Der Lauf in die Vergangenheit: Teil 1 (German Edition)
auseinander. Dabei stellte ich fest, dass sie wie ein Poncho samt Kapuze aufgebaut war, nur viel dünner. Ich versuchte mich weiter auf den Weg zu konzentrieren und verstand nicht, weshalb es vor mir immer dunkler wurde. Schaute ich nach rechts, links und hinter mir, blieb es weiterhin klar. Was war das nur für ein Wind, fragte ich mich wieder, da kam auch schon der nächste Schwung. Nun hielt er gut eine Minute an und das Atmen fiel mir zusehends schwerer. Ich zog die Schutzfolie während des Laufens über und kam, da die Windstöße zunehmend stärker wurden, leicht ins Wanken. Ich begann unter dieser Folie extrem zu schwitzen und vor mir sah es aus, als würde ich in einen dunklen Tunnel laufen. Weder die Wegmarkierungen noch die Kilometermarkierungen, die entlang der Laufstrecke montiert waren, waren zu erkennen. Hatte ich mich etwa verlaufen? Ich versuchte mich zu konzentrieren und gerade zu laufen. Ich war nun völlig aus dem Rhythmus gekommen und musste mein Tempo erst einmal verlangsamen. Da bekam ich eine volle Ladung Sandkörner ins Gesicht und konnte schlagartig nichts mehr sehen. Warum hatte ich nur meine Sonnenbrille im Hotel liegen gelassen? Und dann stoppte ich, denn urplötzlich umgab mich ein Rauschen und völlige Dunkelheit.
‚ Jetzt aber runter‘, dachte ich mir nur, ging automatisch ein paar Schritte zu Seite, so dass mich keiner überrennen konnte, setzte mich hin und vergrub mich unter der Schutzfolie. Das Rauschen um mich herum wurde immer lauter, als ob ich inmitten eines Hurrikans sitzen würde, indem das Auge des Sturms nur einige Meter groß wäre. Ich spürte den Sand, der mit aller Wucht an mich prallte und wie kleine Nadelspitzen auf meinen Körper drückte. Ich bekam unter der Folie großen Durst, getraute mich aber nicht an meine Flaschen heran, weil ich Sorge hatte meinen Rucksack zu verlieren. Das Atmen wurde immer schwerer und ich rang mehr oder weniger nach dem Sauerstoff, zwischen dem Sand. Ich versuchte mir die Ohren zuhalten. Sehen konnte ich gar nichts mehr. Solch ein extremer Sandsturm ist wohl selten, warum also gerade jetzt? Plötzlich hatte ich das Gefühl als würde ich anfangen zu schweben, konnte aber nicht mit der Hand auf den Boden greifen. Schließlich war der Wind so stark, das ich mit aller Kraft die Folie am Körper halten musste. Ich japste immer mehr nach Luft und mir wurde plötzlich schwindlig.
‚ Wasser, ich brauche Wasser‘, drang es mir durch den Kopf. Da sah ich aus den Augenwinkeln einen Schatten auf mich zukommen und bekam einen Schlag aufd en Kopf. Nur noch ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: ‚Aus … aus … aus … das war’s dann mit dem Lauf‘, dachte ich noch und dann gingen mir die Lichter aus.
Wo ist Tom?
I nnerlich musste Frank natürlich grinsen, denn er kannte mich mit meiner etwas schwachen Blase. Schon zu Hause verloren wir beim Laufen oft kostbare Zeit und Frank lästerte dann ausgiebig damit, dass wir kurze Laufpausen und keine Pinkelpausen machen würden. Nachdem wir nun getrennt waren, zog Frank das Tempo merklich an. Beim Start hatte er schon festgestellt, dass es dieses Jahr eindeutig wärmer war, als bei den letzten Läufen. Dies fühlte Frank besonders, als er nach Kilometer acht auf den eigentlichen Wüstenpfad lief und ihm der heiße Wüstenwind ins Gesicht blies. Ab und zu schaute er nach hinten, konnte aber von mir nichts mehr sehen. Er hoffte, dass ich mich an seine Tipps hielt und nicht übertreiben würde. Er selbst blieb bei seinem Tempo. Er wusste, dass ich mir bei meinem ersten Wüstenlauf nichts beweisen musste, auch wenn ich sehr selbstkritisch war. Am Kilometer zehn füllte er schnell eine der zwei Getränkeflaschen auf und lief wieder weiter. Frank beobachtete wie sich das Läuferfeld anfing langsam aufzulösen und nun der Zeitpunkt gekommen war, dass sich die Spreu vom Weizen trennte. Hier und da lagen die ersten Läufer, die es einfach zu schnell angegangen waren, bereits an der Seite und wurden von den Betreuern versorgt. Er schüttelte immer wieder verständnislos mit dem Kopf, denn dieser Wüstenlauf in der Sahara war einfach kein Spaziergang und nicht mit einem normalen Marathon vergleichbar. Jeder Läufer wusste, dass schon die normalen 42,195 Kilometer kein Zuckerschlecken war. Hier, bei Temperaturen von weit über 40 Grad in der Wüste bestand immer die Gefahr, dass man plötzlich dehydriert, wenn man sich nicht an gewisse Regeln hielt. Frank erreichte die Schleife am
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