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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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Eigentlich eher zum dritten Mal und …« Ich zwinge mich, innezuhalten und meine Nerven zu beruhigen. Ich muss von vorn anfangen. »Gestern, nach unserer Sitzung, saß ich im Auto, während Reese Milch kaufte.«
    Sie hört kommentarlos zu – obwohl sie leise »Oh, Tave« seufzt, als ich zu der Stelle komme, wo er um zwei Uhr morgens im Garten steht –, bis ich mit dem Zwischenfall bei der Immobilienagentur ende. Obwohl ich ein bisschen bei den Einzelheiten schummle, damit es nicht so klingt, als würde ich nicht vorhandene Seitenstraßen oder flackernde Frauen sehen.
    »Und er war einfach weg ?«, fragt Elizabeth, als ich fertig bin.
    »Weg«, sage ich, und dieses komische traurige Gefühl wirbelt wieder in meiner Brust herum. »Benson sagt, ich soll die Polizei anrufen«, füge ich hinzu, als das Schweigen mich nervös macht. »Aber ich glaube nicht, dass dieser Typ gefährlich ist. Und wenn … wenn ich die Polizei anrufe, wird er …« Ich unterbreche mich. Ich will es nicht einmal aussprechen.
    »Dann wird er nicht wiederkommen?«, fragt Elizabeth, und der Kummer erstickt mich, erfüllt mich so komplett, dass ich nicht sprechen kann. Ich mache nur ein vage zustimmendes Geräusch. Ein Teil von mir hasst es, was dieser Typ in mir auslöst – es ist überwältigend und weckt Gefühle, die ich nicht kenne. Es ist anders als die Gefühle, die ich für Benson habe – er ist ein sanftes, stetes Licht –, während dieser Typ wie ein Feuerwerkskörper ist – blendend hell, aber im einen Moment da und im nächsten Augenblick schon wieder weg.
    Doch diese kurzen Augenblicke sind wie flüssige Freude, die über meinem Kopf ausgegossen wird. Diesen Teil mag ich.
    »Du scheinst sehr starke Gefühle zu haben.«
    »Anscheinend ja.« Ich wappne mich dagegen, dass sie mir sagt, das sei ein Nebeneffekt meiner Trauer, oder dass ich unerwiderte Liebe auf ein unangemessenes Ziel projiziere, oder dass daraus meine Hirnverletzung spricht.
    Ich bin irrational erleichtert, als sie es nicht tut. Ich will ihn wiedersehen, auch wenn jede logische Faser in mir schreit, das sei keine gute Idee.
    Unwillkürlich frage ich mich, ob das ein Zeichen ist, dass es mir besser geht oder dass ich jetzt wirklich kaputt bin.
    »Tave, ich will unbedingt, dass wir morgen weiter darüber reden, wenn wir es von Angesicht zu Angesicht besprechen können. Ist das okay für dich?«
    »Klar, denke schon«, sage ich und bereue es jetzt, wo die Panik vorbei ist, schon beinahe, dass ich es ihr erzählt habe. Aber sie ist meine Psychologin – ich soll ihr solche verrückten Sachen erzählen. Dennoch fühle ich mich, als hätte ich gerade das Geheimnis von jemand anderem verraten, statt über meine eigenen Gedanken zu sprechen.
    Die Stille zieht sich wieder hin, aber ich bin nicht mehr in Stimmung für diese Spielchen. »Ich muss los«, murmle ich auf der Suche nach einer Ausrede, um das Gespräch zu beenden. »Ich habe jetzt einen Physiotherapie-Termin.« Ich zwinge mich zu einem scharfen, bellenden Lachen. »Du weißt schon, meine andere Therapeutin.«
    Elizabeth gluckst, dann sagt sie: »Also gut. Dann geh rein und … dehn dich. Wir reden morgen weiter.«
    »Danke«, sage ich trocken und lege auf. Ich gehe auf das Zentrum zu und versuche, meine widerstreitenden Gefühle zu sortieren.
    Sie hat mir nicht gesagt, ich solle ihn nicht wiedersehen. Aber ich habe das Gefühl, das ist zu einfach. In meinem tiefsten Inneren weiß ich, dass Bensons Reaktion mehr Sinn ergab. Vielleicht wollte ein Teil von mir, dass Elizabeth seine Meinung bestätigt und sie mir sagt, ich solle mich wirklich von ihm fernhalten.
    Doch sie hat es nicht getan. Und ich frage mich unwillkürlich, warum.

K apitel 6

    H allo, Tave«, sagt Jay, als ich auf den Beifahrersitz gleite; mein Bein pocht vom Knöchel bis zur Hüfte. Normalerweise holt mich Reese von der Physio ab, weil Jay bei der Arbeit ist.
    »Keine Labor-Maloche heute?«, frage ich, als ich mich anschnalle. Die Kombination aus Schmerzen von der Therapie und dem Wissen, dass er mich an Elizabeth verpetzt hat, macht mich viel weniger froh, ihn zu sehen.
    »Schlimmer«, sagt Jay, als er losfährt. Seine Stimme ist rau und er unterdrückt ein Gähnen. »Ich muss zu Hause Recherchen machen.«
    »Das Virus?«
    Er zögert, so kurz, dass ich es kaum wahrnehme. »Ja.« Aber er führt es nicht weiter aus. »Was ist mit deinem Kopf passiert?«
    Meine Finger fliegen zu dem Kratzer und sabotieren damit präventiv jede mögliche Lüge. Mein

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