Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
Vom Netzwerk:
ist.
    »Wits« eröffnete mir eine neue Welt, eine Welt voll Ideen, politischer Überzeugungen und Debatten, eine Welt, in der Menschen leidenschaftlich an Politik interessiert waren. Ich lebte unter weißen und indischen Intellektuellen meiner eigenen Generation, unter jungen Männern, welche die Avantgarde der wichtigsten politischen Bewegungen der nächsten Jahre bilden würden. Ich traf zum erstenmal auf Menschen meines Alters, die sich dem Freiheitskampf fest verbunden hatten, die trotz ihrer Privilegien bereit waren, sich für die Sache der Unterdrückten zu opfern.

 
3. Teil
Die Geburt eines Freiheitskämpfers
     
     
    Ichkann nicht genau angeben, wann ich politisiert wurde, wann ich wußte, daß ich mein Leben völlig dem Freiheitskampf verschreiben würde. Afrikaner in Südafrika zu sein bedeutet, daß man von Geburt an politisiert ist, ob man es zugibt oder nicht. Ein afrikanisches Kind kommt in einem Krankenhaus nur für Afrikaner zur Welt, wird in einem Bus nur für Afrikaner nach Hause gebracht, wohnt in einem Bezirk nur für Afrikaner und besucht eine Schule nur für Afrikaner, wenn es überhaupt eine Schule besucht.
    Wenn das Kind heranwächst, kann es einen Arbeitsplatz nur für Afrikaner erhalten, ein Haus in einer Township nur für Afrikaner mieten und kann jederzeit, bei Tag und Nacht, angehalten und nach seinem Ausweis gefragt werden. Wenn es ihn nicht bei sich hat, wird es festgenommen und ins Gefängnis gesteckt. Sein Leben ist eingerahmt von rassistischen Gesetzen und Regeln, die seine Entwicklung verkümmern lassen, seine Möglichkeiten beschneiden und sein Leben einschränken. Das war die Realität, und man konnte damit auf schier zahllose Weise zu tun bekommen.
    Ich hatte keine Erleuchtung, keine einzigartige Offenbarung, keinen Augenblick der Wahrheit; es war eine ständige Anhäufung von tausend verschiedenen Dingen, tausend Kränkungen, tausend unerinnerten Momenten, die Wut in mir erzeugten, rebellische Haltung, das Verlangen, das System zu bekämpfen, das mein Volk einkerkerte. Da war kein bestimmter Tag, an dem ich mir sagte, von nun an will ich mich der Befreiung meines Volkes widmen, sondern statt dessen tat ich es einfach, weil ich nicht anders konnte.
    Wie bereits erwähnt, waren es viele Leute, die Einfluß auf mich ausübten. Doch mehr und mehr kam ich unter die weise Obhut von Walter Sisulu. Walter war stark, vernünftig, praktisch und engagiert. In einer Krise verlor er nie den Kopf; oft war er schweigsam, wenn andere laut waren. Er glaubte, der ANC sei ein Motor des Wandels in Südafrika, ein Hort schwarzer Hoffnungen und Bestrebungen. Manchmal läßt sich eine Organisation nach den Menschen beurteilen, die dazugehören, und ich wußte, ich wäre stolz, jeder Organisation anzugehören, in der Walter Mitglied war. Zu jener Zeit gab es nur wenige Alternativen. Der ANC war die einzige Organisation, die jeden willkommen hieß, die sich als einen großen Schirm ansah, unter dem alle Afrikaner Schutz finden konnten.
    In den vierziger Jahren lag Wandel in der Luft. Die von Roosevelt und Churchill unterzeichnete Atlantik-Charta von 1941 bekräftigte den Glauben an die Würde jedes Menschen und propagierte eine Anzahl demokratischer Prinzipien. Im Westen betrachteten manche die Charta als leere Versprechungen, aber nicht wir Afrikaner. Durch die Atlantik-Charta und den Kampf der Alliierten gegen Tyrannei und Unterdrückung inspiriert, schuf der ANC seine eigene Charta, African Claims genannt, die volle Staatsbürgerschaft für alle Afrikaner forderte, das Recht, Land zu kaufen, und die Aufhebung aller diskriminierenden Gesetzgebung. Wir hofften, die Regierung und jeder Südafrikaner würden erkennen, daß die Grundsätze, für die sie in Europa kämpften, die gleichen waren, die wir zu Hause befürworteten.
    Walters Haus in Orlando war ein Mekka für Aktivisten und ANC-Mitglieder. Es war ein Heim mit einer warmen, herzlichen Atmosphäre, und ich war oft dort, um an einer politischen Diskussion teilzunehmen oder auch, um Ma Sisulus gute Küche zu genießen. Eines Abends, im Jahr 1943, begegnete ich Anton Lembede und A. P. Mda. Von dem Augenblick an, als ich Lembede sprechen hörte, wußte ich, daß ich eine magnetische Persönlichkeit vor mir hatte, die originelle und oft überraschende Gedanken entwarf. Er war einer aus der Handvoll afrikanischer Rechtsanwälte in ganz Südafrika und juristischer Partner des verehrungswürdigen Dr. Pixlay ka Seme, eines der Begründer des

Weitere Kostenlose Bücher