Der Leichenkeller
glaube ich.«
»Dann denkst du auch …« Mike ließ sich meine Theorie durch den Kopf gehen.
»Ich wette, dass Paige das Dokument bei dem Einbrecher gefunden hat – vielleicht haben sie sogar darum gekämpft.«
»Wusste sie, was es war?«
»Ich bin mir nicht sicher, aber sie war schlau genug zu wissen, dass es ziemlich wichtig sein musste, wenn jemand dafür einen Mord begehen würde. Wer weiß, eventuell hatte ihr Vater ihr davon erzählt, weil er dachte, dass die gestohlene Münze irgendwann irgendwo wieder auftauchen würde. Und dass er – und nach seinem Tod Paige – die einzige Person wäre, die den Schlüssel in der Hand hielt, aus einem Zwanzig-Dollar-Goldstück sieben oder acht Millionen Dollar zu zaubern.«
»Mal angenommen, Alex, wir finden das Dokument in Dulles’ Jacke. Was glaubst du – warum hat Paige es dir gegeben?«, fragte Mercer.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, dass sie zu diesem Zeitpunkt niemand anderem mehr vertraute. Am Abend vor ihrer Zeugenaussage erhielt sie einen Anruf von Harry Strait. Also war sie an dem Vormittag, als sie in mein Büro kam, verängstigt genug, mir von ihm zu erzählen. Aber da hatte sie mir die Baseballjacke noch nicht gegeben.«
»War Strait nicht auch im Gerichtssaal?«
»Ja. Sie betrat den Zeugenstand, und da saß nicht nur Andrew Tripping, der sich viel zu sehr für ihren Vater und seine Arbeit interessiert hat, als dass es ein Zufall hätte sein können, sondern zusätzlich Strait.«
»Das jagte ihr natürlich noch mehr Angst ein«, kommentierte Mike.
»Wir gingen in den Zeugenraum zurück, und bevor sie sich verabschiedete, entschloss sie sich, mir die Yankees-Jacke zu geben.«
»Aber sie hat dir gegenüber keine Andeutung gemacht, dass sie etwas darin versteckt hat.«
»Sie hatte Angst, Mike, aber trotzdem können die meisten Leute wohl schwer begreifen, dass ihr Leben in unmittelbarer Gefahr war. Sie hatte seit Monaten mit dieser Gefahr gelebt.«
»Außerdem«, fügte Mercer hinzu, »war sie Alex gegenüber nie sehr direkt gewesen, außer man setzte sie unter Druck. Bei ihr kam alles stückchenweise heraus. Bis unmittelbar vor ihrer Zeugenaussage.«
»Als ersten Schritt gab sie mir die Jacke, damit ich auf sie aufpasste. Sie wollte sie loswerden und in sicheren Händen wissen. Als Nächstes würde sie jedem schwören, dass sie sie nicht mehr hatte.«
»Das hat ihr offenbar nichts genützt«, sagte Mike.
»Ich wette, Hoyt lockte sie mit dem Vorwand aus der Wohnung, dass sie Dulles sehen könnte, und lauerte ihr dann im Waschraum auf. In ihrer Todesangst hat sie ihm gesagt, dass sie mir das Dokument gegeben hatte – er dachte, sie hätte es mir geschickt.«
»Und als sie das sagte«, fuhr Mike fort, »war sie so gut wie tot. Er brauchte sie nicht mehr.«
»Wahrscheinlich wollte sie mir die ganze Geschichte am Montag erzählen. Sie hat sich nur verschätzt, wie gefährlich Hoyt war.«
Mercers Handy klingelte. Das kurze Gespräch bestätigte, was wir bereits vermutet hatten. Paige Vallis hatte das Dokument, das 1944 versehentlich einen zweiten Doppeladler zum gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht hatte, in das Taschenfutter von Dulles Trippings Lieblingsjacke eingenäht.
»Hat Hoyt auch etwas über das Polaroidfoto von Queenie und Dulles gesagt, das mir Mrs. Gatts heute gegeben hat?«, fragte Mercer.
Ich lächelte ihn an. »Ich und mein großes Mundwerk. Hoyt hörte, wie ich mit dir über Fabian und das Foto sprach. Damit hätte ich mir fast mein Grab auf dem Meeresboden geschaufelt.«
Mike wusste noch nichts von Mercers Neuigkeit.
»Jemand soll sich so bald wie möglich mit Dulles unterhalten. Ich glaube, Hoyt hat ihm jedes Mal, wenn er ihn bei sich hatte, ein kleines Geheimnis zugemutet. Hoyt hat den Jungen zu McQueen Ransome mitgenommen.«
»Warum denn das?«
»Kinder konnten sie um den kleinen Finger wickeln. Das wissen wir von ihren Nachbarn. Hoyt tat so, als sei er ein großer Fan von ihr, erzählte ihr all die Geschichten, die er über Faruk wusste, und erklärte sich bereit, am Schomburg eine Ausstellung über ihre Glanzzeit zu finanzieren. Und er brachte einen blonden Jungen mit – der genauso alt war wie ihr Sohn, als er starb, und mit einer traurigen Geschichte. Wen hatte Queenie denn noch, dem sie ihr spärliches Hab und Gut vererben konnte? Warum nicht diesem armen Jungen, der keine Mutter mehr hat?«
»Aber etwas ging schief.«
»Ja, ich glaube, Queenie war mindestens genauso clever wie Graham Hoyt und ein
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