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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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in sie verguckt, aber ich weiß nicht, ob sie … Ich meine, sie ist wirklich etwas rätselhaft … Eigentlich verstehe ich gar nicht, was sie an mir findet.«
    »Weiß sie, dass du Bulle bist?«, fragte PM.
    »Natürlich weiß sie das.«
    »Dann kann nicht mehr viel schief gehen. Wenn sie das geschluckt hat, wird sie sich auch mit allem anderen abfinden.
    Was macht sie denn selbst?«
    Roffes Blick irrte an der Decke entlang, als wüsste er nicht, was er antworten sollte. Schließlich begann er: »So Verschiedenes … sie ist Textilkünstlerin, unter anderem. Sie macht sehr schöne, wie sagt man dazu … Wandbehänge und so was.«
    PM blickte Roffe forschend an. »Als Polizist müsstest du wissen, dass solch vage Aussagen verdächtig sind. Was meinst du mit ›Verschiedenes‹? Raubt sie auch Banken aus oder arbeitet sie für die Polizei?«
    Roffe sah etwas verlegen aus. »Nein, sie schreibt. Sie besitzt ein Haus auf dem Land, genau wie ihr, und jede Menge Tiere …
    Katzen und Hunde, ja sogar Hühner.«
    »Was schreibt sie denn?«
    »Ich weiß es nicht genau. Wir kennen uns ja noch nicht so lange, aber ich glaube, es hat mit Psychotherapie zu tun. Ein weiteres Beschäftigungsfeld von ihr.«
    PM gab beeindruckt einen langen Pfiff von sich.
    »Wie vielseitig. Wandbehänge, Psychotherapie und Tiere, und jetzt angelt sie sich auch noch einen Polizisten. Wie schafft sie das nur alles?«
    »Warum sollte sie das nicht schaffen«, sagte Katharina spitz.
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    »Also ich finde, das hört sich alles sehr interessant an. Du musst uns unbedingt erzählen, wie du sie kennen gelernt hast.«
    Roffe warf PM einen skeptischen Blick zu.
    »Ich verbitte mir alle albernen Kommentare, aber sie ist die Mutter meiner künftigen Schwiegertochter. Wir haben uns auf der Einweihungsparty von Martin und Lisa in Lund kennen gelernt.«
    PM beugte sich vor und versuchte Roffe einen kumpelhaften Klaps auf den Rücken zu geben, doch er schätzte den Abstand sowie sein eigenes Balancevermögen falsch ein und wäre fast kopfüber in den Resten der Zitronentorte gelandet, hätte Katharina nicht beherzt eingegriffen.
    »Gut gemacht, Roffe!«, lallte er. »War auch höchste Zeit, dass du dir endlich eine Frau angelst. Darauf trinken wir! Und dir zuliebe breche ich sogar mit meinen Prinzipien und stehe morgen mitten in der Nacht auf, mach dir also keine Sorgen.« Er schenkte allen großzügig nach.
    Katharina gähnte, was sie in Anbetracht der letzten beiden Nächte nicht verwunderlich fand. Sie hatten im Lauf des Abends alle nur erdenklichen Ideen gedreht und gewendet, und zumindest sie hatte versucht, Roffe eine Aussage zum inoffiziellen Stand der Ermittlungen zu entlocken. Und sie war noch nicht bereit, ins Bett zu gehen. Eine nagende Unruhe hielt sie an ihrem Platz und ließ sie weiter auf ermutigende Informationen hoffen.
    Sie wusste selbst nicht recht, was sie sich erwartete, doch bei objektiver Betrachtung dessen, was in den letzten
    vierundzwanzig Stunden auf Knigarp geschehen war – so unglaublich und suspekt es auch erscheinen mochte –, musste sie sich eingestehen, dass dies an ihrer persönlichen Situation nichts geändert hatte. Patriks unglückselige Beziehung zu Marianne Wester machte ihn in den Augen der Polizei immer noch verdächtig, und Axel Hemberg, der vom rachedürstenden 223
    Patrik nachweisbar verfolgt worden war, konnte von irgendjemandem ermordet worden sein, der Patrik die Schuld in die Schuhe schieben wollte. Ganz gleich, wie vielen Schweinen Marco Fermi den Hals durchgeschnitten haben mochte, so änderte dies nichts an der Tatsache, dass Patrik am selben Tag in Stockholm gewesen war, an dem diese Frau getötet wurde. Hatte sie sich etwas anderes eingebildet, so war dies auf ihr Wunschdenken und den guten Wein zurückzuführen. Sie konnte nicht fassen, wie sorglos sich Patrik gab. Begriff er denn nicht, wie es um ihn stand? Er war den ganzen Abend über bester Laune gewesen, als hätte er keine Sorgen auf dieser Welt. Auch sie hatte sich unbeschwert gegeben, in der vagen Hoffnung, ihre prekäre Lage würde durch die rätselhaften Vorgänge auf Knigarp in den Hintergrund treten. Was hielt Roffe eigentlich von der ganzen Situation? Sie hatte das Gefühl, dass er hinter seiner unerschütterlichen Fassade zutiefst besorgt war.
    Als sie bemerkte, dass sie kurz eingenickt war, stand sie widerwillig auf und verabschiedete sich.
    Bevor sie einschlief, hörte sie die Stimmen der beiden Männer durch die geschlossene Tür. Sie

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