Der lange Weg zur Freiheit
Kontinent den ANC nur so kannten, wie der PAC uns beschrieb.
Die Konferenz wurde offiziell von unserem Gastgeber eröffnet. Seine Kaiserliche Majestät trug eine prachtvoll verzierte Armeeuniform. Ich war überrascht, wie klein der Kaiser körperlich wirkte, doch seine Würde und sein Selbstvertrauen ließen ihn als den afrikanischen Giganten erscheinen, der er war. Zum erstenmal erlebte ich, daß ein Staatsoberhaupt die Formalitäten seines Amtes absolvierte, und ich war fasziniert. Er stand absolut gerade und neigte seinen Kopf nur ganz leicht, um anzudeuten, daß er zuhörte. Würde war das Kennzeichen all seiner Handlungen.
Ich sollte nach dem Kaiser sprechen, als einziger anderer Redner an jenem Morgen. Zum erstenmal seit vielen Monaten streifte ich die Identität von David Motsamayi ab und wurde Nelson Mandela. In meiner Rede sprach ich über die Geschichte des Freiheitskampfes in Südafrika und zählte die brutalen Massaker auf, die an unseren Menschen verübt worden waren, von Bulhoek im Jahre 1921, als Armee und Polizei 183 unbewaffnete Bauern töteten, bis zu Sharpeville 40 Jahre später. Ich dankte den versammelten Nationen dafür, daß sie auf Südafrika Druck ausübten, wobei ich besonders Ghana, Nigeria und Tanganjika erwähnte, die an der Spitze der erfolgreichen Bewegung standen, Südafrika aus dem britischen Commonwealth auszustoßen. Ich beschrieb die Geburt von Umkhonto We Sizwe und erklärte, daß uns alle Möglichkeiten zum friedlichen Kampf verschlossen seien. »Eine Führung begeht ein Verbrechen gegen ihre eigenen Leute, falls sie zögert, ihre politischen Waffen zu schärfen, wenn sie weniger wirksam geworden sind… In der Nacht des 16. Dezember im letzten Jahr wurde ganz Südafrika von den schweren Schlägen der Umkhonto We Sizwe erschüttert.« Kaum hatte ich dies gesagt, als der Oberste Minister von Uganda ausrief: »Zeigt es ihnen noch einmal!«
Ich griff dann auf meine eigene Erfahrung zurück:
»Ich bin gerade aus Südafrika gekommen. Die letzten zehn Monate habe ich in meinem eigenen Land als ein Outlaw gelebt, fern von Familie und Freunden. Als ich gezwungen wurde, diese Art von Leben zu führen, gab ich eine öffentliche Erklärung ab, in der ich sagte, daß ich das Land nicht verlassen, sondern fortfahren würde, im Untergrund zu arbeiten. Das war mein Ernst, und ich werde mich daran halten.«
Die Ankündigung, daß ich nach Südafrika zurückkehren würde, wurde mit lautem Jubel begrüßt. Wir waren ermutigt worden, als erste zu sprechen, damit der PAFMECSA unsere Sache bewerten und entscheiden konnte, in welchem Maße sie zu unterstützen sei. In vielen afrikanischen Staaten gab es ein natürliches Widerstreben, gewalttätige Auseinandersetzungen anderswo zu unterstützen; doch die Rede überzeugte die Zuhörer davon, daß Freiheitskämpfer in Südafrika keine andere Wahl hatten, als zu den Waffen zu greifen.
Oliver und ich hatten ein privates Gespräch mit Kenneth Kaunda, dem Führer der United National Independence Party of Northern Rhodesia und künftigem Präsidenten von Zambia. Wie Julius Nyerere war auch Kaunda besorgt über den Mangel an Einigkeit zwischen südafrikanischen Freiheitskämpfern und schlug vor, wir sollten alle unsere Kräfte vereinen, wenn Sobukwe aus dem Gefängnis entlassen würde. Bei Afrikanern hatte der PAC durch die Ereignisse von Sharpeville in einer Weise an Ansehen gewonnen, die seinen tatsächlichen Einfluß als Organisation bei weitem übertraf. Kaunda, der einst Mitglied des ANC gewesen war, erklärte uns auch, er sei besorgt über unsere Allianz mit weißen Kommunisten, und ließ durchblicken, daß dies in Afrika ein schlechtes Licht auf uns werfe. Der Kommunismus sei nicht nur im Westen, sondern auch in Afrika suspekt. Dies hatte für mich etwas von einer Offenbarung, und es war eine Auffassung, der ich während meiner Reise immer wieder begegnete.
Als ich darzulegen versuchte, daß es ein Fehler sei, daß die UNIP den PAC unterstützte, legte mir Kaunda die Hand auf die Schulter und meinte: »Nelson, mit mir über dieses Thema zu sprechen heißt Kohlen nach Newcastle tragen. Ich bin dein Anhänger und ein Gefolgsmann von Häuptling Luthuli. Doch ich bin nicht die einzige Stimme der UNIP. Du mußt mit Simon Kapwepwe reden. Wenn du ihn überzeugst, wirst du mir die Aufgabe erleichtern.« Kapwepwe war dem Rang nach der zweite Mann der UNIP, und ich traf Vorbereitungen, ihn am nächsten Tag zu sprechen. Als ich Oliver bat, mich zu
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