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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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lieber mit ein paar Millionen in der Tasche in Toronto wäre. Stattdessen lief ich diesem Kerl ins offene Messer.« Er gab ein dünnes, freudloses Lachen von sich.
    »Hätte nicht im Traum gedacht, dass der ebenfalls dem Kreis angehört.«
    »Woher kanntest du ihn?«
    »Wir haben früher miteinander Geschäfte gemacht, lange bevor ich in die Fänge von Enqvist geriet. Ich hielt ihn für einen anständigen Kerl, dem man vertrauen konnte.«
    »Würde sich ein anständiger Kerl auf solch einen Deal einlassen?«, fragte Roffe.
    »Ich habe einfach darauf vertraut, dass er gegen so leicht verdientes Geld nichts einzuwenden hätte. Das war der Fehler meines Lebens.« Er holte tief Luft und schüttelte heftig den Kopf. »Mein Gott, erst gestern habe ich ihn besucht. Es kommt mir vor, als sei das Wochen her.«
    »Und? Wie hat er dein Angebot aufgenommen?«
    »Mit Interesse. Er lud mich in sein Haus ein. Ich dachte, alles sei in bester Ordnung, als plötzlich Enqvists Gorillas im Wohnzimmer erschienen. Ich habe sie sofort wiedererkannt. Mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Ich hatte selbst mehrfach ihre Dienste in Anspruch genommen, wenn es Schwierigkeiten bei der Rückzahlung von Krediten gab. Manchmal ist es ganz nützlich, den Leuten einen Schreck einzujagen. Aber ich habe dem Tod ins Auge geblickt. Es mag sich für dich pathetisch anhören, aber in den letzten vierundzwanzig Stunden habe ich unerträgliche Qualen gelitten. Ich weiß doch, dass Enqvist nur hundertprozentige Profis beschäftigt. Also hatte ich auch keine Hoffnung mehr, meine Haut retten zu können. Sie haben mich erst heute Abend von Eskilstuna bis zu dieser Hütte 368
    transportiert, und als die Polizei plötzlich hereinstürmte, habe ich erst gar nicht durchgeblickt. Ich dachte, es handle sich um eine konkurrierende Organisation, und habe gehofft, möglichst schnell durch einen Querschläger getötet zu werden. Als mir schließlich klar wurde, dass es Polizisten waren und ich wider Erwarten überlebt hatte, begann ich am ganzen Körper zu zittern, als hätte ich einen Schock. Mir ist immer noch ein Rätsel, woher ihr wusstet, dass mich Enqvist heute Abend in dieser Hütte erwartete.«
    »Später …«, entgegnete Roffe nachdenklich.
    Er warf einen Blick aus dem Fenster und bemerkte zu seinem Missfallen, dass sie fast am Ziel waren. Er hätte den Fahrer am liebsten gebeten, noch einmal eine Runde um die ganze Stadt zu drehen, damit er das Verhör ohne Unterbrechung fortsetzen konnte. Axel war jetzt richtig in Fahrt, und eine Änderung der äußeren Umstände konnte dazu führen, dass er den Faden verlor.
    Doch er sah ein, dass seine Kollegen nach dem anstrengenden Einsatz erschöpft waren und nach Hause wollten. Dann mussten sie das Verhör eben in Gudruns Dienstzimmer zu Ende führen.
    »Wir machen eine Pause«, sagte er zu Gudrun, die das Aufnahmegerät bediente. »Wir können das Verhör im Präsidium fortsetzen.«
    »Fortsetzen?«, rief Axel. »Was soll das heißen, Roffe? Es ist fast zwölf Uhr, und ich habe euch alles erzählt, was ich weiß.
    Mehr gibt es nicht zu sagen.«
    Roffe starrte gedankenverloren vor sich hin. Plötzlich war ihm sehr unbehaglich zumute. Er versuchte zu ergründen, woran das lag, fühlte sich im Moment jedoch zu müde dazu. Sie brauchten eine Pause und etwas zu essen, dann würden sie weitersehen …
    »Vielleicht gibt es doch noch mehr zu erzählen«, murmelte er.
    »Ich habe jedenfalls noch ein paar Fragen an dich.«
    Axel stieß einen demonstrativen Seufzer aus, der in ein Gähnen überging.
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    »Ich dachte, ich könnte mich endlich ein wenig ausruhen«, jammerte er.
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    Dieselbe Nacht
    Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie sich wieder in Gudruns Dienstzimmer versammelt hatten.
    Gudrun war es irgendwie gelungen, riesige Schinkenbrote aufzutreiben, die sie zusammen mit dem Kaffee auf ihren Schreibtisch stellte. Nach den Ereignissen des Abends herrschte eine auffallende Stille.
    Roffe, der seinen Hunger schon wieder vergessen hatte, nahm von der verführerischen Zwischenmahlzeit keine Notiz. Er tigerte in dem begrenzten Raum hin und her, während er sich den Kopf zerbrach, wie er die Fragen stellen musste, um die Wahrheit aus Axel herauszukitzeln.
    Dieser kauerte zusammengesunken auf einem Stuhl, als wäre alle Luft aus ihm gewichen. Er sah mitgenommen und geistesabwesend aus. Gudrun gab ihm ein Zeichen, dass das Aufnahmegerät lief, worauf Roffe unerbittlich sein Verhör fortsetzte.
    »Wusste Marianne,

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