Der letzte Joker
Bleiben Sie inzwischen hier und kümmern Sie sich um ihn!» Er lief zur Tür und blieb stehen. «Haben Sie keine Angst! Trotzdem lasse ich besser die Pistole da. Für alle Fälle. Ich bin so schnell wie möglich zurück.»
Er legte die Pistole auf den kleinen Tisch neben der Couch und verschwand. Sie hörten, wie die Haustür krachend ins Schloss fiel.
Im Haus schien es unheimlich still zu sein. Die beiden Mädchen blieben bewegungslos bei Bill sitzen. Bündel hielt noch immer die Finger an seinen Puls, der schnell und unregelmäßig schlug.
«Wenn wir doch etwas tun könnten», wisperte sie Loraine zu. «Es ist entsetzlich.»
Loraine nickte. «Ja, mir kommt es wie eine Ewigkeit vor, seit Jimmy weg ist, aber es sind erst eineinhalb Minuten!»
«Ich höre Geräusche», sagte Bündel. «Schritte und knarrende Dielen – über uns –, obwohl ich weiß, dass es nur Einbildung ist.»
«Ich möchte nur wissen, warum Jimmy seine Pistole dagelassen hat. Es kann doch nicht wirklich gefährlich werden.»
«Wenn sie Bill erwischen konnten…», sagte Bündel und schwieg.
Loraine schauderte. «Ich weiß – aber wir sind im Haus. Niemand kann herein, ohne dass wir es hören. Außerdem haben wir die Waffe.»
Bündel betrachtete Bill aufmerksam. «Wenn ich nur wüsste, was ich tun könnte! Heißer Kaffee? Das soll angeblich helfen.»
«Ich habe Riechsalz in meiner Handtasche», sagte Loraine. «Und Brandy… Wo ist sie denn? Ich muss sie oben liegen gelassen haben.»
«Ich hole sie», sagte Bündel. «Vielleicht hilft’s.» Rasch lief sie die Treppe hinauf, durch den Spielsalon und in das Klubzimmer. Auf dem Tisch lag Loraines Handtasche.
Als Bündel ihre Hand ausstreckte, um sie an sich zu nehmen, hörte sie hinter sich ein Geräusch. An der Tür stand ein Mann mit einem Sandsack in der Hand. Bevor Bündel sich umdrehen konnte, schlug er zu. Mit einem leisen Stöhnen sank sie bewusstlos zu Boden.
31
L angsam kam sie wieder zu sich. Sie schien in einer dunklen, wirbelnden Schwärze zu schweben, im Mittelpunkt heftiger pochender Schmerzen. Laute drangen an ihr Ohr. Eine Stimme, die sie sehr gut kannte, wiederholte immer wieder dieselben Worte.
Das Wirbeln ließ nach. Der Schmerz pochte tatsächlich in ihrem eigenen Kopf! Dann war sie wieder so weit sie selbst, dass sie sich für das zu interessieren begann, was die Stimme sagte.
«Liebling, Liebling, Bündel! Oh, Liebling! Sie ist tot! Ich weiß, sie ist tot! Oh, mein Liebling! Bündel, Liebling! Ich liebe dich! Liebling…»
Bündel lag mit geschlossenen Augen bewegungslos da. Aber sie war jetzt hellwach. Bill hielt sie fest in seinen Armen.
«Liebling – meine liebste Bündel! Was soll ich nur tun? Mein einziger Liebling! Mein Gott, was soll ich machen? Ich habe sie getötet, ich habe sie umgebracht!»
Zögernd, sehr zögernd antwortete Bündel. «Das hast du nicht, du Idiot», sagte sie.
Bill schnappte vor Erstaunen nach Luft. «Bündel – du lebst?»
«Natürlich!»
«Wie lange bist du schon – ich meine, wann bist du zu dir gekommen?»
«Vor fünf Minuten.»
«Warum hast du die Augen nicht aufgemacht – oder was gesagt?»
«Wollte ich nicht. Es war so schön!»
«Schön?»
«Ja. All die Sachen, die du gesagt hast. So schön wirst du sie nie wieder sagen. Du wirst dich verdammt zu gut im Griff haben.»
Bill war dunkelrot geworden. «Bündel – du bist nicht böse? Weißt du, ich liebe dich nämlich. Schon seit Jahren. Aber ich habe nie gewagt, es dir zu sagen.»
«Du dummer Junge, warum nicht?»
«Ich dachte, du würdest mich auslachen. Ich meine – du bist so clever und so… du wirst irgendein großes Tier heiraten.»
«Wie zum Beispiel George Lomax?»
«Nicht so einen blöden Esel wie Codders. Irgendeinen tollen Hecht, der dich verdient – obwohl es so jemand wohl gar nicht gibt.»
«Du bist wirklich ein lieber Kerl, Bill!»
«Sag mal, Bündel, könntest du dich ernsthaft aufraffen…? Ich meine, könntest du dich dazu überwinden…?»
«Wozu überwinden?»
«Mich zu heiraten. Ich weiß, dass ich ein entsetzlicher Dickkopf bin – aber ich liebe dich, Bündel! Ich bin dein Sklave, dein Wachhund oder was immer du willst.»
«Du hast Ähnlichkeit mit einem Hund», meinte Bündel. «Ich mag Hunde. Sie sind so freundlich und treu und warmherzig. Ich glaube, dass ich mich schon überwinden könnte, dich zu heiraten, Bill – wenn ich mich richtig anstrenge.»
Als Reaktion darauf lockerte Bill seinen Griff und schreckte zurück.
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