Der lange Weg zur Freiheit
die gebannte Führung oft allein und geheim, und anschließend arrangierten wir eine Zusammenkunft mit den gegenwärtigen Führern. Die alte und die neue Führung verstanden sich ausgezeichnet, und der Entscheidungsprozeß war so kollektiv wie zuvor. Manchmal war es fast, als habe sich nichts geändert, außer daß wir uns heimlich treffen mußten.
Der M-Plan war mit den besten Absichten entworfen worden, doch er wurde nur mit bescheidenem Erfolg umgesetzt und fand keine große Verbreitung. Die eindrucksvollsten Ergebnisse fanden sich wieder einmal am östlichen Kap und in Port Elizabeth. Im östlichen Kap herrschte der Geist der Mißachtungskampagne noch lange, nachdem er anderswo bereits verschwunden war, und dort benutzten ANC-Mitglieder den M-Plan als Mittel, den Widerstand gegen die Regierung fortzusetzen.
Der Plan war vielen Problemen ausgesetzt: Er wurde den Mitgliedern nicht immer ausreichend erklärt; es gab keine bezahlten Organisatoren, die ihn umzusetzen oder anzuwenden halfen; und oft gab es in den Ortsgruppen abweichende Meinungen, die eine Übereinkunft hinsichtlich seiner Durchführung verhinderten. Manche Provinzführer wehrten sich gegen den Plan, weil sie glaubten, er untergrabe ihre Macht. Anderen schien der Zugriff der Regierung nicht unmittelbar bevorzustehen, so daß sie nicht die Vorkehrungen trafen, die notwendig waren, um über seine Wirkung zu informieren. Als dann die eiserne Faust der Regierung zuschlug, waren sie nicht darauf vorbereitet.
MeinLeben während der Mißachtungskampagne verlief auf zwei getrennten Gleisen: Arbeit im Kampf und Beruf als Rechtsanwalt. Ich war nie ein Vollzeitorganisator für den ANC; die Organisation hatte nur einen, und das war Thomas Titus Nkobi. Meine Arbeit für den ANC mußte um meinen Terminplan als Anwalt arrangiert werden. Nachdem ich 1951 meine Lehrzeit bei Witkin, Sidelsky und Eidelman beendet hatte, begann ich für die Anwaltskanzlei von Terblanche und Briggish zu arbeiten. Noch war ich kein voll anerkannter Anwalt, doch ich konnte vorbereitende Schriftsätze abfassen, Vorladungen verschicken, Zeugen befragen – all jene Tätigkeiten, die ein Anwalt zu erledigen hat, bevor ein Fall vor Gericht kommt.
Nach meinem Fortgang von Sidelsky hatte ich mir eine Anzahl weißer Kanzleien angesehen – afrikanische Anwaltsfirmen gab es natürlich nicht. Was mich besonders interessierte, war die Größenordnung der von den Kanzleien geforderten Gebühren, und zu meiner Empörung entdeckte ich, daß viele der lukrativsten Kanzleien von Afrikanern für Kriminal- oder Zivilfälle noch mehr Honorar verlangten als von ihren weitaus wohlhabenderen weißen Klienten.
Nachdem ich ein Jahr für Terblanche und Briggish gearbeitet hatte, trat ich der Firma Helman und Michel bei. Sie war eine liberale Kanzlei und eine der wenigen, die von Afrikanern ein angemessenes Honorar verlangten. Außerdem war die Kanzlei stolz auf ihr Engagement für die Erziehung von Afrikanern, für die sie hübsche Summen spendete. Mr. Helman, der Seniorpartner der Firma, engagierte sich für die Sache der Afrikaner, lange bevor es populär oder modisch wurde. Der andere Partner der Firma, Rodney Michel, Veteran des Zweiten Weltkriegs, war gleichfalls äußerst liberal. Er war Pilot, und Jahre später, während der schlimmsten Zeiten der Unterdrückung, half er ANC-Mitgliedern, aus Südafrika hinauszufliegen. Michels einziges erkennbares Laster war die Kettenraucherei, denn er paffte den ganzen Tag lang im Büro eine Zigarette nach der anderen.
Ich blieb mehrere Monate bei Helman und Michel, während ich für meine Zulassungsprüfung studierte, deren Bestehen mich zum vollgültigen Anwalt machen würde. Das Studium für einen LL. B.-Grad an der University of Witwatersrand hatte ich aufgegeben, nachdem ich dort mehrmals durchs Examen gefallen war. Ich entschied mich für die Zulassungsprüfung, um praktizieren und für den Lebensunterhalt meiner Familie genügend Geld verdienen zu können. Meine Schwester lebte damals bei uns, meine Mutter war zu Besuch gekommen, und was Evelyn als Lernschwester verdiente, dazu mein kümmerliches Gehalt, reichte nicht aus, um alle satt zu machen.
Nach bestandener Prüfung begann ich als vollgültiger Anwalt für die Kanzlei von H. M. Basner zu arbeiten. Basner war ein African Representative im Senat, frühes Mitglied der Kommunistischen Partei und ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Rechte der Afrikaner. Als Anwalt verteidigte er
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