Der Lambertimord
Küchenschrank aus den zwanziger Jahren, sogar im alten Bücherregal standen und lagen passend zur Vorweihnachtszeit allerlei Engelsfiguren in den unterschiedlichsten Formen und Größen, dazu viele Bären, große und kleine, die meisten von ihnen offenbar von Hand genäht. Vom Wohnraum aus ging es über Eck ins Bad und ins Schlafzimmer. Während im kleinen Badezimmer das reinste Chaos aus Dutzenden Duschgels, Shampoos, Kurpackungen, Badezusätzen, Seifenstücken, Parfümflakons, Handtüchern und Bademantel herrschte, war hingegen das Schlafzimmer geradezu penibel aufgeräumt. Viel mehr als ein Schrank voller Hosen, Pullovern, T-Shirts, Blusen und Unterwäsche sowie ein großes Bett und ein Korbsessel hatte sowieso kaum Platz in dem Raum. Denn in einer Ecke war noch eine Schreibecke mit Computer und Drucker eingerichtet.
Frank drehte sich zu Toni van den Hövel um: »Können Sie auf Anhieb sagen, ob Ihnen etwas ungewöhnlich vorkommt?«
»Das weiß ich nicht. Ich war schon länger nicht mehr in der Wohnung meiner Tochter. Aber auf den ersten Blick sieht es so aus wie immer. So, als habe sie gerade erst die Wohnung verlassen.« van den Hövel wurde plötzlich kreideweiß im Gesicht und stützte sich am Schrank ab. »Ich glaube, ich muß mich mal setzen.«
Zusammen gingen sie ins Wohnzimmer, van den Hövel setzte sich auf das Sofa. Ecki verschwand in der Küche und Frank konnte ihn an der Spüle hantieren hören. Mit einem Glas Wasser kam er zurück, van den Hövel nahm das Glas dankbar entgegen und trank in kleinen Schlucken.
»Ich kann einfach nicht begreifen, daß Heike tot sein soll. Wer tut so etwas? Ich begreife das alles nicht.« Hilfesuchend sah van den Hövel die beiden Polizeibeamten an und hielt das Glas mit beiden Händen umspannt. Frank sah, wie die Knöchel weiß hervortraten. Wenn er noch fester zudrückt, dachte Frank, würde das Glas in van den Hövels Händen zerspringen.
»Das herauszufinden, ist unsere Aufgabe. Aber bei der Aufklärung der Todesumstände Ihrer Tochter müssen Sie schon mithelfen«, meinte Ecki, der zu Franks Erstaunen ungewöhnlich sanfte Töne anschlug.
»Wissen Sie, mit wem sich Ihre Tochter in ihrer Freizeit getroffen hat? Hatte sie einen Freund?« Frank sah van den Hövel an.
»Wissen sie, Herr Kommissar, meine Tochter war 28 Jahre alt. Da gab’s natürlich immer wieder mal jemanden, den ein oder anderen jungen Mann, aber nichts Festes. Das war mir auch ganz recht so, denn ich habe Heike in der Firma gebraucht. Sie sollte doch das Geschäft später einmal übernehmen.« Überwältigt von den Erinnerungen an seine Tochter, setzte van den Hövel das Glas ab, schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte laut auf.
»Es tut uns wirklich leid, Sie damit jetzt konfrontieren zu müssen, aber wir dürfen keine Zeit verlieren. Hatte Ihre Tochter eine Freundin, eine Vertraute, die uns vielleicht weiterhelfen könnte? Frauen haben immer eine beste Freundin. Kennen Sie Namen oder Telefonnummern? Wir haben bei Ihrer Tochter nichts Verwertbares gefunden, was uns weiterhelfen könnte.«
»Bis auf Heikes Handy, aber das macht uns im Moment noch ein paar Probleme.« Ecki hatte sein ledernes Notizbuch zur Hand genommen. van den Hövel sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wirklich. Ich weiß im Augenblick sowieso nichts. Können Sie mich für heute nicht einfach in Ruhe lassen? Der Tag war schwer genug für mich. Können wir nicht morgen weiterreden? Ich bin sehr müde.«
Ecki schüttelte den Kopf. »Wir müssen uns noch etwas genauer in der Wohnung umsehen. Hatte Ihre Tochter ihren PC mit einem Paßwort gesichert?« van den Hövel zuckte mit den Schultern.
»Egal, das werden die Kollegen schon herausfinden. Wollen Sie mir nicht endlich sagen, warum Sie gestern Abend früher als gewöhnlich aus der Spielhalle in Breyell weg sind?«
van den Hövel zog die Augenbrauen hoch und sah Ecki erstaunt und verwirrt an. »Woher wissen Sie das?« Dann fuhr er zögernd fort: »Ich mußte mit Heike reden, weil ich unbedingt noch Unterlagen für die Steuererklärung zusammenstellen muß. Die Prüfer vom Finanzamt haben sich angemeldet. Aber als ich gestern Abend hier geklingelt habe, hat sie nicht aufgemacht. Und an ihr Handy ist sie auch nicht gegangen. Und später war es dann ausgeschaltet.«
Frank und Ecki sahen sich an. »Eben haben Sie noch gesagt, Sie seien schon länger nicht hier gewesen.«
»Ich war nicht hier in der Wohnung, ich habe nur unten geklingelt.«
Frank
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