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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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eine Richtung entwickelt, die mir ganz und gar nicht gefällt.«
    »Welche Angelegenheit?«
    »Nun, sagen wir, die Anzeichen, die darauf hindeuten, du könntest etwas mit der nicht identifizierten Leiche in der Jauchegrube zu tun haben.«
    PM streckte gähnend die Glieder. »Ach, diese Sache.«
    »Du erinnerst dich doch, dass ich Marianne Wester verhören wollte?«
    »Ja, natürlich. Was hatte sie zu sagen?«
    Roffe registrierte erstaunt das beinahe demonstrative Desinteresse seines Freundes und fuhr fort: »Meine Kollegen in Stockholm hatten schon vergangenen Donnerstag versucht, sie zu erreichen, konnten aber nicht an sie herankommen, genauso wenig wie du.«
    PM zuckte die Achseln. »An manche Frauen kommt man eben schwer heran. Vielleicht wollen sie sich so interessant machen.«
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    »Damit kenne ich mich nicht aus«, erwiderte Roffe trocken.
    »Meine Erfahrung mit Frauen ist bescheidener als deine. Doch falls es dich interessiert, erzähle ich dir, was dann geschah.«
    PM stopfte sich erneut seine Pfeife und zündete sie umständlich an.
    »Nur zu«, sagte er.
    »Als sie weder die Tür öffnete noch ans Telefon ging, haben sie, wie in solchen Fällen üblich, ihre Daten überprüfen lassen und festgestellt, dass sie nur wenige Stunden, nachdem ich ein Verhör beantragt hatte, von einem Mann namens Tranehed als vermisst gemeldet worden war. Dieser Tranehed, seines Zeichens Direktor irgendeines Unternehmens, war offenbar ein guter Freund, der in regelmäßigem Kontakt zu ihr stand. Sie waren am Dienstagabend miteinander verabredet gewesen, also am selben Tag, an dem du zu ihr wolltest. Als sie am Dienstag nicht kam und auch am nächsten Tag nicht zu erreichen war, begann Tranehed sich Sorgen zu machen und verständigte die Polizei. Normalerweise nimmt man so eine Vermisstenmeldung ja erst mal gelassen auf, aber in diesem Fall kam mein geplantes Verhör sowie die mögliche Verbindung zu einem Mordfall hinzu. Also beschloss man, ihre Wohnung zu durchsuchen.
    Marianne Wester lag tot in ihrem Bett, ermordet.«
    Roffe machte eine Pause, um eventuelle Reaktionen seines Freundes zu beobachten. Aber es gab keine. PM saß
    vollkommen regungslos da, wie eine Statue, während ihm die erloschene Pfeife im Mundwinkel hing. Nicht ein Laut kam über seine Lippen. Roffe fragte sich, ob er ihm überhaupt zugehört hatte. Es war so dunkel geworden, dass seine Gesichtszüge nicht zu erkennen waren. Die Luft wurde kühl, und Roffe, der zu seiner eigenen Verwunderung die Situation etwas unheimlich fand, fragte, ob sie hineingehen sollten.
    PM zuckte zusammen, als sei er plötzlich geweckt worden.
    »Wie?«, fragte er schroff.
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    »Du meinst, wie sie ermordet wurde?«
    »Ja.«
    »Man hat ihr die Kehle durchgeschnitten.«
    Endlich zeigte PM eine sichtbare Reaktion. Die Pfeife fiel ihm aus dem Mund, und er begann zu zittern. Roffe bemerkte es zuerst an seinen Händen, die auf dem Boden nach der Pfeife tasteten. Dann sah er, dass seine Schultern zuckten. Als PM auf die Knie sank, um nach seiner Pfeife zu suchen, tat Roffe dasselbe, um ihm zu helfen. Sie fanden sie gleichzeitig, doch PM war nicht in der Lage aufzustehen. Als hätte er Gelee in den Gliedern.
    Roffe fasste ihn unter den Achseln und zog ihn nach oben.
    Dann legte er sich einen Arm über die Schultern und half ihm ins Haus. Als PM auf dem Sofa lag, sah Roffe sich nach einer Decke um.
    »Du hast einen Schock«, sagte er. »Das geht bald vorüber. Wo gibt es hier eine Lampe? Man sieht ja kaum die Hand vor Augen.«
    Er erhielt keine Antwort, entdeckte jedoch eine Tischlampe, die er anknipste.
    »Willst du etwas zu trinken haben? Vielleicht etwas Starkes?«
    PM schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen.
    »Es geht mir schon besser«, sagte er. Doch seine klappernden Zähne bezeugten das Gegenteil.
    Roffe ließ sich neben PMs Kopf in einen Sessel sinken und sagte: »Atme ein paarmal tief ein, das wird dir helfen.«
    PM befolgte den Rat und fand dies anscheinend so wohltuend, dass er eine Weile damit fortfuhr. Das Zittern nahm ab, und er setzte sich halb auf.
    »Ein Whisky-Soda würde mir gut tun«, sagte er. »Die Flasche steht im Eckschrank da drüben. Schenk dir auch einen ein.«
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    »Nein danke«, sagte Roffe. »Ich muss nachher noch nach Hause. Whisky und Wasser fifty-fifty?«
    »Ja.«
    Als PM das Glas entgegennahm, sah er Roffe in die Augen.
    »Und? Wie verdächtig bin ich?« Er brachte ein kraftloses Lachen zustande. »Ist das Haus schon von Polizisten umstellt,

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