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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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zurück und schalt mich für solche Gedanken. Sobald wir uns in der Luft befanden, verlor sich meine Nervosität, und ich studierte die Landschaft Äthiopiens, wobei ich mir vorstellte, wie sich Guerillastreitkräfte in ebendiesen Wäldern versteckt hatten, um gegen die italienischen Imperialisten zu kämpfen.
    In früheren Zeiten als Abyssinia bekannt, wurde Äthiopien der Überlieferung nach lange vor Christi Geburt vom Sohn Salomons und der Königin von Saba gegründet. Obwohl Dutzende von Malen erobert, war Äthiopien der Geburtsort des afrikanischen Nationalismus. Anders als viele andere afrikanische Staaten hatte es immer wieder gegen den Kolonialismus gekämpft. Menelik hatte die Italiener im vorigen Jahrhundert zurückgeschlagen, obwohl Äthiopien sie in diesem Jahrhundert nicht aufhalten konnte. 1930 wurde Haile Selassie Kaiser und prägende Kraft der zeitgenössischen äthiopischen Geschichte. Ich war siebzehn, als Mussolini Äthiopien überfiel, eine Invasion, die nicht nur meinen Haß gegen jenen Despoten schürte, sondern gegen den Faschismus im allgemeinen. Zwar mußte Selassie fliehen, als die Italiener 1936 Äthiopien eroberten, doch kehrte er zurück, nachdem die Alliierten die Italiener 1941 vertrieben hatten.
    Äthiopien hatte in meiner Phantasie immer einen besonderen Platz eingenommen, und die Aussicht, dieses Land zu besuchen war für mich anziehender als eine Reise nach Frankreich, England und Amerika zusammen. Ich hatte das Gefühl, meine eigenen Ursprünge aufzusuchen, die Wurzeln dessen aufzudecken, was mich zum Afrikaner machte. Dem Kaiser selbst zu begegnen würde sein wie ein Handschlag mit der Geschichte.
    Unser erster Halt war Addis Abeba, die Kaiserstadt, die ihrem Titel allerdings nicht gerecht wurde, denn sie war alles andere als großartig mit nur einigen geteerten Straßen und mehr Ziegen und Schafen als Autos. Außer dem Kaiserpalast, der Universität und dem Ras-Hotel, wo wir wohnten, gab es nur wenige Gebäude, die sich auch nur mit den am wenigsten eindrucksvollen Gebäuden von Johannesburg vergleichen ließen. Das zeitgenössische Äthiopien war auch nicht gerade ein Vorbild, wenn es um die Demokratie ging. Es gab keine politischen Parteien, keine volkstümlichen Regierungsorgane, keine Gewaltenteilung – nur den Kaiser, der allmächtig war.
    Vor der Eröffnung der Konferenz versammelten sich die Delegierten in dem winzigen Städtchen Debra Zaid. Auf dem Hauptplatz war eine Tribüne errichtet worden, und Oliver und ich saßen auf der Seite, abseits vom Hauptpodium. Plötzlich hörten wir aus einiger Entfernung die Klänge einer einzelnen Trompete sowie einer Blechband, begleitet vom regelmäßigen Rhythmus afrikanischer Trommeln. Während die Musik sich näherte, hörte – und fühlte – ich das Stampfen von Hunderten von marschierenden Füßen. Hinter einem Gebäude am Rande des Platzes tauchte ein Offizier auf, der einen glänzenden Degen schwang, und ihm folgten auf dem Fuß 500 schwarze Soldaten in Viererreihen, jeder mit einem auf Hochglanz polierten Gewehr an der uniformierten Schulter. Nachdem die Soldaten vor die Tribüne marschiert waren, erscholl auf amharisch ein Befehl, und die 500 Soldaten hielten wie ein Mann, vollführten eine Wende und salutierten zackig vor einem ältlichen Mann in glanzvoller Uniform, Seiner Hoheit dem Kaiser von Äthiopien, Haue Selassie, dem Löwen von Judah.
    Hier sah ich zum erstenmal in meinem Leben schwarze Soldaten, kommandiert von schwarzen Generälen, applaudiert von schwarzen Führern, die alle Gäste eines schwarzen Staatsoberhauptes waren. Es war ein berauschender Augenblick. Ich hoffte nur, es sei eine Vision dessen, was die Zukunft für mein eigenes Land brachte.
    Am Morgen nach der Parade besuchten Oliver und ich ein Meeting, auf dem jede Organisation ihre Akkreditierung beantragen mußte. Wir waren unangenehm überrascht, als wir feststellen mußten, daß ein Delegierter aus Uganda unseren Antrag blockierte, mit der Begründung, wir seien eine Stammesorganisation der Xhosa. Ich hätte diese Behauptung am liebsten verächtlich ignoriert, doch Oliver meinte, wir sollten einfach erklären, daß unsere Organisation gebildet worden sei, um Afrikaner zu vereinen, und daß unsere Mitglieder aus den verschiedensten Stämmen und Schichten stammten. Dies tat ich und fügte hinzu, daß der Präsident unserer Organisation, Häuptling Luthuli, ein Zulu sei. Unser Antrag wurde akzeptiert. Mir wurde klar, daß viele Leute auf dem

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