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Der lächelnde Henker

Der lächelnde Henker

Titel: Der lächelnde Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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begegnet wäre, hätte ich ihm gezeigt, wer Herr im Haus ist. Ich hätte meinen Schädel nicht verloren.«
    »Sprich nicht so!« wurde er angeherrscht.
    »Ach, ihr seid Memmen. Ich bin da anders, und ich werde heute das tun, was ich lange nicht mehr getan habe. Ich schaue mir das Beil des Henkers an.«
    Schweigen.
    Der junge Mann nahm einen Schluck Bier. Er trank das hohe Glas leer, rülpste und schaute sich herausfordernd um. »He, ich gehe und sehe mir das Beilchen an. Will keiner von euch mit?«
    »Bleib lieber hier.«
    »Was ihr immer habt.« Ian kicherte. »Ich hole mir das Beil und kehre hier in die Kneipe als der schwarze Henker zurück. Ihr werdet sehen, wie die Leute zittern, die mir unterwegs begegnen…«
    »Damit spaßt man nicht!«
    Ian ließ sich von gutgemeinten Ratschlägen überhaupt nicht abhalten. Er stützte sich vom Tresen ab, legte die ersten Yards unsicher zurück, fing sich dann und stapfte breitbeinig über die alten Holzbohlen auf die Tür zu.
    Draußen empfing ihn der Nebel. Einige Besucher, die nahe der Tür saßen, hörten Ian noch pfeifen, dann verklang auch dieses Geräusch.
    »Damit sollte man keine Scherze treiben«, sagte ein weißhaariger Mann, »wirklich nicht… ich weiß das. Der Fluch ist nicht gelöscht, der Henker ist unsterblich…«
    »Du meinst, sein Geist?«
    »Möglich.«
    »Aber wie sollte er denn weiterleben?«
    Der Weißhaarige hob den Blick. »Wir hätten die verfluchte Axt zerstören müssen.«
    Jemand lachte. »Das sagst du jetzt. Hättest du das nicht schon vor Jahren vorschlagen können?«
    »Habe ich doch, aber es wollte mir niemand glauben. Ausgelacht haben sie mich.«
    »Dann geh doch hin und hau sie kaputt.«
    Wieder schüttelte der Weißhaarige seinen Kopf. »Es ist nicht meine Aufgabe, so etwas muß der Pfarrer übernehmen. Nur er kann die Axt des Bösen entweihen und sie wieder zu einem normalen Gegenstand machen. Glaubt mir.«
    »Wieso normal?«
    »Weil in dem Mordwerkzeug der Teufel sein Zuhause gefunden hat«, erklärte der Weißhaarige.
    »Davon haben wir nichts bemerkt.«
    »Nein, ihr könnt es auch nicht sehen, höchstens fühlen. Schlagt meine Warnungen nicht in den Wind, die Axt ist gefährlich.«
    »Dann zerstören wir sie morgen!«
    Der Weißhaarige nickte. »Die Idee ist gut, wir sollten noch mit dem Pfarrer darüber reden.«
    »Und die Touristen?« beschwerte sich der Besitzer einer kleinen Pension. »Viele kommen nur hierher, um die Axt des schwarzen Henkers zu sehen. Sie ist eine Berühmtheit geworden.«
    Abermals widersprach der Weißhaarige. »Mir ist die Zurücknahme eines alten Fluches lieber, als die paar Fremden, die herkommen, um die grausige Erinnerung zu besichtigen.«
    »Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen«, sagte der Mann mit der Pension.
    Während die Gäste in der Kneipe noch weiter diskutierten, schlich Ian durch Pitlochry. Er war hier geboren, kannte sich aus und wußte trotz seines leicht umnebelten Hirns, wie er am schnellsten zum Heimatmuseum gelangte.
    Nebel lag nicht nur in seinem Kopf, sondern auch über dem Dorf. Ein dichter grauer Schleier, hinzu kam die Dunkelheit, so daß fast nichts mehr zu sehen war.
    Hier und da brannte ein Licht. Geheimnisvoll schimmernd durchbrach es die dunkelgraue Suppe für Sekunden, um schnell wieder verschluckt zu werden, wenn Ian es passiert hatte.
    Es war kalt geworden. Trotz seiner Lederjacke fröstelte Ian, schlug den Kragen hoch und ging weiter. Dabei sprach er mit sich selbst, und es waren Worte, die sich um den Henker drehten.
    »Der schwarze Henker!« Er kicherte. »Angst und Schiß haben die Leute. Das ist alles. So ein blödes Beil, was soll das schon tun? Gar nichts, überhaupt nichts.« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde es nehmen, damit in die Kneipe gehen und einen Tisch zertrümmern.« Voller Vorfreude rieb er sich die Hände, denn er wollte es den anderen schon zeigen, wie man so etwas machte.
    Das Heimatmuseum lag am Ende des Dorfes, wo die Felder begannen und wo auch nicht weit weg der alte Friedhof lag. Aus einem der Gräber war der schwarze Henker gekommen und hatte sein erstes Opfer gefunden. [1] Dieser Friedhof spielte eine besondere Rolle, die Alten warnten auch immer vor ihm, und selbst Ian traute sich bei Dunkelheit dort allein nicht gern hin.
    Das war auch nicht sein Ziel.
    Er bog ab in einen kleinen Feldweg, ging über Gras und durch Schlamm, sah Bäume und Sträucher von geisterhaften Nebelschwaden umhüllt und glaubte, daß sie vor ihm einen

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