Der Leichenkeller
Sache hier darstellt, sind zwei Aufsichtsbehörden dafür verantwortlich! Euer Ehren, wie mir scheint, hatte jeder außer mir Gelegenheit, mit dem Jungen zu reden. Was müssen Sie denn noch hören?«
Huang biss sich nervös auf die Lippen und fuhr mit der Hand über die erste Seite ihrer Unterlagen, um nach konkreten Datumsangaben zu suchen.
»Wussten Sie von der Kontaktsperre?«
»Ja, Sir. Aber die Familienrichterin hat gesagt, dass sie sie aufheben würde. Im Interesse des Jungen.« Huang deutete auf Ms. Taggart. »Die Anwälte baten mich, die Treffen zu arrangieren.«
Schön zu wissen!
»Wann haben diese Treffen stattgefunden?«, fragte Moffett.
»Ich versuche gerade, den exakten Zeitpunkt zu finden. Das erste Treffen war ganz am Anfang, als der Angeklagte noch im Gefängnis war. Daran erinnere ich mich genau. Das zweite fand statt, kurz bevor ich im August in Urlaub ging.«
An der Atlantikküste musste es einen riesigen Strand geben, wohin im August alle Psychiater und Psychologen von New York verschwanden, in der Hoffnung, dass der städtische Vorrat an Antidepressiva und Stimmungsaufhellern ihre Patienten in Schach halten würde.
»Wie sind diese Treffen gelaufen?«, fragte Moffett.
»Sie werden verstehen, Euer Ehren, dass ich Ihnen nur ungern darauf antworte. Meine Gespräche mit dem Jungen unterliegen der Schweigepflicht. Falls ich dieses Vertrauen vor Gericht missbrauche, vor allem in Gegenwart seines Vaters, weiß ich nicht, ob Dulles jemals wieder mit mir sprechen wird.«
»Nun, wurde in Ihrer Gegenwart über die vorliegenden Anklagepunkte gesprochen?«
»Nein, Sir. Nicht über die vorliegenden Anklagepunkte.« Sie zögerte. »Aber über andere. Deshalb habe ich das Treffen abgebrochen.«
»Worüber hat Mr. Tripping gesprochen?«
»Nicht er, Sir. Dulles.« Huang sprach leise und starrte auf einen Punkt am Boden. »Der Junge fragte seinen Vater, ob es stimmte, dass er – Mr. Tripping – vor sieben oder acht Jahren an einer Verschwörung beteiligt war, wonach ein Attentat auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten verübt werden sollte. Der Junge hatte einen Zeitungsausschnitt dabei, den er aus dem Internet heruntergeladen hatte.«
Robelon war aufgesprungen und schlug mit der Hand auf den Tisch. »Einspruch, Euer Ehren. Von der Regierung wurde nie Anklage erhoben. Das hat mit diesem Fall nichts zu tun. Ich beantrage die Streichung aus dem Protokoll.«
Der Richter schien weder die Schwere dieser Beschuldigung zu begreifen noch die Angst des Jungen angesichts der potenziell gewalttätigen Vergangenheit seines Vaters. Ihn interessierte vor allem der Intelligenzgrad des Kindes.
»Einspruch abgelehnt. Der Junge hat diesen Zeitungsausschnitt selbstständig gefunden?«
Huang war jetzt auf festem Boden. »Online, an seinem Computer. Dulles ist ein sehr intelligenter junger Mann. Die Testergebnisse liegen deutlich über denen seiner Altersgruppe. Obwohl er erst zehn Jahre alt ist, ist er in der Lage, Texte auf Collegeniveau zu lesen.«
»Also muss ich mir keine Sorgen über seine Eidesfähigkeit machen?«
Man konnte nicht davon ausgehen, dass ein zehnjähriges Kind die Bedeutung eines Eids verstand. Moffett schien erleichtert zu sein, dass er sich nicht zusätzlich mit diesem Problem herumschlagen musste.
»Er hat die intellektuellen Fähigkeiten, einen Eid abzulegen. Was ich nicht garantieren kann, ist, ob er sich eventuell zu einer Falschaussage entschließt.«
»Das bringt Ms. Cooper in eine sehr schwierige Position, Ms. Taggart. Nehmen wir an, ich lasse sie den Jungen in den Zeugenstand rufen, obwohl Sie ihr nicht erlaubt haben, vorab mit ihm zu sprechen. Nehmen wir an, seine Aussage ist entlastend und er bestreitet, dass ihm sein Vater wehgetan hat. Angenommen – und ich weiß nie, was Ms. Cooper noch in petto hat –, aber angenommen, sie weiß, dass die Aussage des Jungen nicht mit früheren Aussagen übereinstimmt.«
»Das wäre möglich.«
»Nun, dann sitzt Ms. Cooper in der Zwickmühle. Sie kann ihn nicht ins Kreuzverhör nehmen. Sie kann nicht die Glaubwürdigkeit ihres eigenen Zeugen anzweifeln.«
Taggart funkelte mich an. »Sie kann Dulles zu einem Zeugen der Gegenseite erklären.«
Ich war aufgesprungen. »Ich weiß nicht, ob Ms. Taggart jemals einen Fall vor Geschworenen verhandelt hat. Vermutlich nicht. Falls Sie denken, dass ich ein zehnjähriges Kind einer solchen Belastung aussetzen würde, sowohl in emotionaler als auch juristischer Hinsicht, dann brauchen Sie
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