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Der Kuss

Der Kuss

Titel: Der Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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ganzen Sommer getan. Auf halbem Wege stand seine Mutter vor ihm.
    „Was ist los? Wo ist Lukas?“, fragte sie, als wäre es das Normalste auf der Welt, ihren Sohn mit dem Nachbarn anzutreffen. Michael schüttelte nur kurz den Kopf und presste seine Lippen aufeinander. Völlig unerwartet, und vor allen Nachbarn, riss seine Mutter ihn in ihre Arme. So etwas hatte sie seit Jahren nicht mehr getan, auch nicht in der Abgeschiedenheit ihrer Wohnung. Entsprechend hilflos fühlte sich Michael, versteifte sich, die Arme an den Körper gepresst, und harrte geduldig aus bis ihr emotionaler Schub vorbei war. Sie wurde immer sonderlicher.
    „Und was ist mit Ronny?“, fragte Michael, um von der eben erfolgten Peinlichkeit abzulenken.
    „Wem?“ Sie glupschte ihn mit irritierten Augen an, als leide er unter Stimmen im Kopf.
    „Na, der Bruder von Lukas, der Typ, der mit dir auf ein Bier gehen wollte“, half Michael seiner Mutter auf die Sprünge. Es war irgendwie schön, zu wissen, dass das der
Bruder
seines Liebsten war. Oder seines
Ex-Liebsten
. Autsch!
    „Ach, du meinst Ronald“, erinnerte sie sich. Ronald? Michael musste prusten. Was für ein bescheuerter Name! Wer hieß hierzulande Ronald?
    „Wusstest du, dass er bald Vater wird?“, brabbelte sie sofort los. „Hihi, dem geht der Arsch auf Grundeis“, amüsierte sie sich. Schon wieder hatte sie
dieses Wort
gesagt. Aber das war es nicht, weswegen Michael sie anglotzte als würde er sich gerade in die Hosen pinkeln.
    „Hey, tu nicht so
moralisch,
du bist in einem Alter in dem du es verkraftest, wenn ich
solche Worte
ausspreche. Außerdem bin ich überzeugt, dass du hinter meinem Rücken viel schlimmere Sachen sagst.
Nein
ich will sie
gar nicht
wissen!“, rechtfertigte sie sich. Das Bier tat offenbar seine Wirkung.
    „
Ronny
wird Vater?“, faselte Michael, und seine Kehle wurde staubtrocken.
    „So wie
der
Panik schiebt, das erinnert mich total an deinen Vater“, fügte sie gedankenverloren hinzu. Wow, in letzter Zeit wurde dieser verdammt oft in ihren Gesprächen erwähnt. Michael schwirrte der Kopf.
    „Ronny ist wie mein
Vater?“,
fragte er nochmal nach. War das gut oder schlecht? Naja, einerseits – cool wäre so ein Vater schon gewesen, vor allem, wenn er daraus schließen hätte können, dass er auch mal so groß, stark und schön definiert sein würde. Boah, wenn er mit so einem tätowierten Daddy mal in der Schule aufgekreuzt wäre, was hätte er sich vielleicht alles ersparen können!
    „Nicht vom Aussehen,
Dummerchen“,
lachte Michaels Mutter, „die Feigheit, meine ich, diese Panik!“ Na was auch sonst! Michael verzog das Gesicht.
    „Hat er eigentlich
irgendwelche
positiven Eigenschaften?“, murmelte Michael beleidigt. Seine Mutter zuckte zusammen und musterte ihren Sohn eingehend, der immer mehr zu einem Häufchen Elend wurde. Vor allem je mehr im bewusst wurde,
wie
unrecht er Lukas vermutlich getan hatte. Ging die ganze blöde Streiterei in den letzten Wochen allein auf sein Konto? Weil er alles falsch aufgefasst hatte, vor lauter Selbstunsicherheit, dem Glauben, jemand wie
er
könnte einem wie Lukas nie genügen?
    „Wenn er nicht
toll
gewesen wäre, gäb's dich nicht“, gab Michaels Mutter zu. Das war das erste Mal, dass er sie positiv über seinen Vater reden hörte. Er starrte sie verblüfft an. Sie musste
wirklich
zu viel getrunken haben.
    „Wo ist Lukas!“, ertönte neben ihnen plötzlich Ronnys harsche Stimme, und er schaute zu Michaels Händen runter als überprüfe er noch einmal eingehend, dass an keiner von ihnen sein Bruder hing. Michael blickte zu Boden. Mann, tat sein Herz weh.
    „Könntest du mich bitte zusammenfalten?“ Michael hob plötzlich den Kopf und sah Ronny flehend an. Vielleicht würde er über den körperlichen Schmerz ja den in der Seele, den in seinem Herzen vergessen. Vielleicht könnte Ronny ihn auch gleich bewusstlos schlagen, noch besser – ins Koma. So für fünfzig Jahre, oder so.
    „Michael!“, empörte sich seine Mutter.
    „Du Scheißkerl!“ Ronny schüttelte sauer den Kopf.
    „Ronald!“, mahnte Michaels Mutter diesen.
    „Lu ist
deine
Freundin, oder?“, sprach Michael das mittlerweile für ihn Offensichtliche an. Ronnys Miene verfinsterte sich und er grunzte misstrauisch:
    „Wieso? Hast du sie mit
jemandem
gesehen?“ Hilfe, jetzt zog Michael Lu und Ronny
auch
noch in seine idiotischen Schlussfolgerungen mit hinein.
    „Nein!
Nein!“,
beschwichtigte er sofort.
    „Warum
fragst
du dann?“,

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