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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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despotisch verlangt. Sie war gebildet und drückte sich mit jener geistreichen Beredsamkeit aus, die in Frankreich zugleich selten und häufig ist, wo bei vielen Frauen die hübschesten Worte inhaltlos sind, während alles, was sie sagte, zugleich sinnvoll war. Endlich besaß sie vor allem ein tiefes Gefühl ihrer Würde, das Respekt einflößte; ich weiß mir für eine Gattin nichts Schöneres. Ich halte ein, Hauptmann! Eine geliebte Frau schildert man immer nur sehr unvollkommen; zwischen ihr und uns bestehen von vornherein Geheimnisse, die der Analyse entgehen. Bald hatte ich meinem alten Freunde meine Liebe gestanden. Er stellte mich der Familie vor und unterstützte mich mit seiner achtunggebietenden Autorität. Obwohl ich anfangs mit jener kühlen Höflichkeit aufgenommen wurde, die exklusiven Leuten eigen ist, welche die Freunde, die sie einmal aufgenommen haben, nicht wieder aufgeben, gelang es mir später, im Familienkreise zugelassen zu werden. Zweifelsohne verdankte ich diesen Achtungsbeweis dem Benehmen, das ich in diesem Falle zeigte. Trotz meiner Leidenschaft tat ich nichts, was mich in meinen Augen herabsetzen konnte, zeigte keine servile Nachgiebigkeit, schmeichelte denen, von denen mein Schicksal abhing, nicht; ich gab mich so, wie ich war, und vor allem als Mann. Als man meinen Charakter gut kennengelernt hatte, sprach mein alter Freund, der ebensosehr wie ich mein trauriges Zölibat beendigt zu sehen wünschte, von meinen Hoffnungen. Man nahm sie günstig, aber mit jener Feinheit auf, welche Leute von Welt selten ablegen. Und in dem Verlangen, mir ›eine gute Partie‹ zu verschaffen – ein Ausdruck, der aus einer so feierlichen Angelegenheit eine Art Handelsgeschäft macht, wobei der eine der beiden Gatten den anderen zu betrügen sucht –, bewahrte der Greis über das, was er meine Jugendirrung nannte, Schweigen. Seiner Meinung nach würde die Existenz meines Kindes moralische Bedenken hervorrufen, mit denen verglichen die Vermögensfrage nichts bedeuten würde, und die einen Bruch herbeiführen dürften. Er hatte recht.
    »Das wird eine Angelegenheit sein,« sagte er zu mir, »die sich sehr gut zwischen Ihnen und Ihrer Frau erledigen wird, von der Sie leicht eine schöne und gute Verzeihung erlangen werden!«
    Um meine Bedenken zum Schweigen zu bringen, vergaß er keinen der verfänglichen Vernunftschlüsse, welche die übliche Weltklugheit eingibt. Ich will Ihnen gestehen, mein Herr, daß trotz meines Versprechens mein erstes Gefühl mich antrieb, dem Familienoberhaupte alles ehrlich zu entdecken; seine Strenge jedoch machte mich nachdenklich, und die Folgen dieses Geständnisses erschreckten mich; feige fand ich mich mit meinem Gewissen ab, beschloß zu warten und von meiner Braut genügende Liebesbeweise zu erhalten, um mein Glück durch ein gefährliches Geständnis nicht aufs Spiel zu setzen. Meinen Entschluß, alles in einem günstigen Augenblicke zu gestehen, rechtfertigte die Sophismen der Welt und des klugen Greises. Ich wurde also ohne Wissen der Hausfreunde als zukünftiger Gatte bei den Eltern des jungen Mädchens angenommen. Die unterscheidende Charaktereigenschaft solcher frommer Familien ist eine grenzenlose Diskretion; man schweigt sich dort über alles, selbst über die gleichgültigsten Dinge aus. Sie können sich nicht vorstellen, mein Herr, welche Tiefe solch ein sanfter Ernst, der sich auf die geringsten Handlungen erstreckt, den Gefühlen verleiht. Alle Beschäftigungen dort waren nützlich, die Frauen verwandten ihre Muße dazu, Wäsche für die Armen zu nähen; die Unterhaltung war niemals leichtfertig, doch war das Lachen nicht aus ihr verbannt, wiewohl die Scherze dort harmlos und ohne Schärfe waren. Die Reden solcher orthodoxen Leute muteten anfangs merkwürdig an, da sie des Pikanten entbehren, das üble Nachrede und Skandalgeschichten den weltlichen Unterhaltungen verleihen, denn nur der Vater und der Oheim lasen die Zeitungen, und niemals hatte meine Braut einen Blick in jene Blätter geworfen, deren harmlosestes noch von Verbrechen oder öffentlichen Lastern spricht. Später aber hatte die Seele in dieser reinen Atmosphäre die Empfindung, welche die Augen beim Anblick grauer Farbtöne haben: eine süße Erholung und eine sanfte Ruhe. Dem Anscheine nach war es ein Leben von schrecklicher Einförmigkeit. Der innere Anblick dieses Hauses hatte etwas Eisiges: ich sah dort täglich alle Möbel, selbst die am meisten gebrauchten, genau in der nämlichen Weise

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