Der lächelnde Henker
zerstört.
Splitter lagen auf dem Boden. Von den vier Scheiben waren nur noch drei heil geblieben.
Und der kleine Holzsockel, in dem das Beil mit der Schneide gesteckt hatte, zeigte nur noch den Einschnitt. Die Waffe war verschwunden!
***
Ian fing an zu lachen.
Er stand da wie angewurzelt, ein völlig unmotiviertes Kichern drang aus seinem Mund. Dabei schüttelte er den Kopf, die Kerze in seiner Hand zitterte, die Schatten an den Wänden begannen heftig zu tanzen, aber er konnte einfach nicht anders.
Das Gelächter schüttelte ihn, bis es ebenso abrupt verstummte, wie es aufgeklungen war.
Man hatte die Axt gestohlen. Jemand war ihm zuvorgekommen, um ihm einen Streich zu spielen. Eine andere Möglichkeit kam für ihn nicht in Betracht. Diese verdammten Burschen aus der Kneipe hatten ihn reinlegen wollen, aber sie sollten sich geschnitten haben. Wahrscheinlich rechneten sie damit, daß er jetzt an den schwarzen Henker dachte und ihn als Dieb einsetzte, soweit jedoch kam es nicht. Er kannte ihre Tricks, und er würde es ihnen schon zurückzahlen.
Sie hatte ihn in Angst und Schrecken versetzen wollen. Fast wäre es ihnen gelungen, aber nur fast. Tief holte er Luft. Hinter seinen Schläfen pochte es. Das verdammte Bier und der Whisky lähmten seine Bewegungen und ließen ihn langsam reagieren, auch im Nachdenken. Er drehte sich um.
Ian befand sich noch mitten in der Bewegung, als er von unten das Geräusch hörte. Da war jemand an der Tür!
Einen Augenblick später änderte sich das Geräusch, jetzt waren es Schritte, die an seine Ohren drangen.
Schwer und dumpf klangen sie zu ihm hoch. Auf einmal war er sicher, daß er sich nicht mehr allein im Haus befand. Da unten lauerte noch jemand, einer war ihm nachgeschlichen, wahrscheinlich ein Kumpel aus dem Gasthaus.
Auf Zehenspitzen näherte er sich der Treppe, blieb auf der obersten Stufe stehen und streckte die Hand mit der Kerze über das Geländer, um in die Tiefe zu leuchten.
Es wurde zwar heller, aber der Kerzenschein strahlte zumeist nach oben hin ab, in die Tiefe fiel nur wenig Licht. Erkennen oder entdecken konnte er nichts, dafür aber vernahm er die Schritte.
Schlurfend, nicht zögernd, sondern zielstrebig. Ian versteifte sich und lauschte. Sein Herz klopfte schneller. Kamen die Schritte die Treppe hoch? Wollte der Unbekannte etwa zu ihm?
Er hatte nichts dabei, womit er sich verteidigen konnte, nur seine Fäuste, und die würde er auch einsetzen, wie er es schon oft bei Schlägereien getan hatte.
Ian spannte seinen Körper. All seine Sinne konzentrierten sich auf die von unten hochklingenden Schritte, doch sie wurden nicht lauter. Im Gegenteil, schon bald klang das Geräusch schwächer an seine Ohren. Der Fremde ging.
Hatte er keinen Nerv mehr? Das Gesicht des lauernden Ian zog sich in die Breite, als er grinste.
Der andere sollte sich wundern. All right, seinen Spaß hatte er gehabt und Ian einen nicht gelinden Schrecken eingejagt. Jetzt aber wollte er den Spieß umdrehen, nun, würde sich der andere wundern. Ian übereilte nichts, der Unbekannte sollte auf keinen Fall gewarnt werden, wenn er die Treppe nach unten schlich.
Ian hielt sich dicht an der Wand. Wie schon beim Hinaufgehen, so knarrten auch diesmal die Holzstufen, und das Geräusch kam ihm jedesmal überlaut vor.
Der andere mußte ihn hören.
Ian wurde wütend. Er war auch nicht mehr auf seine Sicherheit bedacht und beeilte sich jetzt. Wenn er schnell lief, konnte er den Unbekannten vielleicht finden, auch wenn er das Haus schon verlassen hatte. Die letzten beiden Stufen sprang er hinunter, kam wuchtig auf und warf die Kerze weg. Die Flamme verlöschte, nachdem sie einmal über den Boden geleckt hatte.
Die Tür stand weiter offen. Ian hatte sie nach seinem Eintritt fast zugedrückt, jetzt war sie so weit geöffnet, daß Nebelschleier träge in das Innere des Heimatmuseums wallten.
Und inmitten der Schleier stand eine schreckliche Gestalt. Sie hatte sich hervorgeschält wie ein Geist. Ian war so entsetzt, daß er nur auf den Kopf achtete, der von einer Kapuze verdeckt wurde, wie sie Henker bei Hinrichtungen getragen hatten. Er konnte nicht genau erkennen, welche Farbe die Kapuze besaß, schätzte sie allerdings dunkel ein.
Und er sah noch etwas.
In Höhe der Augen befanden sich zwei Schlitze. Dahinter glaubte er, kalte, gnadenlose Pupillen glänzen zu sehen, die ihn fixierten wie ein Raubtier seine Beute.
In den Händen aber hielt die Gestalt die Axt.
Das mörderische Beil des
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