Der leiseste Verdacht
wütend auf ihn, weil er auch ihr noch Geld schulde.
Erst jetzt sei ihr klar geworden, dass sie ebenfalls zu den Betrogenen gehört. Doch nun, behauptete sie, habe sie durch eine zuverlässige Quelle erfahren, dass Axel wieder in 51
Stockholm sei. Sie wisse auch wo, könne aber aus
verschiedenen Gründen nicht zur Polizei gehen. Sie schlug vor, wir sollten gemeinsame Sache machen. Sie wollte mich zu ihm führen, und ich sollte versuchen, so viel Geld wie möglich aus ihm herauszuholen. Sie betonte, ich müsse sofort nach Stockholm kommen, weil er sehr umtriebig sei und jederzeit wieder verschwinden könne. Sie schlug den kommenden Tag, also Dienstag vor. Ich biss sofort an und machte mich gutgläubig auf den Weg.«
»Hast du den Brief aufgehoben?«, fragte Roffe.
»Nein, den hab ich verbrannt, bevor ich weg bin. Katharina habe ich erzählt, ich wolle zu einem alten Bekannten von Axel, einem männlichen Bekannten, versteht sich, der mir geschrieben und seine Hilfe angeboten habe.«
»Und was ist in Stockholm passiert?«
PM schwieg eine Weile. Roffe bemerkte, dass er
außergewöhnlich blass geworden war. Schließlich zuckte sein Freund mit den Schultern.
»Nichts. Sie war nicht da. Ihr Anrufbeantworter teilte mit, sie sei gerade nicht zu Hause oder so was. Ich habe wie ein Verrückter gegen ihre Tür gehämmert und Sturm geklingelt.
Habe noch eine ganze Weile vor ihrem Haus auf sie gewartet, aber sie ist nicht aufgetaucht.«
»Wie erklärst du dir das?«
»Ich neige zu der Auffassung, dass sie mir eins auswischen wollte. Schließlich hatte ich sie abgewiesen und bedroht. Was weiß denn ich, wie nachtragend sie ist.«
Roffe nickte nachdenklich. »Das scheint mir nicht
unwahrscheinlich. Der Brief könnte durchaus ein Bestandteil ihres Racheplans sein. Wir sollten mit ihr reden. Kannst du mir ihre Adresse geben?«
52
PM sprang erregt auf. »Was soll denn das für einen Sinn haben? Sie hat doch schließlich erreicht, was sie wollte. Ich habe mich schön hinters Licht führen lassen und stehe als der Depp da, der ich nun mal bin. Reicht das nicht?«
»Sie erhebt in ihrem Brief einen schwerwiegenden Vorwurf gegen dich.«
»Den kann doch wohl niemand ernst nehmen. Ich habe jedenfalls nicht die geringste Lust, mich noch länger mit dem Thema abzugeben.«
»Dir ist doch wohl klar, dass ich einen solchen Hinweis nicht einfach übergehen kann, es sei denn, er wäre offenkundiger Blödsinn. Natürlich bin auch ich davon überzeugt, dass der Brief ein Bluff ist, aber ich muss der Sache nachgehen, sonst mache ich mich eines dienstlichen Vergehens schuldig. Willst du, dass ich ihre Adresse selbst herausfinde?«
»Engelbrektsgata 5.«
»Danke, ich werde meinen Kollegen in Stockholm die nötigen Informationen zukommen lassen, damit sie die Sache weiterverfolgen können. Mach dir keine Sorgen, das wird sich alles regeln.«
Roffe schaute auf die Uhr. »Ich brauche jetzt was zu essen.
Kommst du mit?«
PM schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Hunger. Ich setze mich einfach in die Bibliothek und warte. Katharina ist in einer Stunde fertig. Ich muss nach Hause und mich erst mal richtig ausschlafen.«
Sie verabschiedeten sich auf der Straße, weil sie in unterschiedliche Richtungen mussten.
»Ich lasse von mir hören, wenn sich irgendwas tut«, sagte Roffe.
»Ja, tu das«, entgegnete PM ohne große Begeisterung und trottete dem Zentrum von Christiansholm entgegen.
53
7
Am selben Tag
Doch PM ging nicht unmittelbar zur Bibliothek zurück.
Während eines flotten Spaziergangs steuerte er plötzlich eine leere Bank im Stadtpark an. Er verspürte ein starkes Bedürfnis, seine Gedanken zu ordnen. Aber wo anfangen? Er stocherte in zähem Nebel. Ein unbändiger Zorn tobte in ihm, sein Herz raste.
Im Grunde hatte es zu rasen begonnen, als Roffe ihm den Brief gezeigt hatte. Verdammt noch mal, gestern hatte er den Schock seines Lebens bekommen und heute … heute sah alles fast noch schlimmer aus.
Er ließ den Blick über das Gewimmel im Park schweifen. Es war Mittagszeit, und auf den Bänken ringsum wandten die Leute ihre Gesichter gen Himmel, um sich mit ihrer Tagesration Sonne zu versorgen. Zwei Pudel, ein weißer und ein grauer, hatten auf dem Kiesweg vor seinen Füßen eine leidenschaftliche Liaison, während sie ihre menschlichen Anhängsel hinter sich her zogen.
Auf dem Rasen, ein Stück weit entfernt, saß eine Horde Jugendlicher auf ihren Jacken und ließ ein unausgesetztes Geschnatter hören. Ab und zu
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