DER LETZTE BESUCHER
mit zwei randvollen Kaffe e bechern und einem Zettel zwischen den Zähnen zurück und setzte sich Becker gege n über:
„Tut mir leid, Chef. Herr Bauer hat Urlaub. Er wird erst nächste Woche wieder im Büro sein. Ich habe mir von der Sekretärin seine Privatadresse und Telefo n nummer geben lassen, aber bei ihm geht niemand ans Tel e fon.“
Er legte Becker den Zettel hin, der ihn achtlos auf die Seite schob : „Lassen Sie nur, ich habe ja seine Hand y nummer . “
Doch dann stutzte der Kommissar. Urlaub, wieso Urlaub? Das hat er bei meinem Besuch neulich gar nicht e r wähnt , dachte er irritiert . Ach was, e s war schließlich nicht ungewöhnlich, dass jemand ein verlängertes Woche n ende für einen spontanen Kurzurlaub nutzte. Bei dem her r lichen Sommerwetter bot es sich geradezu an. Und Bauer war ihm keine Rechenschaft schuldig . Er würde einfach bis Montag warten. D as Wochenende stand vor der Tür, und am Woche n ende hat selbst ein Polizist mal frei.
Wo wohnt der Kerl eigentlich? Becker griff aut o matisch nach Ralfs Zettel , warf einen Blick darauf und rieb sich ve r dutzt die Augen. Las noch einmal und schüttelte ungläubig den Kopf. Das war ja ein merkwürdiger Z u fall. Oder war es vielleicht überhaupt kein Zufall? Aber das konnte doch nicht ... oder doch ...?
„Chef, was ist mit Ihnen? Ist Ihnen nicht gut? Lieber Himmel, Sie sind ja ganz blass. Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen?“
Die besorgte Stimme von Ralf drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr. Nein, das musste ein Irrtum sein , konnte u n möglich stimmen. E r konnte doch nicht so blind gewesen sein. Andererseits ..., egal , er würde es herausfinden, und wenn es da wirklich eine Ve r bindung gab – und sein klarer Menschenverstand sagte ihm unmissverstän d lich , dass es eine gab – dann würde er die Sache noch heute zu Ende bringen. Ein für alle Mal . Beckers gute Laune war mit einem Schlag wie we g geblasen.
„Quatsch, was soll schon mit mir sein. Ein bisschen müde, das ist alles. Der Kaffee hilft mir gleich wieder auf die Beine .“
Eine halbe Stunde und ein paar Anrufe später hatte er Gewis s heit. „Ich brauche Sie sicher nachher noch, Ralf , bitte bleiben Sie im Büro, ich melde mich von unte r wegs.“ Mit diesen Worten erhob er sich und ve r ließ kommentarlos mit steinerner Miene das Büro . Der junge Mann sah ihm ve r wundert nach und konnte sich auf die plötzliche Ve r änderung im Ve r halten seines Chefs keinen Reim machen.
Bevor er das Haus verließ, machte Becker kurz Halt im Büro seines Vorgesetzten, um ihm den täglichen Lagebericht zu liefern und sich routinemäßig abz u melden . Anschließend stattete er der G e richtsmedizin noch einen Besuch ab, führte ein längeres Gespräch mit Lothar Meyer und brachte eine Faserprobe ins Labor, die er tags zuvor unauffällig von Stefan Winters Jacke g e nommen hatte.
Danach machte er sich auf den Weg ins Westend , denn schließlich hatte er Helen Bergmann gestern Abend am Tel e fon versprochen, gegen Mittag zu ihr in die Mendelssohnstraße zu kommen. Er hatte ihr a n geboten, ihr zu helfen und i hre persö n lichen Sachen in die leer stehende Wohnung der toten Sabine zu schaffen. Becker hielt immer, was er ve r sprach, aber vorher musste er noch etwas erledigen. Er brauchte Gewissheit. W enn er Glück hatte, konnte er vielleicht sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wobei sich sein Magen beim bloßen Gedanken daran schmerzhaft zusamme n zog.
Und wenn doch alles ganz anders war? Energisch rief er sich zur Ordnung. Schluss jetzt mit solchen Spekulationen, denn die hatten ih n offensichtlich um ein Haar den Ve r stand gekostet. Er hatte grobe Fehler bei seiner E r mittlungsarbeit gemacht, hatte zugelassen, dass lange vergessen geglaubte E mpfin du ngen und G e fühle ihn von seiner Arbeit abgelenkt hatten und ihn nac h lässig werden ließen im Umgang mit Verdächtigen und Ermittlung s ergebnissen . Damit war jetzt ein für alle Mal Schlu ss, schwor er sich hoch und heilig . Auf der Fahrt du rch die Stadt ging er im Geiste noch einmal sorgfältig alle Fakten du rch. Nein, er hatte diesmal nichts übersehen. Nur ein Puzzleteilchen fehlte noch, aber vermu t lich nicht mehr lange .
Als er ein paar Minuten vor eins in die Mendelssohn-straße einbog und auf dem Seitenstreifen vor dem g e pflegten Stilaltbau unter einem alten Kastanienbaum ei n parkte , wirkte er äußerlich völlig ruhig und ge lassen . Noch ein kurzes Tel e fonat, er musste sich
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