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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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Bass mit Lauten von fast weiblicher Sanftheit. Die Augen des Vaters folgten den plastischen und sinnigen Bewegungen des Sohnes mit sichtbarem Vergnügen, und er stimmte wohlgefällig in das hinreißende und doch nur halblaute Lachen desselben ein. Unter dem Walten dieser zärtlichen und so natürlichen Gefühle war aus den gesänftigten Zügen des Sagamoren jede Spur von Wildheit verschwunden, und die Sinnbilder des Todes, die in grauenhaften Farben auf seinen Körper gemalt waren, schienen mehr den Scherz einer Mummerei als die stolze Absicht zu verkünden, Vernichtung und Zerstörung seinen Fußtritten folgen zu lassen.
    Eine Stunde war in diesen Ergießungen edlerer Gefühle hingegangen, als Chingachgook plötzlich den Wunsch nach Ruhe zu erkennen gab, indem er den Kopf in seine Decke hüllte und sich auf der nackten Erde niederstreckte. Uncas gebot alsbald seiner lauten Fröhlichkeit Schweigen, schürte sorgfältig die Kohlen des Feuers zusammen, damit sie die Füße seines Vaters wärmen sollten, und suchte dann selbst unter den Ruinen des Forts eine Lagerstätte.
    Aus der Sicherheit der erfahrenen Waldbewohner neues Vertrauen schöpfend, folgte Heyward ihrem Beispiel, und lange vor Mitternacht schienen sie, die im Schosse der Festungstrümmer ruhten, in so tiefen Schlaf versunken, als die leblosen Schlachtopfer, deren Gebeine auf der umgebenden Ebene bereits zu bleichen begannen.

20
Albanien, mein Auge weil’ auf dir,
Du raue Amme wilder Männer! –
LORD BYRON
    Der Himmel war noch mit Sternen besät, als Falkenauge kam, die Schläfer zu wecken. Ihre Mäntel beiseite werfend, waren Munro und Heyward schon auf den Beinen, während der Waldmann am Eingang des kunstlosen Obdaches, unter dem sie die Nacht zugebracht hatten, noch mit gedämpfter Stimme ihre Namen rief. Als sie aus dem Verstecke traten, fanden sie Falkenauge nahebei ihrer wartend. Ihr einziger Gruß war das bedeutungsvolle Zeichen des Stillschweigens, das ihr scharfblickender Führer wiederholte.
    »Betet in Gedanken!«, flüsterte er, auf sie zutretend, »denn Er, zu dem ihr betet, versteht alle Sprachen, die des Herzens sowohl als des Mundes. Aber sprecht keine Silbe; selten trifft eines Weißen Stimme in diesen Wäldern den rechten Ton, wie wir an dem Beispiel des armen Teufels, des Sängers, gesehen haben. Kommt«, fuhr er fort, nach einem Walle des Forts sich wendend, »wir wollen in den Graben hinabsteigen und beim Gehen sorgfältig auf die Steine und Holzstücke treten.«
    Seine Begleiter willfahrten, obgleich für zwei unter ihnen die Gründe dieser außerordentlichen Vorsichtsmaßnahmen noch ein Geheimnis waren. Als sie sich in der niederen Höhlung befanden, welche die Erdwälle des Forts von drei Seiten umgab, trafen sie den Weg beinahe ganz durch Trümmer versperrt. Vorsicht und Geduld machten es jedoch möglich, dem Kundschafter nachzuklettern, bis sie das sandige Ufer des Horican erreichten.
    »Das ist eine Fährte, die man nur mit der Nase verfolgen kann«, sagte der Kundschafter, auf den schwierigen Weg zurückblickend; »Gras ist ein verräterischer Teppich für Fliehende; aber Holz und Stein nehmen keine Spur eines Mokassin an. Hättet ihr eure bespornten Stiefel angehabt, so wäre immerhin noch etwas zu fürchten gewesen; aber mit einer passend zugerichteten Hirschhaut unter den Füßen darf sich einer gemeinhin den Felsen ganz sicher anvertrauen. Ein wenig näher ans Land mit dem Kanu, Uncas; in den Sand drückt sich ein Fuß so leicht ein, als auf die Butter der Holländer am Mohawk. Gemach, Junge, gemach! Es darf das Ufer nicht berühren, sonst merken die Schelme, wo wir den Ort verlassen haben.«
    Der junge Mann beobachtete diese Vorsicht: Der Kundschafter legte ein Brett, das er aus den Trümmern mitgenommen hatte, auf den Kahn, und winkte den beiden Offizieren einzusteigen. Sobald dies geschehen war, wurde alles wieder sorgsam in den früheren Zustand gebracht und Falkenauge gelang es, sein kleines Birkenfahrzeug zu gewinnen, ohne eine jener Spuren zu hinterlassen, die sie so sehr zu fürchten schienen. Heyward schwieg, bis die Indianer das Kanu vorsichtig eine Strecke von dem Fort weggerudert hatten, in den Schutz der breiten, dunklen Schatten, die von den östlichen Bergen auf den Wasserspiegel des Sees fielen, dann fragte er:
    »Warum mussten wir so verstohlen und eilig abziehen?«
    »Wenn das Blut eines Oneida eine so reine Wasserfläche, wie die, auf der wir fahren, färben könnte«, versetzte der Kundschafter, »so

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