Der Lambertimord
Telefonkontakten kommen. So kommen wir mit Sicherheit an die Nummern, die sie angerufen hat, oder über die sie angerufen wurde.«
»Klasse, du sagst wir und meinst in Wirklichkeit doch nur wieder Ecki. Darf ich annehmen, daß ich wieder stundenlang hier sitzen und Bürokram machen darf? Und der Herr fährt alleine über Land und macht sich einen schönen Tag?« In Eckis Stimme mischten sich Galgenhumor und Frust.
»Klar, dann habe ich endlich Ruhe vor Dieter Bohlen, Gotthilf Fischer und Co.« Frank mußte unwillkürlich grinsen. Er war froh, daß er Ecki zum Freund und Kollegen hatte.
Ecki fiel die passende Retourkutsche ein. Er streckte sich und sah Frank von oben herab an wie ein eitler Dozent seine Studenten. Er wußte, diese Pose konnte sein Freund auf den Tod nicht ausstehen. »Übrigens, bevor ich es vergesse, mein Lieber, wir sollten noch mal zu dem alten van den Hövel fahren. Wir müssen uns noch dringend die Wohnung seiner toten Tochter ansehen. Das machen wir am besten jetzt gleich.«
»Ach nee, ich denk’, du wolltest Feierabend machen? Und sag jetzt bloß nicht, ich wäre selbst nicht drauf gekommen. Hör auf, mich wie einen Schuljungen zu behandeln. Brauchst gar nicht so überheblich zu tun. Du hast vielleicht einen Ton drauf. Ich weiß selber, was zu tun ist.«
Ecki grinste nur.
Frank ärgerte sich. Aber nicht so sehr über Eckis Vorschlag. In Wahrheit ärgerte er sich immer noch über seine Gedanken, die er sich über den Brief seiner geschiedenen Frau machte. Was sie bloß von ihm wollte?
»Schon gut, schon gut. War ja nur ein nett gemeinter Vorschlag.« Ecki tat jetzt beleidigt und zog die Schultern hoch. Abwehrend hob er die Hände. Aber er konnte sich sein Lachen nur mit Mühe verkneifen. »Du bist aber auch empfindlich. Mann. Sieh bloß zu, daß du deinen Hormonhaushalt wieder in die Reihe kriegst.«
»Quatsch keine Opern und komm schon. Ich habe heute abend doch nichts Besseres vor.« Das war glatt gelogen. Er mußte dabei an Lisa denken.
Ecki machte keine Anstalten, das Büro zu verlassen, und sah statt dessen Frank mit merkwürdigem Grinsen an.
»Is’ noch was?«
»Schrievers war nicht mehr da, und von den Viersener Kollegen habe ich auch niemanden mehr angetroffen. Dafür habe ich Laumen aus der Verwaltung getroffen. Möchte mal wissen, was der um diese Uhrzeit noch im Präsidium zu suchen hat. Er ist doch sonst immer der erste, der mit seiner Aktentasche in der Hand am Ausgang auf den Feierabend wartet.«
Frank mußte lachen bei dem Gedanken.
»Na, jedenfalls hat er gemeint, wir sollen endlich den CD-Player aus unserem Dienstwagen ausbauen. Er meint, laut Vorschrift sowieso, hat Unterhaltungselektronik, zumal private, nichts in Dienstfahrzeugen zu suchen. Er sei es leid, das immer wieder anzumahnen. Wenn wir den CD-Player nicht freiwillig ausbauen, will er ihn bei der nächsten Inspektion einziehen lassen.«
Wenn es galt, gemeinsam gegen die Verwaltung zu Felde ziehen zu können, standen Frank und Ecki wie eine Front. »Pffft, der Sesselpupser soll mal schön in seinem warmen Büro bleiben und seine Vorschriften abstauben. Der CD-Player bleibt drin.«
»So was ähnliches habe ich ihm auch gesagt.«
»Dann sind wir uns ja wenigstens in diesem Punkt ausnahmsweise mal einig. Du mußt jetzt nur noch die richtige Musik hören. Blues zum Beispiel. Von deiner Volksmusik verkleben nämlich irgendwann die empfindlichen Tonköpfe. Und der CD-Player war schließlich teuer genug.«
Das hätte Frank besser nicht gesagt. Auf dem Weg zum Auto und während der Fahrt nach Kaldenkirchen stritt Ecki ausdauernd über die Frage, wer nun die einzig wahre ultimative Musik spielte: Stefan Mross auf seiner Trompete oder B.B. King auf seiner Lucille. Frank war sich seiner Sache ganz sicher.
X.
Sie hatten van den Hövel trotz der späten Stunde noch in seinem Büro angetroffen. Offenbar lenkte ihn die Arbeit vom Schmerz über den Tod seiner Tochter ab. Er war gerade dabei, Papiere zu ordnen, als Frank und Ecki auf den Hof fuhren und ins Büro kamen. Überall auf dem Sideboard und van den Hövels Schreibtisch lagen aufgeschlagene Ordner, selbst im Nebenraum hatte er auf dem Schreibtisch seiner Sekretärin Aktenordner verteilt. Frank wunderte sich über die Betriebsamkeit des Obstbauern. Andererseits reagierte jeder Mensch anders auf den Tod eines nahen Angehörigen, dachte Frank. Bereitwillig war van den Hövel zu ihnen in den Wagen gestiegen und mit ihnen nach Hinsbeck gefahren. Gleich am
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