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Der letzte Befehl

Titel: Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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um sie schmeckte klar, sauber, fürsorglich .
    Natürlich schmeckte Honor auch noch andere Dinge. Das hatte sie bereits erwartet, nachdem er derart kurzfristig um ein persönliches Gespräch mit ihr gebeten hatte.
    »Nehmen Sie doch Platz«, forderte sie ihn auf. Yanakov ließ sich in einen der Sessel sinken und blickte gemeinsam mit ihr durch die Crystoplast-Scheibe auf die Jasonbai hinaus. »Dürfen wir Ihnen vielleicht irgendetwas anbieten?«, setzte Honor hinzu. Yanakov schüttelte den Kopf.
    »Dann danke ich Ihnen, Mac«, sagte sie und blickte zu MacGuiness hinüber. Ihr Steward brachte das Kunststück fertig, die Lippen zu einem beinahe schon natürlich wirkenden Lächeln zu verziehen, dann verneigte er sich leicht und zog sich zurück. Honor blickte ihm hinterher, dann wandte sie sich wieder dem herrlichen Anblick jenseits der Fensterscheibe zu.
    Ein Sturm zieht auf , dachte sie und betrachtete die schwarzen Wolken, die über die schaumig-weißen Wellen der Bai hinwegzogen und sich der Stadt immer weiter näherten. Der Sturm spiegelte genau den Orkan wider, der in ihrer eigenen Seele toste.
    Es lagen immer noch keine abschließenden Berichte über die tatsächlichen Verluste vor, doch Honor wusste nur zu gut, wie es um die Verluste in ihrer eigenen Familie bestellt war. Abgesehen von ihrer Mutter und ihrem Vater, den Zwillingen, und Hamish, Emily, Raoul und Katherine hatte sie im gesamten Sternenimperium noch genau fünf engere Verwandte. Schon bald würde diese Zahl auf vier sinken, denn Allen Duncan – der Ehemann ihrer Tante Dominique – hatte sich entschlossen, nach Beowulf zurückzukehren. An Sphinx hingen für ihn zu viele Erinnerungen, zu viel Schmerz, wann immer er an seine Frau und seine vier Kinder dachte. So sehr er Manticore zu lieben gelernt hatte, er brauchte den Trost der Welt, auf der er geboren war, und den Rest seiner Familie, der immer noch dort lebte.
    Von ihm abgesehen, seinen unmittelbaren Verwandten und Honors Cousine Sarah, die plötzlich zur dritten Gräfin Harrington geworden war, sowie Benedict und Leah Harrington, den Kindern ihrer Tante Clarissa, die diese Katastrophe überlebt hatten, war Honors nächster Verwandter ein Cousin fünften Grades. Honor wusste, wie glücklich sie sich schätzen konnte, noch ihre Eltern zu haben, ihre kleinen Geschwister und ihre eigenen Kinder. Aber es fiel ihr schwer – so schwer –, Dankbarkeit zu empfinden, wenn der ganze Rest ihrer Familie so grausam und vollständig ausgelöscht worden war wie der Clan vom Schwarzen Felsen.
    Unglücklich rührte sich Nimitz auf seiner Sitzstange neben den Fenstern, als Honor dieser Gedanke durch den Kopf ging. Sie schmeckte das Echo seiner eigenen Trauer – einer Trauer, die jede Baumkatze auf ganz Sphinx verspürte. Mittlerweile wusste Honor, dass Nimitz’ und Samanthas Entscheidung, mit ihrer Familie nach Grayson umzusiedeln, Teil einer bewussten, grundlegenden Veränderung im gesamten Denken der Baumkatzen darstellte. Sie vermutete, dass Samantha eine größere Rolle bei der Umsetzung dieser Entscheidung gespielt hatte, als sie einem Zwei-Bein gegenüber zuzugeben bereit war, aber es war eindeutig die Reaktion auf die Gefahr, die von den Waffen der Menschen ausging. Diese Erkenntnis war vermutlich stärker vom Verstand gesteuert gewesen als nahezu alle bisherigen Gedanken der Baumkatzen. Es war eine Vorsichtsmaßnahme angesichts einer Bedrohung, die sich die ’Katzen zwar theoretisch vorstellen konnten, mit der aber die überwiegende Mehrheit der Baumkatzen niemals gerechnet hatte.
    Das hatte sich jetzt geändert.
    Wenn Honor sich selbst gegenüber ganz ehrlich war, dann hätte sie es den ’Katzen nicht verübeln können, wenn sie zu dem Schluss gekommen wären, das Schicksal des Clans vom Schwarzen Felsen sei der endgültige Beweis dafür, dass ihre Vorfahren vollkommen recht gehabt hatten: Man durfte mit den Menschen einfach nichts zu tun haben. Sie hätten sogar ihren eigenen Personen vorwerfen können, etwas Derartiges zuzulassen: in einem Krieg, der die Baumkatzen überhaupt nicht betraf. Und dann hätten sie für alle Zukunft auf jegliche Beziehungen mit Menschen verzichten können.
    Das hatten sie nicht getan. Vielleicht, weil sie in mancherlei Hinsicht den Menschen so ähnlich waren. Vielleicht auch, weil sie den Menschen eben nicht ähnlich waren: Sie waren eine so unkomplizierte, aufrichtige Spezies. Sie neigten nicht dazu, im Falle von Katastrophen nach Schuldigen Ausschau zu halten –

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