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Der Lambertimord

Der Lambertimord

Titel: Der Lambertimord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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schrecklicher Tod, dachte Böskes. Er hatte immer wieder versucht, sich vorzustellen, wie Heike wohl ausgesehen haben mochte, ob sie voller Blut gewesen war. Ob sie sehr gelitten hatte? Böskes fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. Er hatte sich immer wieder diffuse Bilder von dem Mord vor Augen geholt, dabei brachten ihn die Gedanken an ihren Tod fast um den Verstand. Aber Dieter Böskes wollte sich quälen.
    Eine Zeitlang hatte er in der Vorstellung gelebt, er könnte den Mörder von Heike finden und für seine Tat bestrafen. Er war in Gedanken alle Möglichkeiten durchgegangen, hatte die verschiedensten Mordtheorien durchgespielt, versucht, sich das Gesicht des Mörders vorzustellen. Stundenlang hatte er im Büro gesessen und sich auf diese Weise gequält. Geholfen hatte es nichts. Im Gegenteil. Es hatte ihn nur noch mehr erschöpft. Seine Sekretärin hatte sich Sorgen um ihn gemacht, Christa hatte ein paar Mal nachgefragt, aber er war allen immer nur ausgewichen.
    Wer konnte Heike umgebracht haben? Diese Frage bohrte auch jetzt wieder in ihm. Heike, meine Heike. Er sah wieder hinunter. Durch das Schneetreiben meinte er, die Konturen zu sehen, die die Polizei beim Fund ihrer Leiche mit Kreide auf das Pflaster gemalt hatten. Aber es war nur eine Sinnestäuschung, hervorgerufen durch die Schneeflocken, die vor seinem Gesicht trieben. Dieter Böskes schloß die Augen und schob die Hände tiefer in die Manteltaschen. So stand er minutenlang und spürte nur die leichten Berührungen der Flocken auf seinem Gesicht. Sie hatten etwas Jungfräuliches in ihrer zarten Berührung. Böskes streckte nun das Gesicht bewußt in den Himmel, um den Flocken mehr Fläche zu bieten. Sanft rieselten sie auf seine Wangen, Wimpern, auf seinen Mund. Wie Küsse.
    Immer wieder war er die Orte abgefahren, an denen er sich mit Heike getroffen hatte. Er war sogar ins E-Dry nach Geldern gefahren, in der Hoffnung, dort eine Spur aufnehmen zu können. Aber natürlich war er jedes Mal unverrichteter Dinge zurückgekommen. Die grelle Welt der Diskothek war nicht seine Welt, er hätte nicht gewußt, wo er nach Heikes Bekannten hätte fragen sollen. Er hatte sich aber auch nicht getraut, in den Hotels, ihren Hotels zu fragen, ob jemand Heike in Begleitung gesehen hatte. Die Herumfahrerei, die kurzen Besuche in den Hotel-Lobbys oder -Restaurants, das Wiedersehen mit den Orten, an denen er mit ihr für ein paar Stunden glücklich gewesen war, hatten ihn nur noch verzweifelter und trauriger werden lassen.
    Heike war auf brutale Weise aus seinem Leben gerissen worden, das mußte er akzeptieren. Und er mußte akzeptieren, daß er ihren Mörder nie würde zur Strecke bringen können. Bei dem Gedanken lachte er kurz auf. Er hatte bei seiner Suche sogar seine Jagdgewehre dabeigehabt, in der absurden Hoffnung, den Täter unmittelbar für seine Tat büßen zu lassen. Wie dumm und kindisch von ihm. Nun standen die Waffen wieder im Schrank. Er hatte Christa wortlos die Schlüssel dazu auf den Wohnzimmertisch gelegt.
    Wie Küsse. Die leichten Flocken wirbelten über sein Gesicht, das schon ganz naß war. Aber das spürte er nicht. Auch die Kälte hatte er aus seinen Gedanken vertreiben können. Weil ihm so warm war, hatte er sogar die Hände aus den Taschen genommen. Der schwere Mantel drückte auf seine Schultern. Die Turmuhr der Pfarrkirche schlug zur vollen Stunde. Es war an der Zeit. Dieter Böskes breitete die Arme aus und ließ sich fallen, Heike entgegen.
    Augenzeugen berichteten später, der Mann habe für einen kurzen Moment wie ein großer schwarzer Vogel in der Luft gehangen. Die Schöße seines Mantels seien beim Sturz aufgeflattert, von dem Aufprall vor dem Turm sei nicht mehr als ein dumpfes Klatschen zu hören gewesen. Obwohl einer der Streifenbeamten zufällig vom Rathausfenster den Sturz von Dieter Böskes miterlebt hatte und den Rettungswagen sofort informieren konnte, kam für den Bauunternehmer Dieter Böskes jede Hilfe zu spät.
    Kaum, daß sein Leichnam weggebracht worden war, standen schon zwei Kamerateams auf dem Markt und drehten Bilder von der Baustelle. Über die Blutlache war eine dicke Schicht Sägespäne gestreut worden. Die Journalisten waren alleine auf dem Markt. Das Dorf war wie ausgestorben. Die Reporter verschwanden schließlich in der nahen Imbißbude, auf der Suche nach einer heißen Mahlzeit und O-Tönen für ihre heiße Geschichte.

    Frank und Ecki standen mit dem Wagen in Hinsbeck vor Böskes Haus. Wie groß doch die

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