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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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»Siehst du dir die Tatortfotos und den Obduktionsbericht mit mir an für den Fall, dass ich was übersehe?«
    »Ich bin heute den ganzen Tag bei Gericht.«
    »Was ist heute für ein Tag?«, fragte er und sah auf die Datumsanzeige seiner Uhr. »Donnerstag? Vor Samstag werden wir ohnehin keine pathologischen Resultate haben.«
    »In Ordnung. In der Zwischenzeit bitte ich Sarah, dir jemanden zuzuweisen, der mit dir an dem Fall arbeitet.«
    Mike schloss die Tür, und ich ließ den Motor an. Er kam zur Fahrerseite herüber und stützte sich auf das Dach des Jeeps. »Hat dich deine Mutter im September weiße Schuhe tragen lassen, als du klein warst?«
    Ich war ungeduldig und wollte ins Büro. »Wovon redest du?«
    »Von den Chapman Babes«, sagte er. »Nach Labor Day passte meine Mutter auf, dass meine drei älteren Schwestern nicht in Weiß gesehen wurden.«
    »Ich weiß, wovon du redest.« Ich lachte, als ich mich an die Geschichten meiner eigenen Mutter über die Modevorschriften der fünfziger Jahre erinnerte.
    »Also gegen zwei Uhr heute Nacht parkt ein Streifenwagen vor der Sozialbausiedlung, in der dein Kumpel Kevin Bessemer verschwunden ist. Die Kerle sehen diesen wandelnden Modetraum die Straße runterlaufen. Weiße hochhackige Lacklederschuhe und eine weiße Schultertasche. Das ganze Outfit schien einfach total daneben.«
    »Wie meinst du das?«
    »Das Thermometer ist letzte Nacht auf fast zweiunddreißig Grad geklettert. Bei den Temperaturen würde ich ihr ja die Farbe ihrer Fußbekleidung durchgehen lassen, aber sie trug dazu so was wie einen Bisampelz.«
    »Einen Mantel?«
    »Ja, irgendwas Knöchellanges von einem felligen Nagetier. Vielleicht sogar ein Nerz, was weiß denn ich! Kevin hat sich seiner Haupttussi und ihrem Fenster zum Hinterhof wirklich dankbar gezeigt.«
    »Ihr habt seine Freundin? Wo ist sie jetzt?« Das brachte uns einen Schritt weiter, Bessemers Aufenthaltsort zu ermitteln. »Warum sagst du das nicht gleich? Kein Wunder, dass du mir die Neuigkeiten persönlich überbringen wolltest.«
    Er tippte mit der Hand an die Autotür. »Sie ist oben bei uns im Dezernat. Ich halt dich auf dem Laufenden. Wir werden sie in Kürze vernehmen. Tiffany Gatts. Ach ja, und du kannst noch einen Anklagepunkt auf Kevins Haftbefehl setzen.«
    »Und der wäre?«
    »Missbrauch von Minderjährigen«, sagte Mike und ging die Rampe zur Straße hinauf. »Die kleine Tiffany ist gerade erst süße sechzehn geworden.«

4
     
    »Das Volk des Staates New York gegen Andrew Tripping. Der Angeklagte, seine Anwälte und die Staatsanwältin sind anwesend«, verkündete der Assistent des Richters mit monotoner Stimme.
    Hinter Peter Robelon saßen nur noch drei Leute auf der, wie Mike Chapman es nannte, Bräutigamseite des Gerichtssaals.
    Harlan Moffett legte die Renntabellen beiseite, die er studiert hatte, und fragte jeden von uns einzeln, ob wir anfangen könnten. Der Richter hatte ein Faible für Rennpferde und unterbrach des Öfteren die Gerichtsverhandlungen, um die Hotline der Wettannahmestelle anzurufen und sich nach den Wettergebnissen zu erkundigen.
    »Wen haben Sie heute hier, Alexandra?«
    »Euer Ehren, ich glaube nicht, dass sich irgendjemand der heute hier Anwesenden als Zeuge der Anklage betrachtet. Ich vermute«, sagte ich und sah zu den beiden Frauen, die in der zweiten Reihe saßen, »dass Ms. Taggart anwesend ist. Ich habe gestern Abend mit ihr telefoniert, aber sie hat sich mir noch nicht vorgestellt.«
    Eine Frau mittleren Alters in einem knöchellangen, blümchengemusterten Kleid stand auf und trat vor. »Ich bin Nancy Taggart, Sir. Ich bin die gesetzliche Vertreterin des Waisenhauses von Manhattan.« Sie deutete auf die jüngere Frau neben sich, die einen ebenso strengen Eindruck machte. »Das ist Dr. Huang. Sie ist die Psychologin, die für die Supervision von Dulles Tripping zuständig ist.«
    »Und Sie?« Moffett zeigte mit seinem Hammer auf einen Mann, der allein in der ersten Reihe saß. »Sind Sie auch Jurist?«
    »Jesse Irizarry. Justiziar des Jugendamtes. Wir haben den Jungen weitervermittelt.«
    »Herrgott noch mal, in dem Fall gibt es mehr Anwälte als Zeugen. Was soll das Ganze? Können wir uns irgendwie einigen, wie wir fortfahren sollen?«
    »Euer Ehren, ich habe Sie letzte Woche gebeten, Dulles Tripping per richterlichem Beschluss vorzuladen.«
    »Und? Habe ich das nicht getan?«, fragte mich Moffett.
    »Nein, Sir.«
    Er ließ seinen kleinen Finger in Trippings Richtung kreisen. »Was ist

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