Der lange Weg zur Freiheit
Untergrund getragen hatte, nicht trennte und also Khaki und Drillich trug, während Robbie elegante Anzüge bevorzugte.
In Tunis, unserem ersten Aufenthalt, trafen wir uns mit dem Verteidigungsminister, der Häuptling Luthuli verblüffend ähnelte. Weiter ging die Ähnlichkeit allerdings nicht, denn als ich ihm die Situation in unserem Land erklärte und auch davon sprach, daß PAC-Führer wie Robert Sobukwe im Gefängnis saßen, unterbrach er mich und meinte: »Wenn der Bursche rauskommt, erledigt er euch!« Robbie hob die Augenbrauen (später meinte er: »Mann, du hast dich für den PAG besser eingesetzt, als die es selbst hätten tun können!«), doch ich bestand darauf, dem Minister ein vollständiges Bild zu geben. Als wir am nächsten Tag Präsident Habib Bourguiba trafen, war dessen Reaktion äußerst positiv, und er bot uns unverzüglich Ausbildungsmöglichkeiten für unsere Soldaten und 5000 Pfund für Waffen an.
Rabat in Marokko, unsere nächste Station, war mit seinen uralten und geheimnisvollen Mauern, seinen modernen Shops und seinen mittelalterlichen Moscheen eine bezaubernde Mischung aus Afrika, Europa und dem Nahen Osten. Augenscheinlich empfanden das auch Freiheitskämpfer so, denn Rabat war praktisch ein Treffpunkt für jede Befreiungsbewegung auf dem Kontinent. Wir trafen uns dort mit Freiheitskämpfern aus Mosambik, Angola, Algerien und den Kapverdischen Inseln. Es war auch das Hauptquartier der algerischen Revolutionsarmee, und wir verbrachten mehrere Tage mit Dr. Mustafa, dem Chef der algerischen Mission in Marokko, der uns kurz über die Geschichte des algerischen Widerstands gegen die Franzosen unterrichtete. Die Situation in Algerien ähnelte am meisten unserer eigenen, insofern die Rebellen sich einer großen Gemeinschaft weißer Siedler gegenübersahen, die über die Mehrheit der eingeborenen Algerier herrschte. Dr. Mustafa berichtete, wie die FLN ihren Kampf 1954 mit einer Handvoll von Guerilla-Angriffen begonnen hatte, nachdem sie durch die Niederlage der Franzosen bei Dien Bien Phu in Vietnam ermutigt worden war. Zunächst glaubte die FLN, sie könne die Franzosen militärisch besiegen, erklärte Dr. Mustafa, doch dann habe sie erkannt, daß ein rein militärischer Sieg nicht möglich war.
Statt dessen griff die FLN zum Guerillakrieg, und der sei, erklärte Mustafa, nicht dazu bestimmt, einen militärischen Sieg zu erringen, als vielmehr politische und ökonomische Kräfte zu entfesseln, die den Feind in die Knie zwingen würden. Dr. Mustafa riet uns, nicht die politische Seite des Krieges zu vernachlässigen, indes wir militärische Unternehmungen planten. Die internationale öffentliche Meinung sei manchmal mehr wert als ein Geschwader von Kampfflugzeugen.
Am Ende der drei Tage sandte er uns nach Oujda, einer staubigen Kleinstadt unmittelbar an der algerischen Grenze und Hauptquartier der algerischen Armee in Marokko. Wir besuchten eine Armee-Einheit an der Front, und einmal griff ich mir einen Feldstecher und konnte auf der anderen Seite der Grenze tatsächlich französische Soldaten erkennen. Ich gestehe, daß ich mir vorstellte, die Uniformen der South African Defense Force zu erblicken.
Ein oder zwei Tage später war ich Gast bei einer Militärparade zu Ehren von Ahmed Ben Bella, der erster Ministerpräsident des unabhängigen Algerien werden sollte und kurz zuvor aus einem französischen Gefängnis entlassen worden war. Welch Unterschied zu der Militärparade, die ich in Addis Abeba erlebt hatte! Diese Parade war nicht die stramme, gutgedrillte, hübsch uniformierte Streitmacht Äthiopiens, sondern eine Art wandelnder Geschichte der Guerillabewegung in Algerien.
An der Spitze gingen stolze, kampferfahrene Veteranen in Turbanen, langen Gewändern und Sandalen, die vor vielen Jahren den Kampf aufgenommen hatten. Sie trugen ihre damaligen Waffen: Säbel, Feuersteingewehre, Streitäxte und Assegais. Ihnen folgten jüngere Soldaten, alle genauso stolz, doch mit modernen Waffen ausgerüstet. Einige trugen schwere Panzer- und Flugabwehrgeräte. Aber auch diese Soldaten marschierten nicht mit der Eleganz und der Präzision der Äthiopier. Es war eine Guerillastreitmacht, und es waren Soldaten, die sich ihre Streifen im Feuer von Schlachten erworben hatten und denen Kampf und Taktik wichtiger waren als Paraden und schmucke Uniformen. So sehr mich die Truppen in Addis Abeba auch inspiriert hatten, ich wußte, daß unsere eigene Streitmacht eher diesen Kämpfern hier in Oujda ähneln
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