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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Kommunistischen Partei verfahren war. Es schien unausweichlich, daß der Staat versuchen würde, uns so schnell wie möglich als legale Organisation aus dem Verkehr zu ziehen. Aus diesem Grund legte ich dem Nationalen Exekutivkomitee nahe, für eine solche Eventualität einen entsprechenden Plan auszuarbeiten. Täten wir das nicht, so würden wir unserer Verantwortung als Führer des Volkes nicht gerecht. Ich erhielt den Auftrag, einen Plan auszuarbeiten, der der Organisation gestattete, aus dem Untergrund heraus zu operieren. Die Strategie wurde bekannt als Mandela-Plan oder einfach M-Plan.
    Dem Plan lag die Idee zugrunde, eine organisatorische Maschinerie aufzubauen, die es dem ANC erlauben würde, auf höchster Ebene Entscheidungen zu treffen, die der Organisation als ganzer rasch übermittelt werden könnten, ohne eine Versammlung einberufen zu müssen. In anderen Worten: Er würde eine illegale Organisation funktionsfähig halten und es gebannten Führern ermöglichen, sie trotzdem weiterhin zu führen. Der M-Plan sollte es der Organisation erlauben, neue Mitglieder zu rekrutieren, auf lokale und nationale Probleme zu reagieren und den regelmäßigen Kontakt zwischen den Mitgliedern und der Führung im Untergrund aufrechtzuerhalten.
    Ich hielt eine Reihe geheimer Treffen mit ANC- und SAIC-Führern ab, gebannten und nichtgebannten, um die Grundzüge des Plans zu diskutieren. Dann arbeitete ich mehrere Monate lang daran, bis ich ein System entwickelt hatte, das breit genug angelegt war, um lokalen Gegebenheiten zu genügen und individuelle Initiativen nicht zu hemmen, das andererseits jedoch detailliert genug war, um Ordnung und Ausführung zu erleichtern. Die kleinste Einheit war eine Zelle, die in städtischen Townships aus rund zehn Häusern in einer Straße bestehen sollte. Für jede dieser Einheiten würde ein Zellenleiter verantwortlich sein. Hatte eine Straße mehr als zehn Häuser, so würde ein Straßenleiter verantwortlich sein, und die jeweiligen Zellenleiter würden ihm berichten. Eine Gruppe von Straßen bildete eine Zone mit einem Oberleiter, der seinerseits gegenüber dem Sekretariat der Ortsgruppe des ANC verantwortlich zeichnete. Das Sekretariat war ein Unterausschuß der Ortsgruppenexekutive, die dem Bezirkssekretär berichtete. Mein Gedanke war, daß jeder Zellen- und jeder Straßenleiter jede Person und jede Familie in seinem Bereich kennen sollte, so daß ihm die Menschen vertrauen würden und er seinerseits wußte, wem er vertrauen könnte. Der Zellenleiter arrangierte Zusammenkünfte, organisierte politische Seminare und sammelte Beiträge ein. Er war die im Volk verankerte Stütze des Plans. Obwohl die Strategie hauptsächlich für eher urbane Gebiete entworfen war, konnte sie auch für ländliche adaptiert werden.
     
     
    Der Plan wurde akzeptiert, und er sollte sofort umgesetzt werden. Den Ortsgruppen wurde mitgeteilt, mit den Vorbereitungen für diese geheime Umstrukturierung zu beginnen. Bereitwillig akzeptierten viele Ortsgruppen den Plan, doch einige der weiter entfernten Außenposten waren der Meinung, der Plan sei der Versuch Johannesburgs, die Kontrolle über die Regionen zu zentralisieren.
    Als Teil des M-Plans führte der ANC für seine Mitglieder im ganzen Land einen Elementarkurs mit politischen Vorträgen ein. Diese Vorträge waren nicht nur als Bildungskurse gedacht, sondern sollten die Organisation auch zusammenhalten. Sie wurden im geheimen von Gruppenleitern gehalten. Die anwesenden Mitglieder sollten anschließend in ihren Heimen und Gemeinden den Inhalt der Vorträge weitergeben. Zu Anfang waren die Vorträge nicht systematisiert, doch nach einigen Monaten gab es ein festes Programm.
    Angeboten wurden drei Kurse: »Die Welt, in der wir leben«, »Wie wir regiert werden« und »Die Notwendigkeit des Wandels«. Im ersten Kurs diskutierten wir über die verschiedenen Arten von politischen und ökonomischen Systemen in der ganzen Welt wie auch in Südafrika. Es war ein Gesamtüberblick über die Entwicklung des Kapitalismus und auch des Sozialismus. Wir sprachen zum Beispiel darüber, wie die Schwarzen in Südafrika sowohl als Rasse wie auch als ökonomische Klasse unterdrückt wurden. Bei den Vortragenden handelte es sich hauptsächlich um gebannte Mitglieder, und auch ich selbst hielt abends häufig Vorträge. Dieses Arrangement hatte den Vorzug, die gebannten Personen in Aktion und die Mitglieder mit diesen Führern in Kontakt zu halten.
    Während dieser Zeit traf sich

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