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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Linken bemerkte sie das Profil ihrer Mitbewohnerin. Agathe hatte den Kopf auf einen Arm gelegt, als machte sie sich Notizen, aber in Wahrheit döste sie vor sich hin. Von vorn konnte man glauben, sie folge fasziniert dem Unterricht, aber von der Seite sah man genau, dass sie schlief. Sie war um vier Uhr morgens nach Hause gekommen. Hortense hatte gehört, wie sie sich im Bad übergeben hatte. Die würde im Leben nicht kämpfen. Die kroch. Ließ sich von zwergwüchsigen Zuhältertypen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen hatte. Fast jeden Abend holten sie sie ab. Sie riefen nicht einmal mehr vorher an, um ihr Bescheid zu sagen. Sie kamen an, bellten: »Los, zieh dich an, wir gehen aus!«, und sie folgte ihnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in einen von denen verliebt ist. Das sind vulgäre, brutale, selbstgefällige Gnome. Sie haben eine komische Stimme mit glühenden Kohlen darin, eine Stimme, die einem Schauer über den ganzen Körper jagt. Sie ging ihnen aus dem Weg, aber sie trainierte gleichzeitig, keine Angst zuzulassen, wenn sie ihnen begegnete. Sie hielt sie auf Distanz, stellte sich vor, es läge ein Kilometer zwischen ihr und ihnen. Das war keine leichte Übung, denn trotz ihres gezwungenen Lächelns wirkten sie Furcht einflößend.
    Dabei hatte dieses Mädchen Talent. Sie war eine sehr kreative Modelistin, eine Designerin, die nicht zeichnete, sondern instinktiv die Silhouette des Kleidungsstücks fand und es zuschneiden konnte. Die jenes kleine Detail hinzufügte, das die Taille schmaler, die Figur länger wirken ließ. Sie konnte mit Stoff umgehen. Doch was sie nicht konnte, war, sich Mühe zu geben und mit Freude zu arbeiten. Sie beide waren als Einzige aus fünfhundert Bewerbern in die engere Auswahl für ein Praktikum bei Vivienne Westwood gekommen. Nur eine von ihnen würde genommen werden. Hortense zweifelte nicht daran, dass sie diejenige sein würde. Es lag noch ein Bewerbungsgespräch vor ihnen. Sie hatte sich über die Geschichte der Marke informiert, um bei dem Gespräch kleine Details einfließen zu lassen, die ihr einen Vorsprung verschaffen würden. Agathe hatte mit Sicherheit nicht daran gedacht. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, abends auszugehen, zu tanzen, zu trinken, zu rauchen und mit dem Hintern zu wackeln. Und sich zu übergeben.
    Story of her life , dachte Hortense, während sie den letzten Knopf an das weiße Smokinghemd zeichnete, das Gary beim Dinner im Buckingham Palace trug.
    »Du willst nicht nach London fahren?«
    Zoé schüttelte den Kopf und senkte den Blick.
    »Du willst nie wieder nach London fahren?«
    Zoé stieß einen lang gezogenen Seufzer aus, der Nein bedeutete.
    »Hast du dich mit Alexandre gestritten?«
    Zoés Blick glitt zur Seite. Nichts in ihrer Miene ließ darauf schließen, ob sie wütend war, traurig oder in Gefahr schwebte.
    »Nun rede schon, Zoé! Wie soll ich denn erraten, was los ist?«, brauste Joséphine auf. »Früher hast du vor Freude Luftsprünge gemacht, wenn du nach London gefahren bist, und jetzt willst du plötzlich nicht mehr hin! Was ist denn passiert?«
    Zoé bedachte ihre Mutter mit einem wütenden Blick.
    »Es ist fünf vor acht. Ich komme zu spät zur Schule.«
    Sie nahm ihre Schultasche, hängte sie sich über den Rücken, zog die Riemen fest und öffnete die Wohnungstür. Ehe sie hinausging, drehte sie sich noch einmal um und sagte drohend: »Und du setzt keinen Fuß in mein Zimmer! Absolute Sperrzone!«
    »Zoé! Du hast mir nicht mal einen Abschiedskuss gegeben!«, rief Joséphine, als sie sah, wie der Rücken ihrer Tochter durch die Tür verschwand.
    Sie rannte hinaus ins Treppenhaus, stürmte die Stufen hinunter und holte Zoé in der Eingangshalle ein. Sie sah sich selbst im Spiegel: Über ihrem Schlafanzug trug sie ein Sweatshirt mit dem Aufdruck Kampf den Kohlehydraten , das Shirley ihr geschenkt hatte. Sie schämte sich, als sie den Blick von Gaétan Lefloc-Pignel auffing, der sich zu Zoé gesellt hatte. Sie drehte sich auf dem Absatz um und hastete in den Aufzug. Dort prallte sie gegen eine blonde junge Frau, die in keiner besseren Verfassung zu sein schien als sie selbst.
    »Sind Sie Gaétans Mutter?«, fragte sie, erfreut darüber, Madame Lefloc-Pignel endlich kennenzulernen.
    »Er hatte seine Banane für die Pause vergessen. Er hat manchmal zu niedrigen Blutdruck, dann braucht er Zucker. Also habe ich mich beeilt, um ihn noch einzuholen, und … Ich hatte keine Zeit, mich noch anzuziehen, deshalb bin ich

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