Der Kuss Im Kristall
ausgesucht hatte, wenn es viel appetitlichere Happen gab – wie die reizvolle Miss Alethea Lovejoy. Um sie würde er Douglas beneiden. Ja, Miss Lovejoy tat recht daran, ihm gegenüber vorsichtig zu sein. Er würde sie mit einem einzigen Bissen verschlingen.
„Ich werde meine Pflicht erfüllen, und zwar mit Vergnügen“, versicherte Douglas.
„Ich habe schon immer gesagt, was für ein tapferer Junge du bist“, neckte ihn Rob. „Du liebst sie also wirklich? Es geht nicht nur um die Zweckmäßigkeit?“
„Bebe ist mein Leben, Rob. Sie ist der Grund, warum ich atme.“ Douglas’ Miene wurde ernst, und er betrachtete seine Schuhe. „Tut mir leid, Rob. Ich wollte keine Erinnerungen wecken. Aber irgendwann wirst du wieder heiraten. Und du wirst den Erben zeugen, den du immer wolltest.“
„Das überlasse ich dir, Douglas. Dein Sohn wird den Titel der Glenross tragen.“ Douglas wusste nicht, dass Hamish kein McHugh gewesen war. Und Rob war der Meinung, es bestand kein Grund, ihm das jetzt zu verraten. Er hatte den Jungen lieb gewonnen und gelernt, Maeves Indiskretionen nicht zu beachten.
„Das glaubst du jetzt, Rob, aber irgendwann wirst du dir von einem hübschen Gesicht den Kopf verdrehen lassen und deine Einstellung ändern.“
„Mir fehlt der Mut zu einer weiteren Ehe.“ Und sein Bedarf daran, einen weiteren Betrug zu erleben, war mehr als gedeckt.
„Das war nicht deine Schuld, Mann. Maeve war diejenige, die darauf beharrte, ihre Schwester in Venedig zu besuchen. Sie war eine energische Frau und traf ihre Entscheidungen selbst.“
Douglas irrte sich. Für diese eine Entscheidung machte Rob nicht Maeve verantwortlich. Aber er wusste, wer dafür verantwortlich war – die verdammte Lügnerin, die angedeutet hatte, dass seine Frau in Venedig ihrem Schicksal begegnen würde. Dass sie dorthin gehen sollte, um dem Mann zu entfliehen, der sie zerstören würde – ihm . Rob würde Madame Zoe jagen, bis er sie als die Betrügerin bloßstellen konnte, die sie war, und dann würde er sie vernichten – ihr Selbstvertrauen, ihr Gewerbe, ihr Einkommen und – das würde ihm am meisten Vergnügen bereiten – ihren Ruf. Wenn er mit ihr fertig war, würde kein Mitglied der Gesellschaft sie mehr konsultieren.
Als er allein und mit entzündeten Wunden in einer Kiste gelegen und seine Flucht geplant hatte, war er innerlich getrieben gewesen von dem Gedanken an Rache. All die Monate im Verlies des Dey hatte er gewartet und das Gefühl gehabt, allmählich verrückt zu werden. Und er hatte Pläne geschmiedet. Madame Zoe würde dafür bezahlen, dass sie die McHughs zerstört hatte.
Am Montagmorgen stand Rob in dem Büro, das über einer Bank lag, und betrachtete betont gelangweilt seine Fingernägel, während Mr. Evans, Madame Zoes Agent, das Buch mit ihren Terminen durchblätterte und dabei deutlich zeigte, welche Gefälligkeit er ihm damit erwies. Tatsächlich war Rob alles andere als gelangweilt. Es war der 14. Dezember, und nach seiner Schätzung sollte er bis Weihnachten mit Madame Zoe fertig sein. Er inspizierte seine Umgebung und versuchte, sich vorzustellen, welche Frau jemanden wie Mr. Evans engagierte.
Das Büro wirkte in jeder Beziehung achtbar. An den Wänden waren bequeme Stühle aufgereiht, und der Schreibtisch war sauber, poliert und bescheiden. Mr. Evans selbst schien ein respektabler Mann zu sein, und Rob fragte sich, warum er so eine Schwindlerin vertrat.
In London erzählte man sich, Madame Zoe sei eine Frau mittleren Alters, die aus Frankreich immigriert war, eine Wahrsagerin vom französischen Hof, die den Aufstieg und Fall Napoleon Bonapartes vorhergesagt habe. Man munkelte, sie sei verwitwet und würde stets nur Schwarz tragen. Da sie immer verschleiert war, wusste niemand sie genau zu beschreiben. Einige vermuteten sogar, sie sei eine verarmte Adlige, die aus den französischen Kreisen in London stammte und sich in Schleier hüllte, damit man sie in jenen Kreisen nicht erkannte.
Schwindlerin oder nicht, es war klug gewesen von Madame Zoe, ihrem Gewerbe die Aura von Exklusivität zu verleihen. Ehe sie einen neuen Klienten zu Gesicht bekam, hatte ihr Agent die betreffende Person bereits kennengelernt. Erst dann wurde dem Klienten ein Termin gegeben, zusammen mit der Adresse, wo man sie finden konnte. Was für ein nettes kleines Arrangement.
Rob missfiel es außerordentlich, dass er von dem Wohlwollen dieses Mannes abhängig war, und er fragte unwirsch: „Sie erledigen also die gesamte
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