Der Leichenkeller
mein Feind ist. Aber wenn du mit ihm plaudern willst, dann mach das von deinem Büro aus. Ich trau dem Kerl nicht über den Weg. Du solltest es genauso wenig.«
»Also gut, dann werde ich unsere Verabredung zum Mittagessen absagen.«
»Geh ruhig. In Ordnung. Ich will dich nicht von deiner unermüdlichen Informationssammelwut abhalten, Jake. Aber wenn er von einem meiner Kollegen unter Anklage gestellt wird, will ich ganz sicher nicht, dass man fünfzehnminütige Telefonate von meinem Privatanschluss zu seinem nachweisen kann.«
»Was meinst du damit, unter Anklage gestellt?«, rief er mir hinterher, während ich ins Bad ging, um zu duschen und mich anzuziehen.
»Er hat Dreck am Stecken«, sagte ich und schloss die Tür hinter mir.
Als ich zwanzig Minuten später wieder in die Küche kam, hatte Jake den Muffin gegessen und war wieder ins Wohnzimmer gegangen. Ich schüttete Cornflakes in eine Schüssel und aß sie allein am Tisch.
»Was wirst du heute tun?«, fragte ich.
»Die Zeitung lesen. Ins Fitnessstudio gehen. Jemanden finden, der in einem netten Straßencafé wie beispielsweise Swifty’s mit mir brunchen und diesen herrlichen Herbsttag genießen will. Wie sieht’s aus?«
»Wenn du mit dem Brunch bis zwei Uhr warten kannst und mich ein paar Stunden hinunter ins Revier fahren lässt, damit ich herausfinden kann, ob es was Neues gibt, verspreche ich, dass ich besser gelaunt zurückkomme.«
»Es ist mir egal, ob du besser oder schlechter gelaunt bist, solange du mir deine Laune erklärst. Hilf mir, dich zu verstehen.«
»Wirst du morgen mit der Frühmaschine nach D.C. zurückfliegen?«, fragte ich.
»Nein. Ich nehme den Sechs-Uhr-Flug heute Abend. Morgen findet um neun Uhr im Weißen Haus ein Briefing statt, das ich nicht verpassen darf.«
Es war eine subtile Art, mich unter Druck zu setzen. Keine Chance auf eine nächtliche Versöhnung im Bett, also kam ich besser rechtzeitig zum Brunch nach Uptown. Ich war enttäuscht und gleichzeitig erleichtert. Solange ich in diesem Schlamassel steckte, war es leichter, wenn Jake nicht in der Stadt war. Das allein sagte mir etwas über unsere Beziehung, das ich nur ungern zugeben wollte.
Seit ich vor wenigen Stunden das erste Revier verlassen hatte, hatte sich nichts Neues getan. Squeeks und sein Partner hatten auf den Pritschen im Umkleideraum geschlafen und waren schon wieder am Tatort, um nach Hinweisen und Spuren zu suchen.
Ich setzte einige Beweisaufnahmeanträge für die Telefonunterlagen auf, obwohl wir vor Montag keine Resultate erhalten würden. Dann benachrichtigte ich Paiges Vorgesetzten und zwei Arbeitskollegen, mit denen sie befreundet gewesen war, damit sie nicht durch die Presse von dem Mord erfahren würden. Vor allem aber saß ich am Schreibtisch und fühlte mich nutzlos und unglücklich.
Um halb zwei ging ich nach unten, rief ein Taxi und sagte Jake per Handy Bescheid, dass ich ihn im Restaurant auf der Lexington Avenue treffen würde.
»Ein paar gute Nachrichten für dich, Alex. Peter Robelon hat gerade noch einmal angerufen. Ich soll dir ausrichten, dass sowohl er als auch Graham Hoyt heute von Dulles Tripping gehört haben. Es scheint ihm gut zu gehen. Er sagte, er sei von seinem gesparten Taschengeld mit dem Bus nach Upstate gefahren, in die Stadt, in der er bei seiner Großmutter gelebt hatte. Ziemlich reif für einen Zehnjährigen. Er war bei einem Freund. Und ja, Liebling, Robelon hat den Anruf zurückverfolgen lassen. Die Vermittlung hat bestätigt, dass der Anruf von einem Münzfernsprecher in Upstate New York kam. Ich bringe die Nummer mit.«
»Gott sei Dank geht es ihm gut«, sagte ich. »Ich habe mein Handy dabei. Du hättest Robelon bitten können, mich anzurufen.«
»Nachdem du gesagt hast, dass du nicht willst, dass irgendwelche Nachweise von Telefonaten zwischen euch beiden auftauchen? Ich habe versucht, das Richtige zu tun, Alex. Entschuldige, wenn ich wieder einen Fehler gemacht habe.«
»Nein, nein! Du hast Recht. Die ganze Sache mit dem Jungen macht mich nur so nervös. Ich will nicht, dass er noch mehr aus dem Ruder läuft, wenn er herausfindet, dass Paige ermordet worden ist.«
Ich nahm einen Post-it-Zettel aus meinem Scheckbuch. »Sag mir die Nummer des Münzfernsprechers. Ich werde sie an die Detectives weiterleiten, damit sie herausfinden können, woher genau der Anruf kam.« Ich wollte das Dienstliche erledigt haben, bevor wir uns zum Essen trafen.
Jake saß an einem kleinen, runden Tischchen für zwei, inmitten
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