Der letzte Befehl
natürlich auch nicht.«
»Gott sei Dank«, sagte Honor leise und völlig aufrichtig.
»Bei uns befanden sich noch mehr Neukonstruktionen in den Werften«, fuhr er fort, »aber wir hatten nicht ganz so viele Schiffe vor Ort, die repariert oder überholt werden sollten, also blieb uns wenigstens das erspart.«
»Und nun sollen Sie in die Heimat zurückkehren, um die System-Verteidigungsanlagen zu übernehmen«, sagte Honor und nickte. Doch Yanakov schüttelte den Kopf.
»Leider nicht, Mylady«, widersprach er leise. »Das letzte Kurierboot von Grayson hat mir einen direkten Befehl des Protectors gebracht. Dazu gehörte auch eine persönliche Nachricht für Sie.« Der graysonitische Admiral zog einen weiteren Chipordner aus seiner Jacke und legte ihn neben den anderen. »Das wird gewiss alles deutlich detaillierter erklären, aber ich wollte es Ihnen trotzdem persönlich sagen.«
»Was ›sagen‹, Judah?« In ihrem Sessel lehnte sich Honor wieder zurück. »Allmählich machen Sie mich nervös, wissen Sie?«
»Das tut mir leid, Mylady. Es war nicht meine Absicht. Aber« – Yanakov atmete tief ein – »ich wollte Ihnen persönlich sagen, dass ich zum Hochadmiral ernannt wurde.«
Es dauerte einen Moment, bis Honor begriff. Dann riss sie die Augen auf und ertappte sich selbst dabei, sinnloserweise den Kopf zu schütteln.
Mehrere Sekunden lang saßen sie schweigend dort. Schließlich war es an Honor, tief durchzuatmen.
»Wesley war zum Zeitpunkt des Angriffs auf Blackbird?«, fragte sie sehr leise.
»Ja, Mylady. Es tut mir Leid. Er war dort wegen einer albernen Routinekonferenz.« Auch Yanakov schüttelte jetzt den Kopf; seine Augen glommen vor Trauer und Zorn gleichermaßen. »Einfach eine unbedeutende Kleinigkeit. Aber ich weiß, wie nahe Sie einander gestanden haben. Deswegen wollte ich es Ihnen persönlich sagen. Und«, er brachte ein trauriges Lächeln zustande, »um ihnen eines zu versichern: Sollten Sie diese Verwendung wünschen, überlasse ich sie Ihnen gerne. Schließlich stehen Sie im Rang über mir.«
»Auf gar keinen Fall, Judah«, gab Honor fast augenblicklich zurück. »Ich weiß, wie sehr Hamish es verabscheut, bei der Admiralität festzusitzen. Und ich weiß auch, wie sehr Wesley es verabscheut hat, kein Raumkommando mehr innehaben zu können. Ich glaube, mir würde das ebenso wenig passen wie diesen beiden.« Wieder schüttelte sie den Kopf, dieses Mal noch nachdrücklicher. » So leicht kriegen die mich nicht von einem Flaggdeck herunter! Und jetzt schon gar nicht!«
Beim letzten Satz wurde ihre Stimme sehr viel rauer. Yanakov nickte.
»Ich hatte befürchtet, dass Sie das sagen würden«, gestand er. »Aber ich dachte, einen Versuch sei es trotzdem wert.«
»Ich würde fast alles für Sie tun, Judah«, gab sie zurück. » Fast alles.«
Leise lachte Yanakov in sich hinein. Es klang ein wenig sonderbar – vielleicht, weil sie beide in den letzten Wochen so selten Gelächter gehört hatten. Doch zugleich wirkte es auch ganz natürlich. Als könnte man sich eines Tages wieder daran gewöhnen, jemanden lachen zu hören. Dann erhob sich Yanakov und streckte Honor erneut die Hand entgegen.
»Leider soll ich möglichst bald in die Heimat zurückkehren, Mylady. Ich soll das Kurierboot nehmen, und das wird in weniger als zwo Stunden den Orbit von Manticore verlassen. Deswegen muss ich mich jetzt schon wieder verabschieden.«
»Selbstverständlich.«
Auch Honor stand auf, doch statt seine Hand zu ergreifen, umrundete sie ihren Schreibtisch, trat auf Yanakov zu und blickte ihn zwei Sekunden lang nur schweigend an. Dann schlang sie die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich.
Sie spürte, wie er sich instinktiv anspannte, selbst noch nach all den Jahren. Damit zeigte es sich wohl wieder: einmal ein Grayson, immer ein Grayson. Doch dann verschwand die fest anerzogene Reaktion darauf, in derart intimer Weise von einer Frau berührt zu werden, die weder seine Frau, noch seine Mutter oder Schwester war, und er erwiderte ihre Umarmung. Vielleicht ging er dabei ein wenig arg vorsichtig vor, aber immerhin.
Kurz darauf trat Honor wieder einen Schritt zurück, legte ihm beide Hände auf die Schultern und lächelte Yanakov an.
»Ich werde Wesley vermissen«, sagte sie leise. »Wir beide werden eine ganze Reihe Leute vermissen. Und ich weiß, dass Sie diesen Job in Wirklichkeit gar nicht wollen, Judah. Aber ich denke, Benjamin hat den Richtigen ausgewählt.«
»Das hoffe ich, Mylady. Aber wenn ich an
Weitere Kostenlose Bücher