Der Lambertimord
Soviel Aufregung hat es seit dem Fall Stölzel nicht mehr gegeben. Du erinnerst dich?«
Und ob, Frank war damals zwar noch jung gewesen, von dem mysteriösen Tod der Haushälterin der Fabrikbesitzer hatte er aber trotzdem gehört. Soweit er sich erinnern konnte, hatte es bei der Aufklärung des Falls mächtig Aufregung im Dorf gegeben. Die Stölzels gehörten damals zu den angesehensten Familien in Breyell. Aber die Blütezeit der Textilfabrik war längst vorbei. Hin und wieder hatte er im Radio von Entlassungen und Absatzproblemen des Unternehmens gehört. Früher hatte er als Kind oft durch das offene Fabriktor gelauert und die großen Maschinen bestaunt, an denen immer viele Arbeiter beschäftigt waren. »Ja, ich kann mich noch gut erinnern.« Frank seufzte.
»Ja, und so eine Aufregung geht jetzt auch wieder durchs Dorf. Stell’ dich mal bei Kreuels an die Theke. Was meinst du, was die Leute so alles an Mordtheorien parat haben. Die könnten bei ihrer Phantasie glatt Krimis schreiben.«
»Und, was denkt du?«
Joosten warf den Stummel des Zigarillos auf den Boden und trat ihn aus.
»Ich habe keine Ahnung. Ich kannte Heike eigentlich nur vom Sehen. Den Alten kenn’ ich natürlich. Wer kennt den nicht? Der war ja auch öfter hier in Breyell zum Zocken. Hinten in der Spielhalle.« Er deutete mit dem Daumen hinter sich Richtung Fußgängerzone.
»Das wissen wir. Du scheinst dich doch ganz gut auszukennen. Hat van den Hövel viel gespielt?«
»Was soll das denn heißen? Die einen sagen ja, er hat viel gezockt, die anderen sagen nein. Wie das so ist. Ist aber auch egal, schließlich läuft sein Laden ja. Da kann er mit seinem Geld machen, was er will.«
»Und, welche Mordtheorie findest du plausibel?« Frank setzte nach.
»Angeblich soll Heike von einem Frauenmörder umgebracht worden sein, der in ganz NRW oder bei Venlo sein Unwesen treibt. Über die Autobahn ist man ja schnell im Dorf und wieder weg. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand aus dem Dorf der Täter ist. So brutal sind die Breyeller nun auch wieder nicht.«
Frank sah Ecki aus der Frittenbude herüberkommen. »War auch nur so eine Frage. Aber vertu’ dich man nicht. Wir müssen jetzt los. Wir haben noch eine Menge zu tun. War nett, mit dir zu plaudern. Eins noch – wann ist die Sanierung beendet?«
»Beim nächsten Turmfest wird der Lambertiturm wieder ohne Gerüst sein.«
»Und wofür braucht ihr dann noch die Spenden?«
»Man merkt, daß du von unserer Arbeit nicht soviel Ahnung hast und nicht mehr in Breyell wohnst. Wir brauchen noch jede Menge Spenden für den Innenausbau des Turms. Wenn die Außentreppe fertig ist, dann wird der alte Lambert zum schönsten Aussichtsturm in ganz NRW. Darauf kannst du dich verlassen. Außerdem …«
Bevor Joosten zu einem ausschweifenden Bericht über die Arbeit des Förderkreises ausholen konnte, verabschiedete sich Frank von Joosten, der versonnen am Turm emporblickte und sich schon wieder ein neues Zigarillo anzündete. Frank ging mit Ecki Richtung Rathaus.
»Und, bist du nun schlauer?« Ecki schloß den Wagen auf, der vor dem Gebäude parkte.
»Vereinsklüngel, Böskes und Joosten haben Streit um eine Spende für den Turm. Das Geld gibt es nur bei einer Gegenleistung, an der einer aus dem Freundeskreis um Böskes verdienen soll. Außerdem haben wir ein bißchen in der Vergangenheit gekramt. War ganz nett. Zumindest weiß ich jetzt, wie der Mord wirklich passiert sein könnte.«
»Mach’s nicht so spannend. Spuck’s aus.«
»Der Frauenmörder, der nach Breyell kommt und Unschuldige abschlachtet. Und die Leiche dann für alle sichtbar ablegt. Wie eine Jagdbeute, was?«
»Wer sagt das? Joosten? Klingt doch gar nicht mal so abwegig.« Ecki bog an der Dorfkreuzung Richtung Kaldenkirchen ab.
»Und, wie willst du das beweisen? Wer soll denn der Täter sein? Der große Unbekannte, der wahllos im Land umherfährt und Frauen sucht? Da können wir gleich die Nadel in den Heuhaufen werfen, oder wie das heißt. Aber du kannst gerne mit dem LKA die Dateien abgleichen.«
»Bist ein bißchen durch den Wind, kann das sein?« Ecki war wie immer gut gelaunt, wenn er gegessen hatte. »Meine Frikadelle war übrigens prima. Und mit dem LKA werde ich schon noch telefonieren, keine Bange.«
»Wenigstens etwas«, brummte Frank und sah angestrengt aus dem Fenster.
»Vielleicht war es doch jemand aus dem Dorf und wollte die tote Heike auf geweihter Erde ablegen. Hast du mir nicht erzählt, daß früher am
Weitere Kostenlose Bücher