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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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begleiten, erklärte er: »Nel, du mußt allein mit ihm reden. Dann kannst du völlig offen sein.«
    Ich verbrachte den ganzen Tag mit Kapwepwe und hörte von ihm eine Geschichte, wie sie verblüffender nicht sein konnte. »Wir waren von deiner Rede gewaltig beeindruckt«, erklärte er, »und überhaupt von eurer ganzen ANC-Delegation. Wenn wir eure Organisation danach beurteilen sollten, so würden wir sicher auf eurer Seite stehen. Doch wir haben beunruhigende Berichte gehört vom PAC, dahingehend, daß Umkhonto We Sizwe ein Kind der Communist Party und der Liberal Party ist und daß die Idee der Organisation ausschließlich darin besteht, Afrikaner als Kanonenfutter zu verheizen.«
    Ich war wie vom Donner gerührt. Dann platzte ich heraus, mir sei unverständlich, daß er nicht selbst erkennen könne, wie verdammt erlogen diese Geschichte sei. »Erstens«, sagte ich, »ist allgemein bekannt, daß die Liberal Party und die Communist Party Erzfeinde sind und nicht zusammenkommen könnten, um auch nur Karten zu spielen. Zweitens bin ich hier, um dir, selbst auf die Gefahr der Unbescheidenheit hin, zu sagen, daß ich selbst die Triebfeder hinter der Bildung des MK war.« Ich fügte noch hinzu, ich sei tief enttäuscht darüber gewesen, daß der PAC solche Lügen verbreitete.
    Am Ende des Tages hatte ich Kapwepwe überzeugt, und er sagte, er werde ein Treffen einberufen und unseren Fall selbst vertreten – was er auch tat. Aber es war ein weiteres Beispiel für den Mangel an Informationen über Südafrika im übrigen Afrika und für die außerordentliche Mühe, die der PAC sich gab, um den ANC zu verleumden. Kapwepwe wünschte mir Glück, denn die Konferenz war jetzt vorüber. Sie war erfolgreich gewesen, doch wir hatten viel Arbeit vor uns.
     
     
    Als Student hatte ich mir in der Phantasie eine Reise nach Ägypten ausgemalt, die Wiege der afrikanischen Zivilisation, die Schatztruhe von soviel Schönheit in Kunst und Form; hatte mir den Besuch der Pyramiden und der Sphinx vorgestellt und das Überqueren des Nils, des größten aller afrikanischen Flüsse. Von Addis Abeba flog ich mit Oliver und Robert Resha – der mich auf meinen restlichen Reisen begleiten sollte – nach Kairo. Ich verbrachte den gesamten Vormittag meines ersten Tages in Kairo im Museum, betrachtete Kunstwerke, machte mir Notizen, lernte die Art von Menschen näher kennen, welche die uralte Zivilisation des Niltals begründet hatten. Dies war kein amateurhaftes archäologisches Interesse; für einen afrikanischen Nationalisten ist es wichtig, sich mit Beweisen zu wappnen, um den falschen Behauptungen von Weißen entgegenzutreten, Afrikaner hätten keine zivilisierte Vergangenheit, die sich mit der des Westens vergleichen ließe. An einem einzigen Vormittag entdeckte ich, daß Ägypter bereits große Werke der Kunst und Architektur geschaffen hatten, als die Weißen noch in Höhlen lebten.
    Ägypten war ein wichtiges Modell für uns, denn wir konnten mit eigenen Augen das von Präsident Nasser in Gang gesetzte Programm sozialistischer wirtschaftlicher Reformen begutachten. Nasser hatte den Privatbesitz an Land reduziert, bestimmte Teile der Wirtschaft nationalisiert, die Industrialisierung beschleunigt, die Erziehung demokratisiert und eine moderne Armee geschaffen. Viele dieser Reformen waren genau von jener Art, wie wir vom ANC sie eines Tages einzuleiten hofften. Damals jedoch war es für uns wichtiger, daß Ägypten der einzige afrikanische Staat war, der eine Armee, eine Kriegsmarine und eine Luftwaffe besaß, die in jeder Weise dem Vergleich mit den Streitkräften Südafrikas standhielten.
    Nach einem weiteren Tag reiste Oliver nach London ab und versprach, sich mit Robbie und mir in Ghana zu treffen. Bevor Robbie und ich zu unserer Reise aufbrachen, besprachen wir, wie wir uns in den verschiedenen Ländern darstellen wollten. Nach meiner Vorstellung sollten wir die politische Situation so wahrheitsgetreu und objektiv wie möglich darstellen und auch die Leistungen des PAC nicht übergehen. In jedem neuen Land zog ich mich zunächst in unser Hotel zurück, um mich vertraut zu machen mit Informationen über Politik, Geschichte und die Führung des Landes. Bei Robbie war das genaue Gegenteil der Fall. Von Natur aus extrovertiert, verließ er das Hotel gleich nach unserer Ankunft und suchte mit offenen Augen und in Gesprächen mit den Leuten das Land kennenzulernen. Wir waren ein sonderbares Paar, zumal ich mich von der Kleidung, die ich im

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