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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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wandte sich der Dürre an den weißen Regenmantel, fragte ihn auch etwas, und der Regenmantel antwortete laut und deutlich JA, ICH WILL . Da nahm der Dürre die Hand des Mannes und die Hand der Frau, legte sie ineinander und erklärte so laut, als wollte er, dass alle Tiere auf der Lichtung es hörten und herbeiliefen, um das Geschehen zu bezeugen: HIERMIT ERKLÄRE ICH EUCH ZU MANN UND FRAU .
    Das war’s also! Eine romantische Hochzeit in der Abenddämmerung auf seinem Feld! Meine Fresse! Er fühlte sich geehrt, dass so feine Herren und eine so schöne Dame zum Heiraten zu ihm kamen. Fast wäre er aus seinem Gestrüpp gekrochen und hätte applaudiert, aber er wagte nicht, die Zeremonie zu stören. Sie hatten noch nicht die Ringe getauscht.
    Aber es gab keinen Ringtausch.
    Die Frau ließ sich gegen den weißen Regenmantel sinken, das lange Haar fiel ihr über die Schultern, leicht schwebte sie im Arm des Mannes dahin, und sie drehten, drehten sich im Kreis. Sie tanzten Walzer unter dem runden, vollen Mond, der lächelte, wie er es immer tut, wenn er voll ist. So schön, so anrührend! Sie tanzten durch das Scheinwerferlicht, die Frau eng an den Mann geschmiegt, er sie beschützend und sehr keusch im Arm haltend, ja, er schob sie sogar ein Stückchen zurück, um den Walzer streng nach Vorschrift zu tanzen, so wie man es an Weihnachten im Fernsehen sieht. Der dürre Mann hatte die Musik wieder laut gedreht, sehr laut, sogar ein bisschen zu laut, und er lehnte abwartend an der Motorhaube und ließ die beiden nicht aus den Augen.
    Das Paar tanzte langsam, sehr langsam, und Roland Beaufrettot dachte bei sich, dass er noch nie etwas so Schönes gesehen hatte. Die Frau lächelte, den Blick gesenkt, die Füße nackt im Gras, und der Mann hielt sie mit einer Art ruhigen Autorität, mit einer Anmut wie aus einer vergangenen Zeit …
    Und dann riss der dürre Mann plötzlich die Arme hoch, klatschte in die Hände und schrie JETZT! JETZT ! Daraufhin zog der Mann im weißen Regenmantel etwas aus seiner Tasche, was im Scheinwerferlicht weiß aufblitzte, und stieß es der Frau kraftvoll und methodisch in die Brust, dabei zählte er eins, zwei, drei, eins, zwei, drei, hielt sie fest im Arm und tanzte weiter mit ihr.
    Ich träume, dachte Roland Beaufrettot, das ist doch bei Gott nicht möglich! Vor seinen Augen erstach da gerade ein Mann eine Frau, während er mit ihr Walzer tanzte, und die Frau brach im Gras zusammen, wo sie als langer, weißer Fleck liegen blieb. Dann drehte sich der Tänzer, ohne sie weiter zu beachten, zu dem dürren Mann um und präsentierte ihm etwas, indem er es mit beiden Händen zum Himmel hob wie die Opfergabe eines Druiden. Etwas, das aussah wie ein kurzer Dolch, genauso einer, wie sie ihn bei der Jagd benutzten, um den Hirsch zu töten. Er reichte ihn dem dürren Mann, der ihn feierlich entgegennahm, ihn sauber wischte und in eine Art Etui steckte – er war sich nicht sicher, er konnte nicht mehr viel erkennen. Dann ging der Dürre zu seinem Auto, nahm einen großen Müllsack heraus und kehrte zu dem Mann im weißen Regenmantel zurück. Gemeinsam falteten sie die Frau langsam zusammen, schoben sie in den Sack, verschlossen ihn und trugen ihn, jeder auf einer Seite, zu dem Tümpel gleich hinter der Lichtung, wo sie ihn hineinwarfen.
    Roland Beaufrettot rieb sich die Augen. Er hatte seinen Karabiner und sein Fernrohr abgelegt und sich zusammengekauert, damit sie ihn nur ja nicht sahen. Er hatte gerade live einen Mord miterlebt.
    Sie hatte nicht eine Abwehrbewegung gemacht! Sie hatte nicht einen Schrei ausgestoßen. Sie hatte bis zum Ende weitergetanzt und war gestorben, ohne einen Laut von sich zu geben, wie ein weißer Schleier, der zu Boden sinkt.
    Das war doch bei Gott nicht möglich!
    Nach zehn Minuten kamen die beiden Männer zurück. Gingen ans Auto des Mannes im weißen Regenmantel, holten eine Kiste heraus, öffneten sie und verteilten so etwas wie Kieselsteine auf dem Feld, die sie in einem Kreis anordneten. Klar, dachte Roland Beaufrettot, sie verwischen die Spuren, sie verdecken das Blut … Dann schüttelten sie einander die Hand, stiegen jeder in seinen Wagen und fuhren davon.
    »So was aber auch«, rief Roland Beaufrettot, wie vom Donner gerührt, »so was aber auch …«
    Er wartete ab, bis er sicher war, dass die beiden nicht wiederkamen, und kroch aus dem Dickicht. Er wollte sehen, was sie auf dem Boden verstreut hatten, um die Spuren ihres Verbrechens zu verwischen. Kieselsteine,

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