Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
Vom Netzwerk:
Gasse.
    Es ist ein graues Immobilienfirmengebäude – ein neueres Gebäude, dessen Schaufenster gepflastert sind mit protzigen Plakaten von Häusern und Grundstücken.
    Aber …
    Ich möchte am liebsten vor Scham sterben, als mir ungefähr sechs Leute auf die Beine helfen. Ihre Hände sorgen sich um mich, berühren mich, dringen in die Blase ein, die meine Privatsphäre bildet – und die schon immer groß war, sich durch die Isolation der letzten Monate aber noch ausgedehnt hat. Ich strecke die Arme aus, schiebe Leute beiseite und leiere: »Danke, mir geht es gut, danke, mir geht es gut, danke, mir geht es gut«, bis sie mich endlich in Ruhe lassen und mir nur einer oder zwei nachschauen.
    »Sie haben einen Kratzer auf der Stirn«, sagt eine Frau. Sie schaut mich so eindringlich an, dass ich mich frage, ob sie mich kennt. Ob ich sie kenne. Schlimmer noch: ob sie Reese und Jay kennt – dies ist keine besonders große Stadt – und jetzt ihr Handy aufklappt und sie anruft. Was für eine Katastrophe das wäre. Ich will etwas sagen, doch bevor ich das tun kann, drückt sie mir ein Pflaster in die Hand, wendet sich ab, um höflich in ihre Armbeuge zu husten, dann geht sie die Straße entlang.
    Ich schaue ihr nach, und gerade als ich den Blick abwenden will, flackert sie.
    Was zum Geier war das?
    Ich schaue ihr unverwandt nach – einem Fleck in Pastellblau zwischen den Fußgängern – und versuche, sie dazu zu bringen, noch einmal zu flackern, damit es noch ein anderer bemerkt, um mir zu beweisen, dass ich nicht verrückt bin. Aber nachdem ungefähr zehn Sekunden nichts Verrücktes passiert ist, biegt sie links ab und ist außer Sicht.
    Ich lehne mich mit der Schulter an den grauen Stein des Immobilienbüros und versuche, mich zu überzeugen, dass ich einfach geblinzelt habe oder es mir eingebildet habe oder so etwas.
    Der blonde Typ ist nirgends zu sehen, was wahrscheinlich gut ist, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich es mir verkneifen könnte, ihn anzuschreien. Er will, dass ich zu ihm komme, aber er läuft vor mir davon.
    Und dann auch noch in nicht existente Seitengassen.
    Jungs .
    Der jetzt wieder wimmelnde Fußgängerverkehr fließt um mich herum, aber da ist etwas … etwas anderes gibt mir ein unbehagliches Gefühl. Ein nagendes Gefühl von – da! Ich entdecke einen Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der mich beobachtet. Er trägt eine kakigrüne Cargohose und eine Sonnenbrille; ziemlich nichtssagend.
    Aber er beobachtet mich. Na toll.
    Ich erwidere seinen Blick – glaube ich zumindest, blöde Sonnenbrille – und provoziere ihn, weiter das unbeholfene Mädchen anzustarren. Sofort dreht er den Kopf und geht in die entgegengesetzte Richtung. Ich hasse es, mich öffentlich lächerlich zu machen.
    Aus der Ferne höre ich das Knistern der Pflasterverpackung, als ich sie in meiner Handfläche zerknülle, und mein Kinn sinkt auf die Brust. Ich gehe mit großen Schritten den immer noch überfüllten Gehweg entlang und vergesse zu zählen, während ich mich vorwärtsarbeite, in der Hoffnung, dass niemand mir zu genau in mein leuchtend rotes Gesicht schaut.
    Am Ende des Blocks biege ich ab und komme in einen neueren Teil der Stadt, wo mein Physiotherapiezentrum liegt. Meine Gedanken rasen viel schneller als meine Füße.
    Wer zum Henker ist dieser blonde Typ? Er könnte ein Reporter sein. Kommt mir aber furchtbar jung dafür vor. Ich konnte ihn gestern Nacht gut sehen: Er kann nicht viel älter sein als ich. Und auf Grundlage der Statistik ist er wahrscheinlich auch kein Serienmörder. Er könnte eine Art bizarrer Stalker sein, aber warum?
    Vielleicht ist er nur ein Spinner. Ich meine, er hat sich die Haare für eine historische Verkleidung wachsen lassen, die er jeden Tag trägt; es könnte auch sein, dass er dieses Ding einfach knallhart durchzieht, weil er darauf steht. Wie die alten Männer, die ihre ganze Freizeit mit dem Bau von Modelleisenbahnen oder mit dem Bemalen von Bürgerkriegsminiaturen verbringen. Oder dieser Typ in meiner alten Schule, der totaler Theaterliebhaber war und jedes Mal, wenn er eine neue Rolle bekam, den ganzen Tag wie sein Charakter herumlief und redete. Es ginge drei Stufen über »schrullig« hinaus, ist aber auch nicht so, als sei das noch nie da gewesen. Eigentlich ist das vielleicht die beste Erklärung – zumindest für meine Sicherheit.
    Aber Mr Pferdeschwanz hat gestern Nacht wirklich versucht, mich nach draußen zu locken. Warum sollte er das tun? Wenn er so in

Weitere Kostenlose Bücher