Der Lambertimord
diskutierten. Aber wie schon vermutet, waren die Erkenntnisse nicht wirklich neu. Die Auswertung der Sicherstellungen lief noch, die Aufarbeitung der Skinhead-Aktivitäten war umfangreicher als erwartet. Auf der Festplatte waren immer neue Adressen von irgendwelchen »Kampfgruppen« aufgetaucht. Da immer noch nicht auszuschließen war, daß Masuhr auch von Rivalen aus der Szene umgebracht worden sein könnte, war im Moment fast die ganze Soko mit der Abarbeitung der offenen Fragen beschäftigt. Zahlreiche Hinweise waren mittlerweile auch von den Kollegen aus der Provinz Limburg eingegangen. Meist bezogen sie sich auf die Neonazi-Szene. Zu einem möglichen Serientäter war nichts dabei. Auch Auswertungen der LKA-Recherchen zu einem möglichen Mehrfachtäter waren ohne Ergebnis geblieben. Die ungeklärten Todesfalle der vergangenen Jahre schienen nichts gemeinsam zu haben. Zumindest nichts, was auf ihren Fall passen könnte.
Peter Beuke war nicht zur Besprechung erschienen. Staatsanwalt Böllmann hatte durchblicken lassen, daß Beuke sich möglicherweise mit einem V-Mann treffen könnte, der in der Neonazi-Szene am Niederrhein aktiv war. Zu Böskes wollten sie dann doch erst später fahren.
Frank hatte am Morgen versucht, Lisa anzurufen. Aber es hatte sich mal wieder nur ihr Anrufbeantworter gemeldet. Offenbar war sie schon auf dem Weg zur Schule gewesen. Frank hätte gerne eine Nachricht hinterlassen. Nachdem er aber eine Zeitlang auf den Hörer in seiner Hand gestarrt hatte, ohne zu wissen, was er hätte sagen sollen, hatte er einfach wieder aufgelegt. Ohne Frühstück hatte er das Haus verlassen und war mit Ecki nach Breyell gefahren. Erst später im Präsidium war ihm eingefallen, daß er vergessen hatte, den Fernseher auszuschalten.
»So, dann wollen wir von Ihnen noch einmal hören, wie Sie Heike kennengelernt haben.« Frank hatte nach dem Wechseln der Tonspule wieder das Mikrofon eingeschaltet und nahe an Markus Jansen herangerückt.
»Aber das habe ich Ihnen doch schon alles dreimal erzählt.« Markus Jansen sah übernächtigt aus. Er trug immer noch seine schmutzige Tarnhose und ein viel zu großes Sweatshirt.
»Macht nix. Wir hören Ihnen gerne zu.« Ecki nickte ihm aufmunternd zu. Allerdings ohne großen Erfolg, denn der Sarkasmus in seiner Stimme war nicht zu überhören gewesen.
»Ich habe dem von gestern nichts hinzuzufügen.« Markus Jansen verschränkte die Arme vor der Brust.
Ecki wurde laut. »Hören Sie zu, es geht um Ihren Kopf. Ihnen werden zwei Morde vorgeworfen. Sie sollten mit uns kooperieren, es geht für Sie um viel. Um alles, um genau zu sein. Wenn Sie angeblich nichts mit den Morden zu tun haben, sollten Sie sich etwas einfallen lassen. Noch glauben wir Ihnen kein Wort. Also, wann und wo haben Sie Heike van den Hövel kennengelernt?«
Schweigen.
Frank versuchte es nun. »Herr Jansen, mein Kollege hat recht. Wenn Sie nichts zu Ihrer Entlastung beitragen können, sieht es verdammt schlecht für Sie aus. Der Staatsanwalt wird eine Mordanklage verfassen. Bei Doppelmord bedeutet das lebenslang. Und in diesem Fall heißt lebenslang deutlich mehr als 15 Jahre. Falls Sie überhaupt noch einmal freikommen sollten. Überlegen Sie also genau. Wenn Sie wollen, können Sie sich noch mit Ihrem Anwalt besprechen.«
Markus Jansen sah vor sich auf den Tisch. »Wie oft soll ich es Ihnen noch sagen? Ich habe mit den Morden nichts zu tun. Ich wußte bis gestern noch nicht einmal, daß Masuhr tot ist.«
»Haben Sie sich nicht gewundert, daß er nicht mehr bei Ihnen war?«
»Nein, warum sollte ich? Ich hatte noch genug zu essen dabei. Er ist sowieso nicht regelmäßig gekommen.«
Frank konnte merken, daß Markus Jansen nur widerwillig antwortete. Offenbar hatte eine weitere Vernehmung zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg. »Komm, Ecki, ich glaube, er braucht noch ein bißchen Bedenkzeit. Laß’ ihn wegbringen. Ich geh’ schon mal zum Parkplatz.« Im Hinausgehen drehte Frank sich noch einmal um. »Wissen Sie, daß Heike schwanger war?«
Markus Jansen wurde kreidebleich, sagte aber nichts.
XXX.
Das Gerüstbrett schwankte. Dieter Böskes ging vorsichtig bis zur nächsten Leiter. Das Gerüst hinter der Abdeckplane war leer. Die Arbeiter hatten wegen der Kälte nicht weitermachen können. Auf den Planken lag dicker Staub, hin und wieder mußte er auf dem Weg nach oben an kleinen, zusammengekehrten Schutthaufen vorbei. Noch waren nicht alle Stellen an den vier Turmseiten von bröckelndem
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