. Unser kleines Geheimnis«, flüstert er grinsend. »Friede?«
    Ich mache mit und schenke ihm ein schwaches Lächeln. Es ist nicht wirklich so, dass Reese es nicht erfahren soll. Aber sie macht sich Sorgen. Viele. Nicht dass ich ihr einen Vorwurf machen könnte – ihr Stiefbruder starb bei einem Flugzeugabsturz, und sie hat eine verrückte, angeschlagene Halbwüchsige geerbt. Der Tod macht die Leute paranoid.
    Ich muss es schließlich wissen.
    Kurz bevor wir in die Garage fahren, sehe ich, wie sich die Vorhänge in Reese’ Büro durch ihr offenes Fenster bauschen. Die Windspiele, die Reese mich vor ein paar Wochen auf der Veranda hat anbringen lassen, schwingen in der leichten Brise. Während ich das Klingeln der Windspiele und die klassische Schönheit des Hauses in mich aufnehme, spüre ich, wie sich mein ganzer Körper entspannt. Aus irgendeinem Grund fand ich ihr Haus schon immer beruhigend.
    »Entschuldige mich bitte«, sagt Jay, als er zur Hintertür hineingeht, »aber ich muss vor dem Abendessen noch ein bisschen arbeiten.« Er reißt sich seine bereits gelockerte Krawatte vom Hals und wirft sie über die Armlehne eines Sessels, bevor er in sein »Büro« geht. Es ist eher ein Labor, inklusive drei Computern, Schaubildern von Molekülen an der Wand, und eine Seite des Raums wird komplett von Bücherregalen voller bunter Nachschlagewerke in äußerst nichtalphabetischer Ordnung eingenommen.
    Sein richtiges Chemiezeug ist im Labor – er sagt, es sei zu gefährlich, es mit nach Hause zu bringen –, aber hier gibt es alle Simulations- und Recherchewerkzeuge, die man sich vorstellen kann.
    Vorausgesetzt, man findet sie.
    Jay lässt sich auf seinen Bürostuhl fallen und macht sich sofort wieder an die Arbeit, während ich auf Zehenspitzen nach oben gehe, um meine Stirn zu reparieren.
    Reese’ Büro liegt, von meinem Zimmer aus gesehen, am anderen Ende des Flurs, und ich höre sie darin falsch summen. Ich schleiche an der einen

Weitere Kostenlose Bücher