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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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bei mir anrichten könnten? Luxus gehört in Hotels, Schlösser, Damenzimmer und Räume für Freunde. Kurz, ich halte mich hier höchstens zum Schlafen auf, was bedeutet mir also der Tand des Reichtums? Ueberdies wissen Sie nicht, wie gleichgültig mir alles hienieden ist.«
    Sie sagten sich einen freundschaftlichen guten Abend, schüttelten sich herzlich die Hände und legten sich schlafen. Der Major schlummerte nicht ein, ohne sich mehr als einen Gedanken über diesen Mann zu machen, der von Stunde zu Stunde in seinem Geiste größer wurde.

II
Quer durch Felder
    Die Freundschaft, die jeder Reiter zu seinem Tiere hegt, führte Genestas schon frühmorgens in den Stall, und er war zufrieden damit, wie Nicolle sein Pferd gestriegelt hatte.
    »Schon aufgestanden, Major Bluteau?« rief Benassis, der seinem Gaste entgegenkam. »Sie sind wirklich ein Soldat, überall hören Sie die Reveille, selbst auf dem Dorfe.«
    »Geht's gut?« antwortete ihm Genestas und streckte ihm in einer Regung von Freundschaft die Hand entgegen.
    »Mir geht's niemals wirklich gut,« antwortete Benassis in einem halb traurigen und halb frohen Tone.
    »Hat der Herr gut geschlafen?« fragte Jacquotte Genestas.
    »Donnerwetter! meine Schöne, Sie hatten mir das Bett wie für eine Neuvermählte zurechtgemacht!«
    Jacquotte folgte lächelnd ihrem Herrn und dem Offizier. Nachdem sie die beiden sich zu Tisch hatte setzen sehen, sagte sie zu Nicolle:
    »Trotzdem ist er ein guter Bursche, der Herr Offizier.
    »Will's meinen, er hat mir bereits vierzig Sous geschenkt!« »Wir wollen damit anfangen, zwei Tote zu besuchen,« sagte Benassis zu seinem Gast, als sie das Eßzimmer verließen. »Wiewohl die Aerzte sich selten ihrem angeblichen Opfer gegenübersehen wollen, werd' ich Sie in zwei Häuser führen, wo Sie eine recht seltsame Beobachtung über die menschliche Natur machen können. Dort sollen Sie zwei Bilder sehen, die Ihnen beweisen werden, wie verschieden im Ausdruck ihrer Gefühle Bergbewohner von den Leuten in der Ebene sind. Der unterhalb der Bergspitzen gelegene Teil unseres Bezirks bewahrt Sitten von antiker Färbung, die von fern an die Szenen der Bibel erinnern. Auf der Kette unserer Berge gibt's eine von der Natur gezogene Linie, von der an gerechnet alles sein Aussehen ändert: oben Kraft, unten Gewandtheit; oben starke Gefühle, unten fortwährender Ausgleich mit den Interessen des materiellen Lebens. Bis auf das Tal von Ajou, dessen Nordseite von Schwachsinnigen und dessen Südseite von intelligenten Leuten bewohnt ist, zwei Bevölkerungen, die, nur durch einen Bach getrennt, in jeder Beziehung, in Statur, Gang, Physiognomie, Sitten und Beschäftigungen einander unähnlich sind, habe ich an keiner Stelle diesen Unterschied mehr zutage treten sehen als hier. Diese Tatsache würde die Verwalter eines Landes zu eingehenden lokalen Studien hinsichtlich der Anwendung der Gesetze auf die Massen verpflichten ... Doch die Pferde sind bereit, reiten wir!«
    In kurzer Zeit langten die Reiter bei einer Behausung an, die sich in dem Teile des Fleckens befand, der nach den Bergen der Grande-Chartreuse hin lag. Vor der Türe dieses Hauses, das in gutem Zustände war, bemerkten sie einen mit einem schwarzen Tuche bedeckten Sarg, der auf zwei Stühle inmitten von vier Kerzen gesetzt worden war, dann auf einem Schemel ein Kupferbecken, in welchem ein Buchsbaumbüschel in Weihwasser lag. Jeder Vorübergehende trat in den Hof, kniete vor der Leiche nieder, betete ein Vaterunser und sprengte einige Weihwassertropfen auf die Bahre. Oberhalb des schwarzen Tuchs erhoben sich die grünen Büschel eines neben die Türe gepflanzten Jasmins, und in der Höhe des Oberlichts zogen sich die gewundenen Ranken eines schon belaubten Weinstocks hin. Ein junges Mädchen kehrte gerade den Platz vor dem Hause fertig, um dem unbestimmten Bedürfnis nach Schmuck zu gehorchen, den die Zeremonien, selbst die traurigste von allen, einflößen. Der älteste Sohn des Toten, ein junger zweiundzwanzigjähriger Bauer, stand unbeweglich an den Türpfosten gelehnt. In den Augen hatte er Tränen, die rollten, ohne zu fallen, oder die er vielleicht dann und wann heimlich abwischte. Im Moment, da Benassis und Genestas in den Hof traten, nachdem sie ihre Pferde an eine der Pappeln angebunden hatten, die längs einer kleinen Mauer von Brusthöhe standen, von wo aus sie die Szene betrachtet hatten, kam die Witwe in Begleitung einer Frau, die einen vollen Milchtopf trug, aus ihrem

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