Der leiseste Verdacht
lag ein hellgrüner Schimmer über dem weiten Tal. Die Aussicht war zu Recht in der gesamten Umgebung berühmt.
Katharina hielt neben dem Briefkasten, kurbelte die Scheibe hinunter und angelte sich mit gestrecktem Arm die Post, ohne aus dem Wagen zu steigen. Dann fuhr sie die letzten fünfhundert 62
Meter, die zwischen Weiden und Laubbäumen hindurchführten, zu ihrem Haus.
Nachdem sie das Eingangstor durchfahren hatte, stellte sie den Motor aus und löste den Gurt.
Sie gab ihrem Mann einen sanften Schubs.
»Raus mit dir. Im Kofferraum ist eine Kiste. Die kannst du mit reinnehmen.«
Er wand sich mühsam aus dem Wagen und machte sich an der Kofferraumklappe zu schaffen. Katharina schloss die Haustür auf.
»Stell sie einfach in die Küche«, sagte sie. »Dann kannst du dich an deinen Herd setzen. Schenk mir ruhig auch einen Whisky ein. Ich komme gleich.«
Trotz des sonnigen, milden Wetters zögerte PM nicht lange und entfachte ein Feuer im Kamin. Er zog zwei Sessel an den Kamin heran und füllte die Gläser mit seinem besten Whisky, während die Flammen emporloderten. Er ließ sich in einen der Sessel sinken, legte die Füße auf die vordere Kante des Kamins und seufzte wohlig auf, als er die Hitze an den Fußsohlen spürte.
Als Katharina hereinkam, zeigte er auf ihr Glas, das auf dem Kaminsims stand.
Sie nahm Platz, nippte an dem Whisky und sah ihren Mann prüfend an.
»Geht es dir jetzt besser?«, fragte sie.
Er blickte sie unschlüssig an. »Na ja, mir geht es so gut, wie es nach zweitägigem sinnlosem Herumirren in einer verrückten Welt eben möglich ist«, entgegnete er.
»Was wollen wir essen?«, fragte sie.
»Müssen wir was essen?«
»Ich denke schon, aber ich habe heute keine Lust zu kochen.
Du vermutlich auch nicht.«
»Lass uns einfach ein paar Stullen schmieren.«
63
Katharina trat sich die Schuhe von den Füßen und kuschelte sich tiefer in ihren Sessel.
»In Ordnung. Ich mache einen Salat dazu. Aber erst mal muss ich mich ein bisschen entspannen.«
»Was hat er dann gemacht?«, fragte PM.
»Wer?«
»Nygren, nachdem Nisse ihm gezeigt hat, was er aus der Jauchegrube gezogen hat.«
»Vermutlich wird er umgehend die Polizei verständigt haben.
Über Nygren hatte Nisse übrigens so einiges zu sagen.«
»Und was?«
»Er meint, Nygren interessiert sich gar nicht für die Schweine, nimmt sie nicht richtig ernst, und das kann Nisse einfach nicht nachvollziehen. Außerdem fährt Nygren immer wieder für ein paar Tage weg, ohne jemandem zu sagen, wo er erreichbar ist.
Er gibt seinen Angestellten keine klaren Anweisungen. Schon ein paar Mal ist es zu Missverständnissen bei den Lieferungen für die Schlachterei gekommen. Dass er sich mit den praktischen Aspekten der Schweinezucht nicht auskennt, macht Nisse nichts aus, denn in dieser Hinsicht gibt es sowieso niemanden, der ihm das Wasser reichen kann. Aber dass Nygren nicht einmal versucht, finanziell das Maximale aus den Schweinen herauszuholen, kommt Nisse verdächtig vor.«
PM lachte auf. »Jemand, der die Schweine so ernst nimmt wie Nisse, findet sich ja auch kein zweites Mal. Du scheinst dich zu freuen, jemanden gefunden zu haben, der deine Theorie bekräftigt – du weißt schon, die vom falschen Bauern, der sich bei Vollmond in einen Nachtclubbesucher verwandelt.«
»Meinst du wirklich?«
»Das sind doch ganz normale menschliche Eigenschaften.
Wenn die größten Vorwürfe darin bestehen, dass er nichts von 64
Schweinen und vom Geldverdienen versteht, dann ist Nisse ein alter Querulant.«
»Natürlich ist er ein Querulant, das ist er schon immer gewesen, aber das ändert nichts daran, dass Nygren ein undurchsichtiger Typ ist. Ich frage mich, warum er sich ausgerechnet für die Schweinezucht entschieden hat, wenn er offenbar nichts davon versteht. Außerdem mag ich seinen Hund nicht. Nisse sagt, er sei lebensgefährlich. Und dann ist da noch die Sache mit Marco.«
»Ich gebe zu, dass man dem Köter nicht trauen kann, aber was ist mit Marco?«
»Du weißt doch, dass Nisse vor Wut schäumt, wenn auch nur die Rede von Marco ist. Eigentlich merkwürdig, denn Marcos Charme erliegt doch fast jeder. Fragt sich nur, warum er als Vorarbeiter eingestellt wurde. Er besitzt keinerlei Ausbildung, die irgendwas mit der Landwirtschaft zu tun hätte. Nisse zufolge hatte er noch nie ein lebendes Schwein gesehen, ehe er hierher kam. Und ausgerechnet er wird von Nygren mit der
Gesamtverantwortung für den Hof betraut. Ist doch kein Wunder,
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