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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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offenbar nicht weit entfernt. Cala stand bei Robi und sah sie nach wie vor voller Entsetzen an. Sie war auch nicht geflohen. Endlich wagte sie zu fragen: »Jetzt, wo Iomir nicht mehr da ist, darf ich da neben dir schlafen?«
    Robi brauchte nicht darüber nachzudenken: »Na klar«, antwortete sie.

KAPITEL 8
    D as Wie war das Problem.
    Der kleine Drache schlief friedlich, mehrfach in seinen Schwanz eingerollt, wie ein Vögelchen in seinem Nest. Draußen heulte der Wind, und, um die Wahrheit zu sagen, auch in der Grotte heulte der Wind, denn die Squiiiek des neugeborenen Erbrow hatten die Bernsteinfenster eins ums andere in Scherben gelegt, und Yorsch hatte keine Idee, wie er sie ausbessern sollte. Herinnen heulte er jedoch weniger als draußen und außerdem wärmte ja der Dampf aus dem Vulkan die Räume. Weit davon entfernt, perfekt zu sein, war die Temperatur aber alles in allem doch so, dass sie mit dem Überleben eines halb nackten Elfen vereinbar war.
    Auf einem Stalaktiten hockend wie ein Uhu auf seinem Ast, versuchte Yorsch, sich über seine Lage klar zu werden.
    Wie sollte er an Kleider kommen? Er konnte nicht halb nackt herumlaufen. Der Winter stand vor der Tür. Der Schnee, der sich bisher nur auf den höchsten Gipfeln gezeigt hatte, würde bald die ganze Welt bedecken. Außerdem mochten die Menschen Elfen nicht. Einen halb nackten Elfen würden sie aller Voraussicht nach noch weniger mögen, würden ihn vor allem noch schneller erkennen. Unter einer Kapuze konnte er seine Haarfarbe und die spitzen Ohren verstecken, sie würde ihn vor Erkältungen bewahren und seinen Kopf schützen, für den gar nicht unwahrscheinlichen Fall, dass man mit Steinen nach ihm warf.
    Wie sollte er dem kleinen Drachen Lesen und Schreiben beibringen? Er versuchte, sich daran zu erinnern, wie seine Großmutter das bei ihm gemacht hatte, aber sein Gedächtnis reichte nicht bis in die Zeit zurück, als er noch nicht lesen konnte. Aber hatte es die denn überhaupt gegeben? Oder kommt einer auf die Welt und kann schon lesen? Wahrscheinlich nicht. Einer kommt auf die Welt und kann gar nichts. Dann lernt er das Sprechen, und erst wenn er sprechen gelernt hat, lernt er lesen. Ja, genau, das musste die richtige Reihenfolge sein. Erst sprechen, dann lesen. Monser und Sajra konnten zwar nicht lesen, aber sie sprachen wenigstens. Ihr Sprechen war wohl etwas grob und einfach, ganz zu schweigen von der Unlogik der Gedanken, die sie bewegten, aber es war eindeutig verständlich.
    Wie es mit der Menschenwelt aufnehmen, ohne zu Tode gesteinigt und/oder gehäutet und/oder gehängt und/oder bei lebendigem Leib verbrannt oder, ohne die erwähnten Maßnahmen, getötet und danach verbrannt zu werden? Die Antwort darauf war einfach: Er musste Sajra und Monser finden. Sie würden ihn anhören, ihn beschützen und ihm mit Rat und Tat beistehen. Damit verlagerte sich das Problem auf den folgenden Schritt. Wie sollte er Sajra und Monser finden? Er konnte nach ihnen fragen. Aber er hatte jahrelang mit keinem lebenden Wesen mehr gesprochen außer mit Drachen. Er musste die Fragen einüben; er musste sich eine kleine Ansprache zurechtlegen.
    »Verzeiht, Exzellenz...«, oder »Dummkopf«? Welche von beiden war noch gleich die Höflichkeitsform? Er brachte das immer wieder durcheinander.
    Nein, noch einmal von vorn, die Rede musste hundertprozentig korrekt sein. Denn im Fall eines Fehlers würde er mit Steinwürfen traktiert, was nie eine erstrebenswerte Aussicht ist.
    »Verzeiht, edler Herr (edle Dame), wisst Ihr, wo zwei Menschen wohnen, die Sajra und Monser heißen?«
    Das mit den Menschen sollte er wohl besser weglassen, sonst würden in seinem Gesprächspartner noch Zweifel an seiner möglichen Zugehörigkeit zum Menschengeschlecht aufsteigen, und am Ende gäbe es dann wieder Steinwürfe.
    »Verzeiht, edler Herr (edle Dame), wisst Ihr, wo eine Frau namens Sajra und ein Mann namens Monser wohnen?«
    Das konnte gehen. Mit viel Glück und ein paar Jahren Zeit oder auch einem Jahrzehnt - früher oder später würde er sie schon finden.
    Was tun mit dem kleinen Drachen? Ihn verlassen, das brachte er nicht über sich. Ihn mitnehmen?
    Wie sollte er einen Drachen verstecken, der mittlerweile wohl an die zweitausend Pfund wog und vor Monatsende bestimmt doppelt so viel? Unmöglich. Er musste ihn zurücklassen. Aber nicht so, wie er jetzt war, einsam und verloren in der stummen Wüste der Unwissenheit. Er musste ihm Sprechen und Lesen beibringen. Hatte er erst einmal

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