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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Majombozi schlug die Bildung einer Youth League, einer Jugendliga, vor.
    1943 suchte eine Delegation, darunter Lembede, Mda, Sisulu, Tambo, Nkomo und ich, Dr. Xuma, den Ersten Vorsitzenden des ANC, auf; er wohnte in einem ziemlich großen Haus in Sophiatown. Dr. Xuma hatte in seinem Haus eine chirurgische Praxis und besaß außerdem eine kleine Farm. Er hatte dem ANC große Dienste geleistet, hatte ihn aus dem Schlummerzustand geweckt, in den er unter Dr. Seme gesunken war, als die Organisation an Umfang und Bedeutung schrumpfte. Als er den Vorsitz übernahm, befanden sich wenig mehr als 17 Shilling in der Kasse. Er steigerte den Betrag auf 4000 Pfund. Von den traditionellen Führern wurde er bewundert, hatte Beziehungen zu Ministern geknüpft und strahlte ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen aus. Gleichzeitig hatte er etwas Hochmütiges an sich, das dem Führer einer Massenorganisation schlecht zu Gesicht stand. Wie sehr er sich auch für den ANC engagierte, seine ärztliche Praxis hatte Vorrang. Xuma präsidierte über die Ära der Delegationen, Deputationen, Briefe und Telegramme. Alles spielte sich in der englischen Manier ab, der die Vorstellung zugrunde lag: Wir sind doch alle Gentlemen, trotz unserer Meinungsverschiedenheiten. Er genoß die Beziehungen, die er zum weißen Establishment geknüpft hatte, und wollte sie nicht durch Aktionen stören.
    Bei unserem Treffen erklärten wir ihm, daß wir beabsichtigten, eine Youth League zu gründen, und eine Aktionskampagne organisieren wollten, um die Massen zur Unterstützung zu mobilisieren. Wir sagten Dr. Xuma auch, der ANC laufe Gefahr, bedeutungslos zu werden, wenn er sich nicht aufraffe und neue Methoden entwickle. Dr. Xuma fühlte sich durch die Delegation bedroht und widersprach der Bildung einer Jugendliga aufs heftigste. Nach seiner Vorstellung sollte die Liga eine eher lose organisierte Gruppe sein und hauptsächlich als Rekrutierungskomitee für den ANC tätig sein. In seiner paternalistischen Weise fügte Dr. Xuma hinzu, die Afrikaner seien als Gruppe zu unorganisiert und undiszipliniert, um an einer Massenkampagne teilzunehmen. Eine solche Kampagne wäre auch vorschnell und gefährlich.
    Bald nach dem Treffen mit Dr. Xuma wurde ein provisorisches Komitee der Jugendliga gebildet, unter der Führung von William Nkomo. Die Mitglieder dieses Komitees reisten im Dezember 1943 zur Jahreskonferenz des ANC nach Bloemfontein, wo sie die Bildung einer Jugendliga vorschlugen, um für die Organisation neue Mitglieder zu gewinnen. Der Vorschlag wurde angenommen.
    Die eigentliche Gründung der Jugendliga fand 1944 am Ostersonntag im Bantu Men’s Social Center (eine Art Gemeindezentrum für Bantu-Männer) in der Eloff Street statt. Es waren ungefähr hundert Männer dort, manche kamen von weither, zum Beispiel aus Pretoria. Es war eine ausgewählte Gruppe, eine Elitegruppe, viele von uns waren Graduierte aus Fort Hare; wir waren noch längst keine Massenbewegung. Lembede hielt einen Vortrag über die Geschichte der Nationen, eine Tour d’horizon vom alten Griechenland über das mittelalterliche Europa bis zum Zeitalter der Kolonisation. Er betonte die historischen Leistungen Afrikas und der Afrikaner und erklärte, wie töricht es von den Weißen sei, sich als erwähltes Volk und als wahrhaft überlegene Rasse zu sehen.
    Außer Lembede sprachen auch Jordan Ngubane, A. R Mda und William Nkomo, und alle beschworen den sich entwickelnden Geist des afrikanischen Nationalismus. Bei diesem ersten Treffen wurde Lembede zum Präsidenten gewählt, Oliver Tambo wurde Sekretär und Walter Sisulu Schatzmeister. A. P. Mda, Jordan Ngubane, Lionel Majombozi, Congress Mbata, David Bopape und mich wählte man in das Exekutivkomitee. Später stießen noch so hervorragende junge Männer zu uns wie Godfrey Pitje, ein Student (später Lehrer, dann Rechtsanwalt), Arthur Letele, Wilson Conco, Diliza Mji und Ntatho Motlana, alles Ärzte, Dan Tloome, ein Gewerkschafter, Joe Matthews, Duma Nokwe und Robert Sobukwe, alle Studenten. Bald gab es in sämtlichen Provinzen Zweigstellen.
    Die Grundpolitik der Liga unterschied sich nicht von der ersten Verfassung des ANC von 1912. Doch wir bekräftigten und unterstrichen jene ursprünglichen Anliegen, von denen viele inzwischen aufgegeben worden waren. Afrikanischer Nationalismus war unser Schlachtruf, und unser Glaube galt der Schaffung einer einzigen Nation aus vielen Stämmen, der Beseitigung der weißen Vorherrschaft und der Bildung einer

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