Der lange Traum vom Glück
aller Ruhe hätten reden können.
Es stimmte, dass er, seitdem er auf dem Broadway Erfolg gehabt hatte, sich gelegentlich gezwungen sah, an Orten und mit Menschen zu verkehren, die ihm nicht unbedingt lagen. Aber er mochte es nicht. Er wollte nur das, was er schon immer gewollt hatte – in der Lage sein, ohne allzu große Probleme seine Musik schreiben zu können.
Nick starrte einen der uniformierten Türsteher nieder, der ihn offensichtlich für leicht suspekt hielt.
Da hast du verdammt recht, Mann, dachte Nick sarkastisch. Zack und Rachel und der Rest der Stanislaskis mochten ihn vielleicht vor dem Gefängnis bewahrt haben, aber noch immer steckte ihm irgendwo ganz tief drin der rebellische einsame Junge in den Knochen.
Sein Stiefbruder Zack hatte ihm vor über einem Jahrzehnt sein erstes Klavier geschenkt, und Nick konnte sich noch wie heute an das unerhörte Glücksgefühl erinnern, das ihn angesichts der Tatsache überschwemmt hatte, dass jemand, irgendjemand, genug für ihn empfand, um seine geheimsten Träume erraten zu können. Nein, das hatte er Zack niemals vergessen, und er würde ihm ewig dankbar dafür sein.
Natürlich hatte er sich im Laufe der Jahre verändert. Wer nicht? Er suchte schon lange keinen Streit mehr. Es war ihm immens wichtig, der Familie, die ihn akzeptiert und in ihrer Mitte aufgenommen hatte, keine Schande zu bereiten. Aber er war trotzdem noch immer Nick LeBeck, ehemaliges Mitglied einer kriminellen Straßengang, ehemaliger Taschendieb, Betrüger und Spieler, der Junge, der Rachel Stanislaski zum ersten Mal in seinem Leben auf der falschen Seite der Gitterstäbe begegnet war.
Der Anzug legte nur eine dünne Schicht zwischen damals und heute.
Er zerrte missmutig an seiner Krawatte, die er verabscheute. Er dachte nicht oft an damals zurück. Es gab keinen Grund dafür. Aber irgendetwas an Freddie veranlasste ihn, zurückzuschauen.
Als er sie das erste Mal gesehen hatte, war sie dreizehn gewesen und hatte ihn an eine Porzellanpuppe erinnert. Sie war niedlich gewesen damals, hübsch, süß – und harmlos. Und er hatte sie geliebt. Natürlich hatte er das. Wie man seine kleine Cousine eben liebt. Die Tatsache, dass sie jetzt eine erwachsene Frau war, änderte daran nichts. Er war sechs Jahre älter, eben immer noch der ältere Cousin.
Aber die Frau, die jetzt aus dem Fahrstuhl trat, sah nicht aus wie die Cousine von irgendwem.
Was zum Teufel hatte sie mit sich angestellt? Nick rammte die Hände in die Hosentaschen und schaute ihr finster entgegen, während sie in diesem kurzen, eng anliegenden Fummel von der Farbe reifer Aprikosen die Lobby durchquerte. Das Haar hatte sie sich hochgesteckt, sodass ihr schlanker Hals und ihre glatten Schultern zum Küssen verlockten. An ihren Ohrläppchen glitzerten kleine Edelsteine, und in dem Tal zwischen ihren Brüsten ruhte ein wie eine Träne geformter Saphir.
Ein allgemein bekannter weiblicher Trick, wie Nick wusste, um den Blick eines Mannes auf jene verführerische Stelle zu lenken und dafür zu sorgen, dass es ihm in den Fingerspitzen juckte.
Selbstverständlich juckten seine nicht, aber er behielt sie doch lieber in den Hosentaschen.
Ihre Grübchen vertieften sich, als sie ihn erspähte, und er konzentrierte sich auf ihr Gesicht, was ihm weiser erschien, als ihre Beine einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.
„Hi, Nick. Ich hoffe, ich habe dich nicht zu lange warten lassen“. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den linken Mundwinkel. „Du siehst wundervoll aus“.
„Ich kann wirklich nicht einsehen, warum wir uns derart in Schale schmeißen müssen, nur um etwas zwischen die Zähne zu kriegen“.
„Damit ich das Kleid anziehen kann, das ich mir heute gekauft habe“. Sie drehte lachend eine Pirouette. „Gefällt es dir?“
Er konnte von Glück reden, dass ihm nicht die Zunge heraushing … „Ganz nett. Das, was von einem Kleid da ist. Du wirst dir einen Schnupfen holen“.
Sie trug sein Urteil mit Fassung. „Das glaube ich nicht. Der Wagen wartet draußen“. Sie nahm seine Hand, während sie aus dem Hoteleingang traten und auf die schwarze Limousine zugingen, die an der Ecke auf sie wartete.
„Du hast eine Limo gemietet? Um damit zum Essen zu fahren?“
„Ich hatte Lust, mich ein bisschen zu verwöhnen“. Sie warf dem Fahrer ein Lächeln zu, bevor sie geschmeidig in den Wagen glitt. „Du bist mein erstes Date in New York“.
Es war beiläufig dahingesagt, ganz so, als ginge sie wie
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