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Der Puppen-Galgen

Der Puppen-Galgen

Titel: Der Puppen-Galgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Sie ist tot«, sagte der Mann. »Ja, wie man sieht.«
    »Hätte nicht gedacht, daß es so schnell gehen würde. Auf einmal war sie nicht mehr da. Zack, einfach weg.«
    »Und was geschieht mit ihren Sachen? Den persönlichen Dingen, die sie besaß?«
    »Das weiß ich doch nicht. Vielleicht kommen sie unter den Hammer. Oder man verbrennt den Kram.«
    Der zweite Mann staunte. »Oh, all die Puppen und…«
    »Weiß ich auch nicht. – Los, den Deckel! Ist ja nicht die erste Tote, die wir einsargen.«
    »Stimmt!«
    Die beiden Männer pfiffen, als sie den Sargdeckel hochhoben. Einer bemerkte noch, daß es billiges Holz war.
    »Spielt keine Rolle«, meinte sein Kollege. »Die Würmer fressen alles, ob der Sarg nun billig war oder ein Vermögen gekostet hat.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Die Männer hatten den Deckel aufgehoben und traten mit ihm an das Unterteil heran. Sie warfen noch einen letzten Blick auf die Frau. »Sie sieht selbst aus wie eine Puppe.«
    »Kein Wunder. Die hat nur für ihre Puppen gelebt. Los jetzt!«
    Sie senkten den Deckel, paßten ihn genau an und befestigten ihn durch das Hochklappen der Schloßdeckel.
    »So, das war’s mal wieder.«
    »Und wann wird die Frau abgeholt?«
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich morgen früh. Oder glaubst du, daß in der Nacht noch jemand kommt?«
    »Bestimmt nicht.«
    »Na denn – Abmarsch! Ich habe wahnsinnigen Durst.«
    »Frag mich mal.«
    Die beiden Männer verließen die Schreinerei. Der letzte schaltete noch das Licht aus. Es wurde dunkel – dunkel wie in einem Sarg…
    ***
    Die Stimmen waren verstummt. Den typischen Holzgeruch einer Schreinerei nahm sie nicht mehr wahr. Absolute Dunkelheit umgab sie jetzt, denn der Sarg schloß fugendicht.
    Irielle Fenton schrie. Aber sie schrie nicht wirklich. Hätte sie es gekonnt, hätte man sie nicht in den Sarg gelegt. So dachten die Menschen, sie wäre tot. Das aber stimmte nicht. Sie lebte. Sie war nicht tot, auch wenn es den Anschein gehabt hatte.
    Der Scheintod, ein altes Trauma der Menschen, hatte sie erwischt, und sie konnte nicht auf sich aufmerksam machen.
    Scheintot sein und lebendig in einen Sarg gelegt und dann begraben zu werden, das war die Hölle!
    In einem Sarg lag sie bereits. In einem, der fugendicht schloß. Kein Streifen Helligkeit drang hinein. Irielle Fenton erlebte die absolute Finsternis. Sie durchlitt die ersten Sekunden der totalen Dunkelheit, und sie dachte für einen Moment daran, daß sie einen Traum erlebte, einen bösen, alles verzehrenden Alptraum. Sie lag auf dem Rücken und war steif, aber nicht tot.
    Der Arzt hatte sich geirrt!
    ICH BIN NICHT TOT!
    Der innerliche Aufschrei glich einem verzweifelten Hilferuf, aber niemand konnte ihn hören. Nur die Schatten um sie herum. Und sie waren so schrecklich dicht.
    Gott, ich lebe! Ich weiß, daß ich lebe. Warum wissen es denn die anderen nicht? Sie hätten es doch merken müssen. Allen voran der Arzt.
    Er hat mich einfach für tot erklärt, und jetzt bin ich eingesargt. Ich werde ersticken, irgendwann. Ich werde mitbekommen, wie man mich wegträgt.
    Ich werde hören, wie die Erde auf den Deckel fällt. Es wird die schaurige Musik sein, die mich in den endgültigen Tod schickt. Ich werde vielleicht aus meiner Starre erwachen und mir die Haare ausreißen. Ich werde wahnsinnig werden. Ich habe keine Chance mehr.
    Ihre Gedanken verquirlten sich zu einem Wirrwarr, und die letzte Klarheit verschwand wieder. Etwas anderes ergriff von ihr Besitz. Das Gefühl der Angst, das sich in irgendeinem Teil ihres Körpers festgesetzt hatte, und jetzt, wo die äußeren Einflüsse verschwunden waren, freie Bahn bekam.
    Die Angst war wie eine Folter. Sie nagte an ihrer Seele, sie ließ sich nicht steuern. Sie ergriff von ihr Besitz. Sie schob sich in jeden Teil ihres Körpers hinein. Sie war wie ein Bohrer, der an verschiedenen Stellen angesetzt worden war und dabei ausstrahlte, so daß jede Faser ihres Körpers erwischt wurde.
    Irielle Fenton konnte sich nicht bewegen. Sie war steif geworden und lag noch in derselben Haltung, wie man sie gefunden hatte. Aber sie lebte innerlich. Dort brannte das Feuer, und die Angst fing plötzlich an, Bilder zu schaffen.
    Sie waren nicht existent, aber Irielle Fenton sah sie trotzdem. Feuer loderte in gewaltigen Flammen in die Höhe. Lange, rotgelbe Zungen, als wollten sie den Himmel aufreißen. Fratzen darin. Menschen, die sich in die Flammen hineinwarfen, die verbrannten. Sehr deutlich sah sie, wie ihre Körper schmolzen. Sie

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