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Der lange Schatten

Titel: Der lange Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra von Grote
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Ende des Flurs stand eine Tür offen, die direkt in die Küche führte. Wände und Decke glänzten speckig und verrußt und hatten seit Jahrzehnten keinen frischen Anstrich mehr gesehen. In der Spüle stand ein Berg schmutziges Geschirr. Der Geruch nach Verbranntem vermischte sich mit dem Gestank von verdorbenem Essen.
    Der angrenzende Raum war groß und wurde offenbar als Schlaf- und Wohnraum genutzt. Vollgestopft mit alten Möbeln, einem Haufen Männerklamotten, Altpapier und Müll, vermittelte das Zimmer einen chaotischen Eindruck. Neben einer auf dem Boden liegenden Matratze mit zerwühltem Bettzeug stand ein alter Fernsehapparat. Leere Bierdosen, Weinflaschen, angebrochene Konservendosen und Baguettereste türmten sich auf zwei Holztischen. Drei Kollegen von der Spurensicherung warteten darauf, dass sie zum Einsatz kamen. Der Polizeifotograf hatte seine Arbeit soeben beendet und übergab Jean-Marc den Chip aus seiner Digitalkamera.
    Claudine und Franck standen bei Brigitte Foucart, die sich über den Leichnam des Opfers beugte. LaBréa begrüßte die Anwesenden knapp und warf einen ersten Blick auf den Toten. Dieser lag rücklings auf dem schmutzverkrusteten Laminatfußboden, beide Hände weit von sich gestreckt. Sein großes, quadratisches Gesicht wirkte noch jung. LaBréa schätzte ihn auf Anfang zwanzig. Die rotblonden Haare waren halblang geschnitten und bedeckten die Ohren. Der Mann trug eine helle, fleckige Cargohose. Er war barfuß, und LaBréa stellte erstaunt fest, dass er für einen Mann relativ kleine Füße hatte. Das weiße, langärmelige T-Shirt war blutgetränkt.
    »Brustschuss«, bemerkte Brigitte Foucart trocken. »Und zwar aus nächster Nähe. Welches Teil des Herzens hauptsächlich betroffen ist, sehe ich bei der Autopsie. Vielleicht Vorhof oder Herzkammer. Der hohe Blutverlust erklärt sich durch innere Blutungen im Gewebe.«
    LaBréa ging neben Brigitte in die Hocke.
    »Siehst du die klaffenden Wundränder?«, fragte sie ihn. »Sie lassen sich nicht schließen. Eindeutiges Anzeichen für den Einschuss.«
    »Also wurde er von vorn erschossen.«
    »Richtig. Die Kugel ist durch das T-Shirt in die Brust gelangt.«
    LaBréa nickte. Er sah den schwärzlichen Abstreifring auf dem T-Shirt, dort, wo die Kugel eingedrungen war. Vorsichtig drehte Brigitte den Leichnam um. Auf dem Rücken klaffte eine weitere Wunde.
    »Der Ausschuss«, meinte Brigitte. »Der Beweis dafür: Die Wunde hier am Rücken ist sternförmig und aufgeplatzt.« Vorsichtig betastete sie die Hautfetzen. »Die Wundränder können zur Deckung gebracht werden. Also ein glatter Durchschuss.«
    LaBréa drehte sich zu Jean-Marc. »Was ist mit der Tatwaffe?«
    »Bisher haben wir nichts gefunden, Chef.« Der Paradiesvogel strich sich über seinen kurzen Bürstenhaarschnitt, der heute mit einer lila Strähne verziert war, passend zur Jacke.
    »Suchen Sie alles gründlich ab. Irgendwo hier sollten Projektil und Geschosshülse liegen.« LaBréa gab den Mitarbeitern der Spurensicherung einen Wink, damit diese sich an die Arbeit machen konnten.
    »Ich tippe auf eine großkalibrige Waffe«, fuhr LaBréa fort. »Wie lange ist er schon tot, Brigitte?«
    »Noch nicht lange. Die Totenstarre ist noch nicht einmal zur Hälfte ausgeprägt. Ich habe gleich nach meiner Ankunft seine Körpertemperatur gemessen. Nach einer ersten Schätzung ist er höchstens sechs Stunden tot.«
    LaBréa blickte auf seine Uhr. Es war kurz nach elf.
    »Dann ist er in den frühen Morgenstunden erschossen worden. Zwischen vier und fünf. Vielleicht auch später.« Er drehte sich zu Claudine um. »Wie heißt der Mann?«
    »Luc Chambon. Zweiundzwanzig Jahre alt. Sein Personalausweis lag zwischen den leeren Flaschen auf dem Tisch. Hat die Wohnung hier vor einem halben Jahr gemietet.«
    »Wer hat ihn gefunden?«
    »Der Hausbesitzer. Sein Name ist Dominique Faubin. Heute Morgen kurz nach halb zehn hat er an die Küchentür von Luc Chambon geklopft.«
    »Was wollte er?«
    »Ihm die Kündigung überbringen. Die beiden Nebengebäude hier im Hof sollen abgerissen werden.«
    »Wo ist der Mann jetzt?«
    »Zu Hause. Er wohnt ein paar Straßen weiter. Ich habe ihm schon gesagt, dass Sie sicher mit ihm reden wollen, Chef.«
    »Irgendwelche Zeugen? Hat jemand was gehört oder gesehen?«
    Claudine schüttelte den Kopf.
    »Hier im Haus nicht, Chef.«
    LaBréa runzelte die Stirn.
    »Ein Schuss in den frühen Morgenstunden – und niemand hört was?«
    »Auch falls kein Schalldämpfer verwendet

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