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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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würden Eure zwei Augen diese Frage selbst beantworten. Habt Ihr den schleichenden Wurm vergessen, den Uncas erschlagen hat?«
    »Keineswegs. Aber es hieß ja, er sei allein, und Tote sind nicht mehr zu fürchten.«
    »Ja, bei seiner Teufelei war er allein! Aber ein Indianer, dessen Stamm so viele Krieger zählt, darf nicht leicht fürchten, sein Blut fließen zu sehen, ohne dass dafür einigen Feinden der Todesschrei entrissen wird.«
    »Aber unsere Gegenwart – das Ansehen Obrist Munros würde hinlänglicher Schutz gegen den Unwillen unserer Verbündeten sein, besonders in einem Fall, wo der Elende sein Schicksal nur zu wohl verdient hat. Ich hoffe zum Himmel, dass ein so wenig triftiger Grund Euch nicht einen Schritt von der geraden Richtung unseres Weges abzuweichen vermocht habe.«
    »Glaubt Ihr, die Kugel des Spitzbuben wäre ausgewichen, wenn seine Majestät der König ihr in dem Wege gestanden hätte?«, entgegnete der unbeugsame Kundschafter. »Warum ließ der große Franzose, der Generalkapitän von Kanada ist, nicht die Tomahawks der Huronen begraben, wenn das Wort eines Weißen so großen Einfluss auf die Natur eines Indianers übt?«
    Heywards Antwort wurde durch einen Seufzer Munros unterbrochen, er schwieg deshalb aus Achtung vor dem Kummer seines betagten Freundes einen Augenblick, fuhr aber dann fort:
    »Der Marquis von Montcalm kann diese Schuld allein mit seinem Gott abmachen«, sprach der junge Mann in feierlichem Tone.
    »Ja, ja, nun ist Vernunft in Euren Worten: Denn sie stützen sich auf Religion und Ehre. Es ist ein großer Unterschied, ein Regiment Weißröcke zwischen Wilde und Gefangene werfen, oder einem wütenden Wilden mit Worten, die stets mit ›mein Sohn‹ beginnen müssen, aus dem Gedächtnisse zu bringen, dass er ein Messer und eine Büchse trägt. Nein, nein«, fuhr der Kundschafter fort, indem er nach dem verschwindenden Ufer von William Henry zurückblickte, das immer weiter zurückwich – und dabei, wie er pflegte, still und herzlich lachte: »sie müssen unsere Spur auf dem Wasser suchen, und wenn die Satane nicht mit den Fischen Freundschaft schließen und von ihnen hören, wer an diesem schönen Morgen über ihren See gerudert ist, so kriegen wir den ganzen Horican hinter uns, ehe sie mit sich im Reinen sind, welchen Weg sie einschlagen wollen.«
    »Feinde vor und hinter uns, kann es unserer Reise nicht an Gefahren fehlen.«
    »Gefahren!«, wiederholte Falkenauge ruhig, »nein, nicht eben Gefahren: Mit wachsamen Ohren und scharfen Augen können wir den Schelmen immer ein paar Stunden vorausbleiben; und wenn wir zu den Büchsen greifen müssen, so verstehen drei von uns sie so gut zu gebrauchen, wie nur irgendeiner auf der weiten Grenze. Nein, von Gefahr ist gerade keine Rede; nicht dass ich behaupten wollte, wir würden ganz frei ausgehen, dies ist unwahrscheinlich: Es kann zu einem kleinen Kampf, einem Scharmützel oder anderer Kurzweil kommen; aber wir können uns immer decken und haben reichlichen Schießbedarf.«
    Wahrscheinlich hatte Heyward, wenn er von Gefahr sprach, einen anderen Maßstab als der Kundschafter: Denn statt etwas zu erwidern, schwieg er jetzt, während das Kanu mehrere Meilen lang auf dem Wasser dahinglitt. Gerade als der Tag anbrach, kamen sie in die Engen des Sees und stahlen sich schnell und vorsichtig durch die zahllosen kleinen Eilande. Auf diesem Wege hatte sich Montcalm mit seinem Heere zurückgezogen und unsere Abenteurer mussten es für möglich halten, er habe einige Indianer als Hinterhalt zurückgelassen, um den Nachtrab zu decken und die Streifzügler zu sammeln. Sie nahten sich also der Durchfahrt in tiefstem Stillschweigen und mit ihrer gewöhnlichen Vorsicht.
    Chingachgook legte sein Ruder beiseite, während Uncas und der Kundschafter das leichte Fahrzeug durch die Schlangenwindungen der Kanäle trieben, wo sie mit jedem Fuße, den sie vordrangen auf ein plötzliches Hemmnis gefasst sein mussten. Die Augen des Sagamoren rollten, während das Kanu sich leicht fortbewegte, behutsam von Insel zu Insel, von Busch zu Busch; und sein scharfer Blick schweifte, sobald die Weite des Spiegels es erlaubte, längs der kahlen Felsen und der darüber hängenden Waldungen, welche die enge Wasserstraße begrenzten.
    Heyward, den die Schönheit der Natur auf der einen Seite, auf der anderen die in seiner Lage natürlichen Besorgnisse zu einem doppelt aufmerksamen Zuschauer machten, glaubte schon, dass für die Letzteren kein genügender Grund

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