Der Leichenkeller
noch zäherer Brocken. Sein Angebot gefiel ihr nicht. Wahrscheinlich wusste sie, dass er sie übers Ohr hauen wollte.«
Mike sprach so leise, dass ich ihn kaum hören konnte. »Also hat er die alte Dame umgebracht.«
»Und es so eingefädelt, dass Kevin Bessemer dafür den Kopf hinhalten musste. Denn wer wird schon einem verurteilten Knacki und Crackhead glauben, dass Queenie bereits tot war, als er hinkam?«
»Er hat sogar das ganze juristische Verfahren und alle Beteiligten kontrolliert.«
»Genau.«
»Warum braucht jemand mit so viel Knete noch sieben Millionen?«, fragte Mercer.
»Weil er nicht wirklich so viel Geld hat, wie du denkst«, sagte ich.
»Die Kunstsammlung, die Yacht, das Haus auf Nantucket –«
»Graham Hoyt bestiehlt seit Jahren seine Kanzlei. Er leidet an einer Sucht, die genauso pathologisch ist wie Bessemers Kokainabhängigkeit. Er muss besitzen und sammeln – wie die Männer, die er vergöttert. Es ist eine Krankheit.«
»Wofür ein Anwaltsgehalt nicht reicht. Das hast du schon gesagt, als er das erste Mal aufkreuzte.«
»Er beklaut seit Jahren seine Partner. Er behauptet, dass er Wohltätigkeitsorganisationen Schecks ausstellt und lässt sich von der Firma die Ausgaben erstatten. Nur sind diese Schecks direkt in seine eigene Tasche gewandert, für seine Yacht und seine Kunstsammlungen.«
»Also wollte er den Doppeladler und das Stück Papier versteigern lassen und dafür sieben Millionen Dollar einkassieren. Dann wäre er aus dem Schneider und wieder eine Weile flüssig. Der falsche Dreckskerl.«
»Denkt dran, was er mir noch erzählt hat. Hoyt wollte unbedingt, dass Tripping auf schuldig plädierte. Andrew wäre im Gefängnis und bei der Jagd nach dem goldenen Vogel aus dem Spiel gewesen.«
Mercer wusste, wovon ich sprach. »Und er kam letzten Freitagabend in dein Büro und sagte dir, dass Robelon Dreck am Stecken hätte und dass die Bezirksstaatsanwaltschaft gegen ihn ermittelte.«
»Richtig. Es gefiel ihm, mich abzulenken, indem er allen anderen etwas in die Schuhe schob. Und ich bin darauf hereingefallen.«
»Das sind wir alle«, sagte Mike.
Es klopfte wieder an der Tür, und der Ranger kam herein. »Es wird langsam dunkel, Mr. Wallace. Der Hubschrauber muss noch vor Sonnenuntergang weg. Wir sind nicht auf Nachtflüge eingerichtet.«
Mike stand auf. »Was sagst du dazu, Coop? Wir haben unser eigenes fliegendes Taxi vor der Tür. Wir fliegen dich überall hin, wohin du willst.«
Ich lehnte mich zurück und versuchte, die schrecklichen Bilder der vergangenen Woche aus meinem Kopf zu verscheuchen. Die Schatten während des Hurrikans, Hoyts Grinsen, als er nach dem Schraubenschlüssel im Cockpit seines Bootes griff, die Schlinge, die wahrscheinlich vorher um Paige Vallis’ Hals gelegen hatte.
»Wie wär’s mit einem Flug zum Mond?«
Ich ignorierte Mikes Geplänkel. »Wo ist der Junge? Was wird mit Dulles geschehen?«
Mercer nahm meine Hand und half mir auf. »Ms. Taggart und die Leute vom Jugendamt kümmern sich seit Wochen darum. Sie haben sich nie viel aus Hoyt und seiner Frau gemacht. Mrs. Hoyt hat sich offenbar stets zu viele Sorgen über Trippings Verstrickung gemacht, und wahrscheinlich hat sie auch vor ihrem Ehemann Angst gehabt.«
»Der Gedanke, was bei all dem aus dem Jungen wird, macht mich ganz krank.«
»Die Sache könnte ein gutes Ende nehmen. Trippings zweite Frau hatte von vornherein ein gutes Verhältnis zu Dulles. Sie hatte Andrew verlassen, weil er sie geschlagen hat. Jetzt lebt sie mit ihrem Mann und zwei Kindern in Connecticut. Sie sagt, falls Andrew bereit wäre, das Richtige zu tun und den Jungen für immer loszulassen, wäre sie bereit, Dulles zu adoptieren.«
Mike gab keine Ruhe. »Siehst du, niemand mehr, um den du dir Sorgen machen musst, außer um dich selbst. Vergiss die Sandwiches. Sie sind schon alt. Wir packen einen Picknickkorb und fliegen … hm, schaffen wir es mit dieser Kaffeemühle bis nach Paris? Weiß das jemand?«
»Die Münze, Mercer. Sucht jemand die Münze?«, fragte ich. »Hoyt muss sie an dem Tag, an dem er Queenie umgebracht hat, aus ihrer Wohnung gestohlen haben.«
Mercer hakte sich bei mir ein, als wir das Gebäude verließen und auf den blauweißen Polizeihelikopter zugingen. »Die Polizei hat Hoyts Wohnung, sein Büro und die Yacht versiegelt, bis wir die Durchsuchungsbeschlüsse bekommen. Wir sehen uns natürlich auch seine Banksafes an. Wir werden sie finden.«
Mike nahm meinen anderen Arm, und gemeinsam gingen
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